Ingolstadt
Seepferdchen-Test für Stadträte

Umfrage ergibt: 80 Prozent der Ingolstädter Kinder können am Ende der vierten Klasse schwimmen

20.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:31 Uhr

Sie zogen gestern fröhlich im Freibad ihre Bahnen: Der sechsjährige Sebastian (r.) kann schon gut schwimmen, sein Bruder Benedikt (3) braucht noch Schwimmflügel, aber sicher nicht mehr lang. - Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Die Bürgergemeinschaft (BGI) wollte wissen, wie es um die Schwimmfähigkeit der Ingolstädter Kinder bestellt ist, denn BGI-Stadtrat Georg Niedermeier hegt da Befürchtungen. Gestern wurde im Kulturausschuss das Resultat einer Umfrage vorgestellt: 80 Prozent können schwimmen.

"Immer weniger Kinder lernen heutzutage noch richtig schwimmen!" Diese Wehklage mag zunächst anmuten wie ein Klassiker des Kulturpessimismus, denn man hört sie schon seit Jahrzehnten, länger noch als "Die Kinder sitzen heute nur noch vor dem Computer" (ein seit den 1980er-Jahren beliebter Alarmruf ), "Die Kinder sitzen heute nur noch vor dem Fernseher" (ein dramatischer Evergreen seit den 1970ern) oder "Die Jugend von heute interessiert sich nicht mehr für Politik!" (das tut sie nach Auffassung überzeugter Kulturpessimisten mindestens schon seit der frühen Neuzeit). Doch jetzt haben die von Stadtrat Georg Niedermeier (BGI) in den Kulturausschuss eingebrachten Befürchtungen ob der rückläufigen Schwimmfähigkeit bei Kindern eine Faktenbasis bekommen. Kulturreferent Gabriel Engert hat eine Umfrage in allen Grundschulen der Stadt in Auftrag gegeben, gestern präsentierte er das Ergebnis: 80 Prozent der Ingolstädter Kinder können am Ende der vierten Klasse schwimmen, wobei diese Quote stark schwanke, in manchen Schulen nähere sie sich der 100-Prozent-Marke an, in anderen liege der Anteil der Kinder, die schwimmen können, unter 80 Prozent.

Die Schulen nennen für die Nichtschwimmerquote von 20 Prozent vor allem drei Gründe, berichtete Engert. Erstens: Die Lehrerzuteilung reiche nicht aus, um öfter zum Schwimmen zu gehen. Zweitens: Mehrere Schulen geben an, dass die Entfernung zum nächsten Bad sehr weit sei. Und drittens: Viele Mädchen muslimischen Glaubens bekämen von den Eltern keine Erlaubnis, am Schwimmunterricht teilzunehmen.

Der letzte Punkt sei ganz klar ein Fall für den Migrationsrat, sagte Barbara Leininger (Grüne) im Sinne aller Kollegen. Dort müsse man den Vorbehalte der Eltern entgegenwirken und sie davon überzeugen, doch bitte ihren Töchtern das Schwimmen beibringen zu lassen, "weil es sonst lebensgefährlich ist". Die Begründungen eins und zwei - zu wenige Lehrer für Schwimmunterricht und Aufsicht sowie zu weite Wege zum nächsten Wasser - "dürfen nicht gelten", sagte Leininger, "das kann's ja wohl nicht sein!" Die Stadt habe jetzt ein wunderschönes neues Sportbad, das müsse Anreiz genug sein.

"Was bedeutet Schwimmfähigkeit eigentlich genau", wollte Petra Volkwein (SPD) wissen. "Nicht ertrinken!", antwortete Bürgermeister Albert Wittmann (CSU). Als er klein war, erinnerte er sich, "konnten alle Kinder schwimmen, obwohl es damals noch keine Hallenbäder gab". Georg Niedermeier, ein Lehrer im Ruhestand, bat darum, "mehr ins Detail zu gehen". Schwimmfähigkeit seit mit dem Sportabzeichen des Seepferdchens definiert, das bedeute: 25 Meter schwimmen, ohne anzuhalten, einen Gegenstand aus Schultertiefe heraustauchen und ein Sprung ins Wasser. Christina Hofmann (CSU), Lehrerin und Tochter eines Lehrers (Josef Braun), berichtete aus Erfahrung: "Ab einem gewissen Alter gehen viele nicht mehr so gern zum Schwimmen." Das sei bei ihr als Jugendliche auch so gewesen, "aber mein Vater hat mir als Lehrer nie eine Entschuldigung geschrieben". "Sie können aber schon schwimmen", fragte Wittmann. "Ich darf es sogar unterrichten", berichtete Christina Hofmann. Kulturreferent Engert lieferte am Ende noch einen Beitrag "gegen den Kulturpessimismus". Sein Vater, erzählte er, kam vom Land und habe erst als Erwachsener schwimmen gelernt. "Es konnten also auch früher nicht alle Kinder schwimmen."