Eichstätt
Seit Tagen im Hungerstreik

Insasse wehrt sich gegen Bedingungen in Haftanstalt Eichstätt - Zwei nehmen wieder Nahrung auf

05.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:34 Uhr
Hermann Redl
Die Abschiebehaftanstalt an der Weißenburger Straße in Eichstätt. Am Dienstag waren dort drei Insassen in Hungerstreik getreten, zwei nehmen seit Freitag wieder Nahrung zu sich, ein dritter verweigert nach wie vor die Essensaufnahme. −Foto: Redl

Eichstätt (EK) Drei Insassen der Abschiebehaftanstalt Eichstätt sind am Dienstag in Hungerstreik getreten. Zwei von ihnen haben ihre Aktion am Freitag abgebrochen, einer verweigert nach wie vor die Nahrungsaufnahme. Dies bestätigten am Freitag sowohl der stellvertretende Anstaltsleiter Marc Döschl (Kaisheim) als auch das bayerische Justizministerium.

Bei den drei Insassen handelt es sich laut Ministerium um einen marokkanischen, einen tunesischen und einen staatenlosen Gefangenen. Im Gegensatz dazu hatte die Süddeutsche Zeitung in ihrer Freitagausgabe berichtet, dass etwa zehn Insassen in Hungerstreik getreten seien, darunter zwei türkische Staatsangehörige kurdischer Abstammung. Letztere wehrten sich, so die SZ, gegen die drohende Abschiebung nach Bulgarien (dort hatten sie zunächst ihren Asylantrag gestellt), weil das osteuropäische Land als "Hinterhof der Türkei" gilt, wie ein Sprecher des in Nürnberg ansässigen "Bündnisses für Frieden in Kurdistan" gegenüber unserer Zeitung erklärt. Zumindest einem der beiden drohe die sofortige Auslieferung an die Türkei, so der Bündnissprecher, und dort eine achtjährige Haftstrafe. Beide Männer würden in der Türkei verfolgt, weil sie sich regierungskritisch geäußert hätten.

Angaben des stellvertretenden Anstaltsleiters Marc Döschl zufolge sind die drei Insassen am Dienstag in Hungerstreik getreten, weitere 14 hätten angekündigt, dies zu tun. Sie hätten ihr Vorhaben dann aber unterlassen. Die in der SZ genannten Staatsangehörigkeiten konnte Döschl nicht bestätigen.

Als Gründe für den Hungerstreik heißt es aus dem Ministerium: "Einer der streikenden Gefangenen wollte freiwillig als sogenannter Hausarbeiter eingesetzt werden, der zweite Gefangene wollte mit seinem Hungerstreik dieses Anliegen - dem aktuell aus organisatorischen Gründen nicht nachgekommen werden kann - unterstützen. Der dritte Gefangene verweigert die Nahrung, weil ihm - nach seiner Aussage - die Polizei Geld abgenommen habe", heißt es in einer Antwort an unsere Zeitung.

Dass einem Insassen das Geld abgenommen wird, ist laut Döschl ein "üblicher Vorgang". Bargeld eines jeden Inhaftierten werde während der Zeit in der Anstalt auf einem Konto verwahrt und dem Betreffenden bei der Entlassung wieder ausgehändigt. Die Streikenden würden medizinisch betreut und durch medizinisch ausgebildetes Personal überwacht sowie psychosozial beraten.

Neben dem persönlichen Anliegen der Streikenden gibt es zudem Kritik an den Haftbedingungen in Eichstätt. Seit langem schon wird bemängelt, dass Abschiebungsgefangenen die Kommunikation mit ihren Anwälten erschwert werde. So auch von Pater Dieter Müller von der Jesuitenflüchtlingshilfe. Vollmachten, die Anwälte benötigen, um ihre Mandanten vor Gericht vertreten zu können, würden nicht per Fax, sondern nur per Post aufgegeben beziehungsweise müssten persönlich vom Anwalt abgegeben und wieder abgeholt werden. In anderen Einrichtungen wie Erding würden die Vollmachten per Fax übermittelt, erklärt der Jesuit, der die Eichstätter und Erdinger Anstalt regelmäßig besucht. Das sei bei eilig anberaumten Verfahren dringend notwendig.

Zu dem Hungerstreik in Eichstätt kann Müller nichts sagen. Er sei zuletzt am Dienstag in Eichstätt gewesen und habe nur "am Rande mitbekommen, dass irgendwas sei", erklärte er gegenüber unserer Zeitung. Ein Hungerstreik, so Müller weiter, sei eine der wenigen Möglichkeiten von Inhaftierten, entweder auf ihre Situation aufmerksam zu machen oder Forderungen zu stellen. Eine "mit Sicherheit berechtigte" davon sei, in Eichstätt für einen besseren Kontakt zwischen Inhaftiertem und juristischem Beistand zu sorgen. Die Linke kritisiert in diesem Zusammenhang, dass Insassen der Anstalt nicht einmal von ihren Rechtsvertretern angerufen werden könnten, wie es in einer Stellungnahme heißt.

Das Eichstätter "Bündnis gegen Abschiebehaft" spricht von insgesamt 27 Insassen der Haftanstalt, die in Hungerstreik getreten seien. "Unseren Informationen zufolge weitet sich der von zwei kurdischen Männern initiierte Protest gegen ihre Abschiebung nach Bulgarien aus", lässt das Bündnis auf Anfrage wissen. "Wir teilen die Sorge der Inhaftierten, Bulgarien könnte sie an die Türkei ausliefern." Zudem unterstützt das Bündnis die Forderung der Gefangenen "nach einem Ende der Abschiebehaft, die einen Verstoß auf das Menschenrecht der Bewegungsfreiheit darstellt. Die Insassen werden kriminalisiert ohne straffällig geworden zu sein." Zudem schließt sich das Bündnis den Forderungen von Anwälten an, die Kommunikation zu erleichtern, an: "Wir fordern die Gefängnisleitung dazu auf, dem Recht auf Kommunikation zwischen Mandanten und Rechtsanwälten in höchstem Maße entgegenzukommen."

Diese Kritik weist das Ministerium zurück. Dazu heißt es: "Ganz allgemein haben die Abschiebungsgefangenen die Möglichkeit zur telefonischen Kommunikation nach außen. Damit ist auch die telefonische Kontaktaufnahme mit einem Rechtsanwalt in dringenden Fällen gewährleistet. Überdies werden Rechtsanwälten jederzeit auch kurzfristige Besuche ermöglicht. Ein- und ausgehender Briefverkehr ist zudem in uneingeschränkter Form möglich."

Hermann Redl