Bergheim
Schweißtreibender Einsatz in Ungarn

Zehn Reservisten und zwei aktive Bundeswehrsoldaten pflegen Kriegsgräber in Böhönye

27.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:52 Uhr

Abschied und Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal in Böhönye: Zwölf Reservisten und Soldaten aus der Region waren zum Pflegeeinsatz auf dem Soldatenfriedhof in Ungarn - Fotos: Reservisten

Bergheim/Böhönye (DK) Es geht nicht allein um Pflege und Erhalt der Kriegsgräber, sondern auch um Völkerverständigung, wenn der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge Reservisten und Soldaten ausschickt, um Soldatenfriedhöfe in Stand zu halten.

Die Kreisgruppe Oberbayern Nord beteiligt sich. Heuer war der deutsche Soldatenfriedhof in Böhönye in Ungarn Ziel der neuntägigen Fahrt, an der sich zehn Reservisten und zwei aktive Bundeswehrsoldaten beteiligten. Malerarbeiten am Wetterschutzdach, Pflasterarbeiten, Grünflächen pflegen, Nachfärben von Grabzeichen, Hecken und Bäume zuschneiden und dürres Holz entfernen, gehörte zu den Aufgaben der Truppe, die in einem Unteroffiziers- und Offizierswohnheim in Kaposvár, einer rund 50 Kilometer südlich des Plattensees gelegenen Stadt mit 60 000 Einwohnern untergebracht war. Von dort aus fuhren sie täglich für jeweils acht Stunden zum Einsatz in den 2500 Einwohner zählenden Ort Böhönye.

Mit Zuschneiden der Bäume allein war es nicht getan, insgesamt 14 Bäume mussten aus Sicherheitsgründen gefällt werden. Einsatzleiter war Werner Bauer, Oberstleutnant der Reserve aus Geisenfeld, der die zwölf Deutschen und sechs ungarischen Offiziere – ein Hauptmann, ein Oberleutnant sowie drei Leutnants – je nach Fähigkeiten und Kenntnissen in Arbeitsteams einteilte und ihnen entsprechende Arbeiten zuwies, nachdem ein ungarischer Landschaftsarchitekt die Aufgaben erläutert hatte.

Dass aktive Soldaten beziehungsweise sogar Offiziere des Ziellandes sich an der Kriegsgräberpflege beteiligen, ist keineswegs selbstverständlich. Josef Vogelsang aus Bergheim, der sich seit sechs Jahren alljährlich an der Aktion der Kreisgruppe beteiligt, hat das in Ungarn zum allerersten Mal erlebt. „Das war eine sehr gute Zusammenarbeit“, erzählt er, „mit so vielen Ehren sind wir noch nie aufgenommen worden“. Das zeigte sich besonders im großen Bahnhof zum Abschied. „Wir wurden mit Militärkapelle verabschiedet, und es waren viele Ehrengäste da – die deutsche Botschafterin, der stellvertretende Militärattaché in Ungarn, der stellvertretende Kommandeur des ungarischen Heeres, Bürgermeisterin und Beauftragter des Volksbundes für Ungarn“, zählt er auf. Während die Reservisten es gewöhnt sind, zum Abschied still einen Kranz am Kriegerdenkmal niederzulegen, waren es heuer sage und schreibe 14 Kränze, die am Denkmal niedergelegt wurden, dazu sang der Kirchenchor und es erklangen die deutsche und die ungarische Nationalhymne vom dortigen Heeresmusikkorps. Beim anschließenden Umtrunk im Gemeindezentrum bewiesen die Ungarn einmal mehr, dass sie für das leibliche Wohl zu sorgen verstehen. „Wir wurden so gut versorgt, dass ich trotz Arbeitseinsatz drei Kilo zugenommen habe“, verrät Vogelsang. Schon zum Frühstück gab es Ei, Würstel und Speck, abends natürlich warm, am letzten Abend sogar ein Vier-Gänge-Menü.

Für Vogelsang, Sammlungsleiter des Krieger- und Soldatenvereins in Bergheim, ist die Kameradschaft ein wichtiges Motiv. Etliche Mitstreiter sind wie er Teilnehmer des Reservisten-Stammtisches Oberbayern-Nord. Alle Mitfahrer hätten sich voll ins Zeug gelegt, berichtet er. Alle – mit Ausnahme der beiden Aktiven, Stabsunteroffizier Maximilian Hoffmann und Stabsgefreite Denise Scholz, die als Fahrer fungierten – seien zwischen 55 und 70 Jahren alt, „alle topfit und jeder hat Angst, es könnte das letzte Mal sein“, begründet Vogelsang, warum keiner nachlasse. Am Ende strahlte der Friedhof in neuem Glanz, 534 Granitkreuze wurden mit schwarzer Spezialfarbe neu beschriftet, wie Jörg-Ulrich Hammer aus Arnsberg, der Chronist der Gruppe, notiert hat.

Weitere Ungarnfahrer waren Richard Schlamp aus Bergen, Karl Wasem aus Großmehring, Kurtis Schmidhuber aus, Ingolstadt, Michael Finkenzeller aus Alteneich, Wilhelm Meyer aus Hitzhofen, Otto Thalmayr aus Hard und Johannes Bayer aus Zuchering. Ihre Aktion war eine von 14 bayernweiten, beziehungsweise 80 Einsätzen deutschlandweit, an denen insgesamt rund 800 Ehrenamtliche beteiligt waren.