Neuburg
Sechs Ensembles und eine faszinierende Sängerin

17.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:20 Uhr

Schöne Töne in schönem Ambiente: Das Ensemble Duvinseia mit Sopranistin Perrine Devillers holte sich im Neuburger Kongregationssaal den ersten Preis der Fachjury - Foto: Mattick

Neuburg (DK) Manchmal ist das Niveau der verschiedenen Teilnehmer eines Wettbewerbs so hoch, dass es eigentlich mindestens zwei Sieger geben müsste – wie in diesem Jahr beim 15. Biagio-Marini-Wettbewerb in Neuburg, dem einzigen bayerischen Concours, bei dem ausschließlich Kammermusikgruppen der sogenannten Alten Musik zugelassen sind.

Ziemlich gerecht wurden gleich zwei Formationen bedacht: Einmal das Ensemble Duvinseia mit dem ersten Preis der Fachjury und außerdem das Ensemble Tempora Felicia mit dem Publikumspreis sowie dem zweiten Preis der Jury.

Die Reaktionen von Jury und Publikum im Kongregationssaal sind gut nachvollziehbar. Denn während das Trio Tempora Felicia einfach besonders suggestiv, mitreißend und temperamentvoll musizierte, konnten die vier Musiker der Gruppe Duvinsela durch einen ganz eigenen, sehr ungewöhnlichen Stil überzeugen.

Duvinsela, eine erst 2014 gegründete Formation mit Sitz in Basel, war das einzige Ensemble, das mit einer Sängerin antrat. Vielleicht brachte den Musikern genau diese Tatsache auch den Sieg ein. Denn die Sopranistin Perrine Devillers verfügt über eine höchst ungewöhnliche Stimme. Die Arien von Giovanni Pierluigi Palestrina und Giovanni Bassano sowie von Andrea Gabrieli sang sie vollkommen vibratofrei, ohne dass ihr Sopran deshalb unterkühlt wirkte. Was wirklich verblüffte, war die absolute Kontrolle, mit der Devillers die Töne setzte, wie sie aus feinstem Pianissimo die musikalischen Phrasen aufblühen lassen konnte, ohne dass irgendwelche Brüche spürbar wurden.

Das an sich ist schon eine hohe Kunst. Aber Devillers kann noch mehr: Mit wunderbarer Leichtigkeit versieht sie die Melodien mit irrsinnig flinken, girlandenartigen Koloraturen. Mit der Fähigkeit zu enorm fantasievollen Verzierungen passt ihr Gesang übrigens hervorragend zu den drei anderen Musikern des Ensembles Duvinsela. Die beiden Gambisten Anna Danilevskaia und Leonrado Bortolotto sowie die Harfenistin Claire Piganiol vermögen mit der gleichen Sensibilität die Werke etwa von Girolamo Frescobaldi mit Verzierungen auszuschmücken. Und auch sie schöpften wie kaum ein anderes Ensemble an diesem Abend die gesamte dynamische Bandbreite ihrer Instrumente aus. Schon wegen der stilistischen Homogenität dieser Formation hat Duvinsela zweifellos den ersten Preis verdient – auch wenn nicht ganz so feurig und extrovertiert musiziert wurde wie beim zweitplatzierten Ensemble Tempora Felicia.

Denn so kraftvoll, so schwungvoll, mit solchem Mut auch zu sehr lauten Tönen spielte an diesem Abend keine andere Kammermusikgruppe. Dabei gab es, was die musikalische Leidenschaft betrifft, kaum einen Unterschied zwischen den drei Musikern, dem Geiger Leopold Nicolaus, dem Cembalisten Chris Berensen und dem Blockflötisten Claudius Kamp. Dennoch erreichten die drei mit Werken von Biagio Marini, Cario Castello und Johann Stadlmayr vielleicht nicht immer ganz den gleichen traumhaft hohen Perfektionsgrad wie das Ensemble Duvinsela, dafür aber schien die Musik zu swingen – fast wie beim Jazz.

Neben den beiden geehrten Formationen traten noch vier weitere Gruppen an: die Ensembles con Grazia, InGamba, Zeitgeist und La Seconda Natura. Sie alle spielten verblüffend souverän, stets mit makellosem Stilgefühl. Und sie zeigten, auf was für einem hohen Niveau heute Barockmusik interpretiert wird.