Sehnsucht nach Normalität

06.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:35 Uhr

Gedanken zur Karwoche in Zeiten des Coronavirus:In Freud und Leid das innere Gleichgewicht zu bewahren, fällt uns nicht immer leicht.

  Es ist schwer, diese Tage der Corona-Pandemie mutig und gelassen zu durchschreiten. Grundsätzlich sind die meisten Menschen bereit, sich den verordneten Einschränkungen zu beugen, um sich und andere vor Ansteckung zu schützen. Wir bemühen uns redlich, den Alltag trotz sozialer Isolation, wirtschaftlicher Sorgen und Ängsten um die Gesundheit unserer Familien zu bewältigen.  

Und dann gibt es Tage mit Ereignissen, deren Tragik manchmal kaum auszuhalten ist. Fernsehbilder aus Italien vom Abtransport der Verstorbenen durch einen langen Konvoi von Militärfahrzeugen legen sich bleiern auf unser Gemüt. Dazwischen blitzen immer wieder Funken der Hoffnung auf, Zuversicht entsteht, Kreativität bricht auf, Menschen wachsen über sich hinaus bei ihren Aufgaben in Krankenhäusern, Altenheimen, Behinderteneinrichtungen und Diensten der Grundversorgung. Unsere Tage sind gefüllt mit Entsetzen und Staunen, Verzweiflung und Hoffnung. Unsere Sehnsucht nach Normalität wächst ins Unermessliche.

Vom Gleichmut sind wir meist meilenweit entfernt. Wir befinden uns auf einem persönlichen Kreuzweg. Das haben wir begriffen. Ob gläubig oder nicht: In diesem Jahr kommt uns die biblische Leidensgeschichte sehr, sehr nah. Die Erzählung von Christi Leiden und Sterben, die sich in weit zurückliegenden Zeiten so oder ähnlich zugetragen hat, wird gerne als Metapher für unser Leben gesehen. Gegenwärtig wandelt sie sich für die ganze Welt in Realität. Und wir sind mittendrin, nicht als Zuschauer, sondern als Betroffene.

Dennoch - es wird eine Zeit "nach Corona" geben. Wie wird sie wohl aussehen? Werden sich Angst, Trauer und Verzweiflung wieder weitgehend aus unserem Leben verabschieden?   Werden wir künftig gegenüber unseren Mitmenschen solidarischer, liebevoller, barmherziger, großzügiger sein? Wie werden sich unsere Werte verändert haben? Werden wir mehr Verantwortung für die Erde und ihre Bewohner spüren und entsprechend handeln?   Werden wir erkennen, dass das Leben ein kostbares Geschenk ist - und der Tod nicht das letzte Wort hat? Werden wir nach dem Durchschreiten unseres persönlichen Leidenswegs auch ein echtes, frohes, uns tief berührendes Fest der Auferstehung feiern können? Ich wünsche es von Herzen!

Christa Schaffer
Eichstätt