Neuburg
Selbstbedienung oder nicht?

Amtsgericht: Staatsanwaltschaft wirft Berufsbetreuer vor, Geld eines Mandanten veruntreut zu haben

14.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:58 Uhr
Alexandra Maier

Neuburg (DK) Es geht um einen Schaden von 1720 Euro und sechs Fälle von Untreue: Auf der Anklagebank des Neuburger Amtsgerichts saß gestern Vormittag ein Berufsbetreuer.

Er ist eigentlich vom Gericht bestellt, um sich nach bestem Wissen und Gewissen um die Angelegenheiten seiner Mandanten zu kümmern. Er regelt Wohnungsangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge und auch Vermögenssorgen für sie, weil die Betreuten selbst dazu infolge einer körperlichen, seelischen oder geistigen Erkrankung nicht in der Lage sind. Eine Aufgabe mit viel Verantwortung.

Staatsanwältin Vera Stoll legt dem angeklagten Berufsbetreuer zur Last, dass er sich am Konto eines Mandanten, ein Mann, der in Neuburg in einer therapeutischen Wohngruppe lebt, bedient haben soll. Insgesamt soll er von Mitte 2015 bis 2017 sechs Mal Geld bei einem Neuburger Kreditinstitut abgehoben haben: Beträge zwischen 500 und 50 Euro. Das Geld, so der Vorwurf der Anklagevertreterin habe er dann in die eigene Tasche gesteckt.

Der Angeklagte bestritt die Vorwürfe vor Gericht unter dem Vorsitz von Richter Marius Lindig. "Ich habe das Geld immer weitergegeben. Es ist transparent gelaufen. " Der Betreute, der monatlich 400 Euro Hilfe zum Lebensunterhalt vom Bezirk Oberbayern bekommt, hätte ab den Jahren 2014/2015 immer wieder nach Geld verlangt und habe gerne sehr viel Bargeld bei sich getragen - weil er eine Wohnung haben oder nach Sri Lanka reisen wollte, erklärt der angeklagte Neuburger. Er habe deshalb Geld abgehoben und an den Betreuten weitergegeben. Dabei ist es durchaus vorgekommen, dass er in Vorleistung gegangen sei und sich das Geld später von dessen Konto geholt hätte, rechtfertigt der Angeklagte seine Vorgehensweise vor Gericht. Auf Nachfrage von Richter Lindig fügt er weiter an, dass er nicht genauer nachgefragt hätte, wofür sein Klient das Geld gebraucht habe. Es seien ja keine großen Summen gewesen.

Bargeld per Kontokarte abheben und weitergeben: Genau diese Vorgehensweise wirft Fragen im Gerichtssaal auf, auch weil zwei Zeugen vor Gericht ein ganz anderes Bild des Betreuten zeichneten. Er sei sehr sparsam und gehe gewissenhaft mit Geld um, sind sich die Sozialpädagogin der Wohngruppe und der jetzt neue, ehrenamtlich bestellte Betreuer einig.

Der Zeuge erhebt sogar schwere Vorwürfe. Er sprach von Blankounterschriften auf irgendwelchen Listen ohne Datum. Die soll der Betreute auf Aufforderung des Angeklagten geleistet haben, ohne allerdings im Gegenzug dafür Geld bekommen zu haben. Mit einer einzigen Ausnahme: während eines Krankenhausaufenthalts will der Betreute Geld vom Betreuer erhalten haben.

Der neue ehrenamtliche Betreuer hat, wie er dem Gericht darlegt, sämtliche Kontobewegungen der vergangenen Jahre seines Klienten überprüft. 2015 wurden 1670 Euro Bargeld abgehoben, aber nur 400 Euro ausbezahlt. 2016 sollen laut der Unterschriftenliste angeblich 820 Euro ausbezahlt worden sein. Dies stimme aber nicht mit den Taschengeldabhebungen überein, es ergibt sich ein Fehlbetrag von 450 Euro, so sein Fazit.

Er verstehe überhaupt nicht, warum der Angeklagte Geld des Betreuten abgehoben hätte, redet sich der ehrenamtliche Betreuer in Rage. Zusätzliches Bargeld sei nicht notwendig, da ja ein Taschengeldkonto in der Wohneinrichtung existiere. Auf dieses werden per Dauerauftrag jeden Monat 300 Euro vom Girokonto überwiesen. "Mit dem Geld auf dem Taschengeldkonto ist er gut zurecht gekommen, er hat sich nicht verschuldet", erzählt die Sozialpädagogin über ihren Klienten, der seit vielen Jahren trockener Alkoholiker ist.

Er soll am nächsten Verhandlungstag selbst aussagen, damit das Gericht klären kann, ob Gelder veruntreut wurden oder nicht. Laut Einschätzung seines Betreuers wird die Vernehmung zwar nicht viel bringen, da der Mann laut eines Gutachtens sehr leichtgläubig und beeinfluss bar sei, aber schaden werde sie ihm zumindest nicht. Außerdem soll noch eine ehemalige Mitarbeiter der Sozialeinrichtung aussagen. Sie brachte das Verfahren überhaupt ins Rollen. Ihr war damals aufgefallen, dass angeblich Geld fehlt.

Alexandra Maier