Selbstbewusste Audi-Belegschaft

10.04.2008 | Stand 03.12.2020, 6:00 Uhr

Sie vertreten die Audianer im Aufsichtsrat: Jörg Schlagbauer, Heinz Eyer, Wolfgang Förster, Peter Mosch, Norbert Rank, Hubert Waltl, Berthold Huber, Johann Horn, Max Wäcker und Wolfgang Müller (von links).

Ingolstadt (DK) Die knapp 45 000 Audi-Beschäftigten stellen zehn Mitglieder des Aufsichtsrats, gestern haben ihre 92 Delegierten die Männer gewählt. Die Anteilseigner, allen voran VW, werden ihre zehn Vertreter bei der Hauptversammlung am 7. Mai benennen.

Alle fünf Jahre werden die Karten im Aufsichtsrat neu gemischt, und das in der Regel ohne große Überraschungen. Als Anfang März am Rande des Genfer Automobilsalons jedoch bekannt wurde, dass Porsche über seinen Einfluss beim Audi-Großaktionär VW drei Mitglieder stellen will, war die Aufregung groß. Gestern bestätigten Aufsichtsratsmitglieder am Rande der Sitzung im Audi-Forum, dass Porsche-Vorstandschef Wendelin Wiedeking, Porsche-Finanzvorstand Holger Härter und Ferdinand Piëch, Vorsitzender des VW-Aufsichtsrats und Porsche-Anteilseigner, tatsächlich in den Audi-Aufsichtsrat gewählt werden sollen. Peter Mosch, der Audi-Betriebsratsvorsitzende, verknüpft damit trotz aller Diskussionen über die Konkurrenz im eigenen Haus große Hoffnungen: "Wir arbeiten ja schon beim Porsche Cayenne gut zusammen."

Die CGM, die Christliche Gewerkschaft Metall, hatte für die gestrige Versammlung zwar auch Kandidaten benannt, gewählt wurden dann aber mit großer Mehrheit die Männer der IG Metall, die bereits im Aufsichtsrat sitzen: die sechs Betriebsräte Peter Mosch, Wolfgang Förster, Max Wäcker, und Jörg Schlagbauer aus Ingolstadt, Norbert Rank und Heinz Eyer vom Werk Neckarsulm, von der Gewerkschaft Berthold Huber, Wolfgang Müller und Johann Horn und für die leitenden Angestellten Hubert Waltl. Der Aufsichtsrat kontrolliert den Vorstand, unter anderem wählt er dessen Mitglieder.

Personalvorstand Werner Widuckel – er nahm als Gast an der ganzen Sitzung teil – sprach ein Grußwort ("Der Vorstand sieht diesen Tag als sehr wichtig an"). Mosch erläuterte die Erfolgszahlen wie vor vier Wochen der Vorstandsvorsitzende Rupert Stadler: Erst am Vortag hatte Audi das erfolgreichste Quartal aller Zeiten gemeldet. Und so ähnelte die Versammlung sehr der Jahrespressekonferenz: Sie fand ebenfalls im Audi-Forum statt, das Essen war ähnlich aufwändig (Schaumsuppe von Frühlingskräutern, Rinderfilet, Dessertbüffet), nur auf dem Podium saß statt des Audi-Vorstands dekorativ, aber weitgehend schweigsam der fünfköpfige Wahlvorstand.

Wichtig war Mosch in seiner Rede die Vereinbarung "Zukunft Audi", die 2005 als "Balance zwischen Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungssicherung" geschlossen wurde, die bis 2011 gültig ist und über deren Verlängerung dann mit dem Vorstand verhandelt werden muss. Einen Vorgeschmack darauf hatte kürzlich die Diskussion über eine Ausweitung des Ergänzungstarifvertrags für industrienahe Dienstleistungen gegeben, die der Betriebsrat verhindern konnte – mit dem Nachteil, dass er auf eine Verlängerung der Arbeitsplatzgarantie bis 2015 verzichten musste. Mehrfach sprach Mosch in seiner Rede den Schutz der Standorte und die Sicherheit der Arbeitsplätze an. Und so gab es auch Applaus, als er sagte, die Belegschaftsstärke solle gehalten werden. Seit einigen Jahren ist sie nicht mehr gewachsen, obwohl Audi immer mehr unterschiedliche Autos herstellt.

Auch Berthold Huber, der Erste Vorsitzende der IG Metall, wurde in den Aufsichtsrat gewählt. Er sprach zwar vom "Allzeithoch" der Automobilindustrie und dem Absatz – zumindest im Ausland – auf "Rekordniveau", war aber größtenteils der mahnende Gewerkschafter: "Der Druck auf die Arbeits- und Leistungsbedingungen ist spürbar gewachsen. Verkürzte Taktzeiten und schlechtere Bedingungen an den Montagebändern sind Ausdruck hiervon." Ein Lob gab es für Audi, nachdem in Ingolstadt für Leiharbeiter ein eigener und allseits gelobter Tarifvertrag abgeschlossen wurde. Aber allgemein gilt laut Huber: "Die Leiharbeiter können häufig mit dem, was sie verdienen, nicht einmal ihren Lebensunterhalt bestreiten."

Breiten Raum widmete Huber der CO2-Diskussion. Der Beitrag der großen Fahrzeuge, wie auch Audi sie baut, müsse aus Wettbewerbsgründen reduziert werden, forderte er dringend. Dafür mache die IG Metall ihren Einfluss geltend.