Hilpoltstein
Schweißausbruch zum Feierabend

Erste Ladies Sports Night lockt Frauen hinter dem Fernseher hervor / Knackige Vorturner

07.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:31 Uhr

Schweißtreibend: Gerhard Ellinger mit seinem unnachahmlichen Hüftschwung animiert bei der Ladies Sports Night in Schwabach die Damen zum Mitmachen - Foto: Weinig

Hilpoltstein/Schwabach (HK) Freitagabend. Feierabend. Faulenzen. Gut so! Der Blick ins Fernsehprogramm – nicht gut. Der Spaßfaktor zwischen deutscher Komödie und 584. Auflage einer Castingshow – gleich null. Aber da war doch was! Warum nicht mal nach Schwabach zur ersten Ladies Sports Night fahren? Hört sich gut an.

Vielleicht liegt’s auch daran, dass irgendwo zwischen Weihnachtsplätzchen, Dauerfrost, dem beendeten VHS-Fitness-Gymnastikkurs und dem zusehends wachsenden Haustierchen der Gattung „innerer Schweinehund“ tatsächlich der Verstand („Sport ist gesund und macht gute Laune“) seine Chance wittert, über das Gefühl („Sport ist Mord“) zu siegen. Also zumindest mal einen (Langeweile versprechenden) Freitagabend lang.

Immerhin: In der Ausschreibung geht es einerseits um Sport, aber andererseits ist auch die Rede von Genuss, von fetziger Musik, Bewegung und Spaß. Das kann nur besser sein als schlechte Witze im TV-Format.

Also ab zur Halle des SC 04 – bei den lauen Temperaturen eigentlich ein Frevel. Kommt da überhaupt jemand? Eine Frage, die sich auch die beiden Hauptorganisatorinnen, Ingrid Spindler-Steudtner und Sabine Wehrer, kurz zuvor gestellt haben – nachdem ein gutes halbes Jahr an Vorbereitungszeit für eine Idee hinter ihnen liegt, die eigentlich schon über ein Jahrzehnt alt ist.

Ihr „Baby“ nennt Ingrid Spindler-Steudtner in ihrer Begrüßung das Premierenprojekt unter dem Dach des BLSV (Bayerischer Landessportverband) Roth-Schwabach. Aber erst jetzt, an diesem wirklich warmen Freitagabend, habe es sich mithilfe eines Mentorenprogramms finanziell verwirklichen lassen.

Als die BLSV-Kreis-Frauenvertreterin das erzählt, steht ihr die gute Laune ins Gesicht geschrieben. Denn: Sie tut es vor gut 160 Frauen. Viel mehr hätten in die Halle ohnehin nicht mehr gepasst. Oder das leckere Kuchen- und Semmelbüffet am Halleneingang hätte weichen müssen. Sport hin oder her. Schon eine alte Sportlerweisheit sagt: „Ohne Mampf kein Kampf“. Also haben viele „gute Geister“ im Hintergrund mitgeholfen, dass die im Programm benannten Komponenten Spaß und Genuss tatsächlich nicht zu kurz kommen.

Alle sind sie gekommen: Junge, Alte, die drahtig Durchtrainierten genauso wie solche, die offensichtlich auch den „inneren Schweinehund“ nicht immer von der Leine lassen können. Lizensierte Übungsleiterinnen, die mal selbst mitmachen statt vormachen wollen, und solche, die (vielleicht) auch keine Lust auf bundesdeutsches Einheitsbrei-TV-Freitagabend-Programm hatten. Und alles Frauen. Es geht ja schließlich um die Ladies Sports Night.

Das heißt: Drei Ausnahmen gibt es. Das sind ausgerechnet die drei Vorturner des Abends. Für diese verschwindend geringe Männerquote gibt es postwendend, mit einem Schmunzeln, eine Erklärung von Ingrid Spindler-Steudtner und Sabine Wehrer: „Wir wollten doch unseren Teilnehmerinnen auch etwas fürs Auge bieten.“

Stimmt. Die drei „Jungs“, Gerd Ellinger (Eckersmühlen), Andi Steudtner (Schwabach) und Marc Kürschner (Nürnberg), personifizieren genau das, was viele ganz sicher gerne wären: durchtrainiert. Und dann haben die drei auch noch unverschämt gute Laune und flotte Sprüche auf den Lippen. Den ganzen Abend lang.

