Schamhaupten
See you later, Canada!

Victoria Zehbold erkundet während ihrer Zeit in Kanada die Besonderheiten von Vancouver Island

08.07.2021 | Stand 12.07.2021, 3:33 Uhr
Hoch hinaus ging es für Victoria Zehbold im Hochseilgarten Wild Play. "Das war das erste Mal, dass ich in hohen Bäumen herumgeklettert bin und mich zwischen ihnen hin und her geschwungen habe", berichtet sie. −Foto: Zehbold

Schamhaupten/Vancouver - Von Kanada insgesamt habe ich bislang nur einen kleinen Teil richtig kennengelernt, nämlich Vancouver Island.

Wegen der Pandemie durfte man nur regional reisen und seine Gesundheitszone (health region), welche bei mir die gesamte Insel ist, nicht verlassen. Deswegen konnte ich meine Schwester Patricia auch bis März nicht in Delta bei Vancouver besuchen. Und der Besuch im März war auch nur möglich, weil ich mit meiner Gastfamilie dorthin gefahren bin und wir uns im Freien getroffen haben.

In den ersten Wochen meines Aufenthaltes habe ich Victoria und Umgebung erkundet, wovon ich im letzten Bericht erzählt habe. An den Wochenenden haben wir viele Ausflüge gemacht, zum Beispiel zu den Stränden wie Willows Beach, Witty's Lagoon und Esquimalt Lagoon sowie zu den verschiedenen Parks wie Beacon Hill, Gonzales Hill oder High Rock Park. Über das verlängerte Wochenende an Pfingsten ging es dann zum Campen bis nach Cumberland, was ungefähr in der Mitte von Vancouver Island liegt. Der Besuch der Butchart Gardens zusammen mit meiner Gastfamilie stand danach an einem Wochenende auf dem Programm. Mit einer kanadischen Freundin habe ich mich erst kürzlich im Hochseilgarten Wild Play getroffen.

Camping am Comox See im Norden

Wir fuhren am Freitag vor Pfingsten mit dem Campingbus in den Norden der Insel bis nach Cumberland. Auf der Hinfahrt haben wir die Küstenstraße im Osten der Insel genommen, um die schöne Landschaft und die kleinen Städte zu sehen. Wir fuhren über den Malahat Drive nach Duncan, wo wir eine Pause einlegten. Von Duncan führte uns der Weg weiter entlang des Higway 1 über Ladysmith, einen Filmort für verschiedene kanadische Fernsehserien. Wir passierten auch Nanaimo, die zweitgrößte Stadt der Insel. Der Rest der Strecke führte durch kleine Dörfer und Städte, bis wir in die Stadt Cumberland kamen. Von dort fuhren wir ein paar Kilometer nach Westen bis zum Cumberland See Campingplatz am Comox See.

Lagerfeuerromantik mit S'mores und Hot Dogs

Nachdem wir unser Zelt aufgestellt hatten, gingen wir runter an den Strand und im See schwimmen. Die Lufttemperatur betrug bestimmt 20 Grad, aber der See war eiskalt. Meine Gastschwester und ich schwammen zu einem Dock im Wasser und wieder ans Ufer. Gegen Abend zündeten wir ein Feuer an und grillten Marshmallows, mit denen wir S'mores machten. S'mores sind eine typische Süßigkeit, die in Kanada und den USA zu jedem Lagerfeuer dazugehört. Man röstet ein Marshmallow über dem Feuer, bis es warm und klebrig ist. Dann nimmt man zwei Kekse und ein Stück Schokolade oder Kekse mit Schokoladenüberzug und quetscht das Marshmallow dazwischen.

Am nächsten Tag wanderten wir zu einem Fluss auf dem Preseverance Creek mit runden, mit Wasser gefüllten Löchern aus Stein - China Bowls. Bevor wir zurück zum Campingplatz fuhren, waren wir in der Stadt und holten in der Bäckerei Brot und Donuts. Am Abend haben wir am Lagerfeuer Würstchen gegrillt, um Hot Dogs zu machen. Am nächsten Morgen sind wir zu einem Strand gefahren, machten ein Picknick und sind am Strand spazieren gegangen. Danach besuchten wir einen weiteren Strand. Um dorthin zu kommen, musste man durch einen Wald voller Farne wandern.

Am letzten Morgen unseres Campingausflugs packten wir unsere Campingsachen zusammen und machten uns auf den Weg zurück nach Victoria. Bevor wir aufbrachen, schauten wir die ehemalige Chinatown von Cumberland an. Diese existiert zwar nicht mehr wirklich, es gibt aber Schilder mit Bildern und Informationen, wie sie früher ausgesehen hat. Danach haben wir Discgolf gespielt. Das ist wie normales Golf, nur mit Frisbees. Das Ziel ist es, mit jeweils wenig Würfen einen Korb zu erreichen.

