Schwaig
Schwere Geschütze

Das Grenzlandstarkbierfest in Schwaig seziert Kommunal- und Bundespolitik gleichermaßen

05.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:44 Uhr

Wohin steuert die MS Europa? Beim Starkbierspiel ging die illustre Besatzung unter Angela Merkel auch dieser Frage nach. Ein Hochgenuss war auch die Rede von Judith Brigl, die wortgewandt auf größere und kleinere Verfehlungen einging.

Schwaig (DK) Garanten für gute Unterhaltung, für bissigen Humor und für hervorragende Unterhaltung sind die Grenzlandstarkbierfeste in der Schwaiger Appel-Seitz-Stiftung schon immer. In diesem Jahr - in der inzwischen 22. Auflage - aber haben sich die Beteiligten selbst übertroffen.

Egal ob Fastenrede, Starkbierspiel oder Liederblöcke, egal ob Kommunales oder große Weltpolitik. Die Texte holten weit aus, schlugen tief und trafen zielsicher dahin, wo es wehtut.

Beim Starkbier derbleckt zu werden ist Ehrensache. Wer nicht drankommt, ist nicht wichtig und wer drankommt, der darf nicht beleidigt sein. Dazu gab es, jedenfalls im kommunalen Bereich, auch keinen Grund. Denn zwar wurden auch Politiker und Entscheidungen aus Münchsmünster und Neustadt auf die Schippe genommen. Richtig böse wurde es aber nicht. Vielmehr spielten die Beteiligten mit den Marotten und Besonderheiten der lokalen Größen. Nahmen sich, vor allem in Judith Brigls Starkbierrede, die ein oder andere Entwicklung und Entscheidung zwischen Feuerwehrhaus Münchsmünster ("Ich fürchte ja, da wird auch bald um Spenden gebeten so wie beim Pfarrheim. Aber da könnte man zwei Eimer Wasser rausstellen.") und Brückenbauten in Neustadt vor und besangen mit viel Humor die mangelhafte Internetgeschwindigkeit in Schwaig.

Ganz anders sah das aus, als es an die deutsche und die Weltpolitik ging: Da wurde der "Depp im Weißen Haus" besungen, im Starkbierspiel Orban gebrüht und Erdogan nicht nur sprichwörtlich unter Beschuss genommen, während Österreichs Schülersprecher, "Pardon Bundeskanzler", Sebastian Kurz immerhin noch auf der MS Europa mitfahren durfte.

Die nämlich machte sich mit Steffi Gruner als Angela Merkel, Karl Friedl als Weiberheld Emmanuel Macron und Anne Gruner als "Flintenursel" Ursula von der Leyen an Bord auf große Fahrt quer durch Europa und zumindest fast bis nach Jamaika. Die Besatzung stellen dabei freilich die örtlichen Piraten um Kapitän Thomas Cook Reimer (Christian Hauber), sein erster Offizier Icebird Zettel (Günther Kiermeyer) und Leberkäs-Smutje Anderl Meyer (Manfred Döring).

Herrlich böse und oft hintergründig machten sie sich über die Entwicklungen in der europäischen und der Weltpolitik lustig. Ein Blatt vor den Mund nahmen sie dabei nicht. Das, und auch die überzeichneten Rollen der Politiker aus nah und fern, machten das Spiel zu einem humoristischen Hochgenuss, der das Publikum fast im Minutentakt zum Lachen und Johlen brachte.

Und dann gab es noch ein Thema, das den Schwaigerer Theaterfreunden offensichtlich besonders am Herzen lag: "Koa AfD" lautete der Titel eines ihrer Lieder und der war Programm. Wie ein roter Faden zog sich das Thema mal mehr, mal weniger deutlich durch den Abend.

"In Abensberg hat der Bürgermeister ein Buch darüber geschrieben, wie Politik funktioniert. Ist zwar ein Kinderbuch, aber so haben es offensichtlich auch die Erwachsenen begriffen", sagte Brigl in ihrer Rede und legte die Lektüre auch dem ein oder anderen Bürger aus Schwaig und Münchsmünster ans Herz. "20 Prozent! Das kann ja wohl net sein!", meinte Sie und war damit noch lange nicht am Ende.

So war das Starkbierfest in diesem Jahr trotz allem Humors und trotz aller guter Unterhaltung vor allem auch eines: Ein klares Statement gegen Rechts und damit mehr als man es selbst auf den großen Bühnen des politischen Humors dieser Tage oft erlebt.