Duncan: Die Stadt der Totempfähle

Auf dem Weg nach Victoria machten wir einen Zwischenstopp in Duncan, um die dortigen Totem Poles anzuschauen. Die Völker der Nordwestküste hatten Hauspfosten oder Totempfähle, deren Design die Geschichte der Familie erzählte. So konnten Informationen an künftige Generationen weitergegeben werden. In Duncan gibt es seit 1985 ein Projekt, welches eine der weltweit größten Outdoor-Sammlungen öffentlich ausgestellter Totempfähle entstehen lässt. In der Innenstadt kann man aufgemalten Fußabdrücken folgen, die einen zu allen Totempfählen führen. Es gibt dort über 40 Stück zu sehen.

Landschaft und Natur entlang der Ostküste der Insel

Auf dem Malahat Drive konnte man sehr gut die umliegende Landschaft sehen. Auffällig war, dass überall Scotch Broom, Besenginster, wächst. Diese Pflanze ist invasiv. Das bedeutet, sie wurde einmal nach Kanada gebracht und wächst seitdem überall. Als wir am Seal Bay Park in Comox waren, wanderten wir durch den westlichen Regenwald Kanadas. Dort wachsen überall Farne und es gibt riesige Bäume. Es war wie im Dschungel.

In Cumberland, bei den China Bowls, konnte man Witterungs- und Erosionsresultate feststellen. Die China Bowls müssen durch Erosion des Wassers geformt worden sein. Durch die Sedimentladung, die das Wasser mit sich trägt, entsteht Abrieb. Die Sedimentpartikel reiben gegen die Gesteinspartikel und lösen sie vom Gestein. Über die Zeit hinweg können durch diesen Abrieb verschiedene geologische Merkmale, wie Canyons, Brandungspfeiler, Bogenfelsen und eben China Bowls entstehen. Außerdem konnte man an den Rändern des Flusses abgesplitterte Gesteinsschichten erkennen, was ein Zeichen für einen Witterungsprozess namens "Sheeting" ist. Bei diesem geologischen Prozess wird die Kraft, mit der das Gestein zusammengepresst wird, weggenommen. Das Gestein splittert, ein Plattenmuster entsteht.

Buchart Gardens: Paradies für Naturliebhaber

Wenn man in Victoria ist, ist der Besuch von Victorias größtem Garten, den Butchard Gardens, ein Muss. Der Garten wurde 1904 von Jennie Butchart auf einem früheren Steinbruch angelegt, um diesen zu verschönern. Die Butchart Gardens sind unterteilt in verschiedene Bereiche. Es gibt einen Rosengarten, einen japanischen Garten, einen versunkenen Garten, einen italienischen Garten und einen mediterranen Garten. Es gibt dort 900 verschiedene Blumen- und Pflanzenarten. Zum Beispiel gibt es Rosen, die unter anderem aus England, den USA, Frankreich, Neuseeland und auch Deutschland kommen.

Hochseilgarten und Whale Watching

In Victoria gibt es auch einen Hochseilgarten, bei dem ich mich auf den Classic Course begeben habe. Dieser umfasst leichtere und mittelschwere Hindernisse auf unterschiedlichen Höhen. Zwischen den Hindernissen gibt es auch ein paar Seilrutschen wie den sogenannten "Flying Fox", bei dem man sich auf einen roten Ballon setzen und zur gegenüberliegenden Plattform rutschen musste. Ein anderes Hindernis bestand aus vier schwingenden Balken, vier Seilschlaufen und wieder vier Balken. Sowohl die Seile als auch die Balken schwangen lose durch die Luft und man musste sich wirklich gut koordinieren, um das Hindernis zu meistern. Insgesamt hat es mir sehr gut gefallen und viel Spaß gemacht. Das war das erste Mal, dass ich in hohen Bäumen herumgeklettert bin und mich zwischen ihnen hin und her geschwungen habe.

An einem Wochenende kann ich mir auch einen lang gehegten Traum erfüllen: Ich gehe auf eine Whale Watching Tour und hoffe, dabei Orca- und Buckelwale zu sehen. Mit einem Katamaran geht es vom Inner Harbour in Victoria gegen Abend hinaus aufs Meer und dem Sonnenuntergang entgegen. Und dann heißt es: Ausschau halten nach den typischen "Poohs", kleinen Wasserfontänen als Anzeichen dafür, dass gleich ein Wal auftaucht.

Ein lachendes und ein weinendes Auge

Nun haben meine Schwester und ich nur noch wenige Wochen hier in Kanada, bevor wir wieder nach Deutschland zurückkehren. Einerseits freuen wir uns beide darauf, Familie und Freunde wiederzusehen, andererseits würden wir gerne noch länger bleiben. Wir haben beide sehr viele neue und unglaublich tolle Erfahrungen gemacht, neue Freunde gefunden und ein anderes Land und seine Kultur und Menschen kennengelernt. Wir werden uns an diese besondere Erfahrung noch oft erinnern und eins ist sicher: Das wird definitiv nicht das einzige Mal gewesen sein, dass wir hier waren. Kanada, wir kommen wieder! See you later, Canada!

DK