Also das mit der guten Laune klappt auch hier unten, auf dem Sporthallenparkett. Vom Anfang bis zum Ende vier Stunden später. Die Organisatorinnen haben wirklich nicht zu viel versprochen. Die Musik reißt mit, es geht um Bewegung, um Spaß daran und darum, Neues kennenzulernen. Aber zu welchem Preis!?

Show zum Verschnaufen

Verschwitzte Gesichter, zerzauste Haare, am Ende „müffelnde“ Shirts und qualmende Socken – so sieht die Bilanz des Abends aus. Und alles nur wegen dieser drei Männer; besser: wegen dem, was sie mit uns Frauen „machen“! Nur gut, dass es Showblöcke mit dem Schwabacher Tanzsportzentrum und der SC 04-Rhönradgruppe gibt. Aber ansonsten darf geschwitzt und gepustet, gezählt und gebissen, gedehnt und gelaufen, gelacht und geschaut werden, was das Zeug hält. Oder was Sehnen und Muskeln hergeben.

Da wäre Gerd Ellinger mit seiner Zumba-Stunde. Wow – der Mann hat einen Hüftschwung, der eigentlich waffenscheinpflichtig sein müsste. Mein Mann würde bei Zumba wohl nur fragen, ob denn da nicht doch mal noch ein Fußball mit ins Spiel gebracht werden könnte . . . Und wir Frauen? Wir fragen uns nach einer guten Dreiviertelstunde, ob eine Sauna nicht doch weniger schweißtreibend ist als dieses hippe Zumba.

Da wäre auch Andi Steudtner und seine „Maximum Fit“-Mission. Der Name ist, wie sich schnell herausstellt, Programm. Teil I bedeutet „maximale Muskelbelastung für uns“. Und Teil II des Namens bezeichnet kurz und knapp zweifellos Steudtners physischen Zustand – oh Mann, es ist unglaublich, wie lange 30 Sekunden sind mit Liegestützen der Marke „Steudtner“!

Also dann vielleicht doch lieber Yoga. Dieser fernöstlichen Lehre ist der dritte und letzte Teil des Abends gewidmet. Könnte klappen, das mit dem lässigen „Cool down“. Die Musik hat so etwas Meditatives. Wäre da nicht Marc Kürschner, der Mann, der ein Klon von „Transporter“-Darsteller Jason Statham sein könnte. Nicht nur der Frisur wegen – geschätzte drei Millimeter Haarlänge auf einem Charakterkopf.

Scharfer Wadlbeißer

Er hält mal eben das gestreckte Bein auf Höhe des besagten Charakterkopfes. Eine Primaballerina könnte es nicht besser. Aber wer in der Halle ist schon eine Primaballerina? Maximal Hüfthöhe. Das geht. Aber auch nur für Sekunden. „Müsst ihr nicht machen“, sagt er mit einem frech-sympathischen Grinsen.

Dabei klingt das Ganze – zunächst – in der Theorie einfach nur nett. Wie beispielsweise die Übung „abwärtsgerichteter Hund“. In der Praxis ist besagter Vierbeiner schlichtweg ein scharfer Wadlbeißer, der die ungeübten Waden von Zweibeinern effektiv und schnell zum Zittern bringt. Aber egal. Das wird ausprobiert. Mit anschließender Entspannungsphase, die gefährlich nahe zur kollektiven Einschlafphase mutiert. Kein Wunder, nach rund drei Stunden Sport in Variationen.

Irgendwie war er echt gut, dieser Abend mit Coach statt Couch. Es ging echt um Sport. So viel Fleiß muss belohnt werden: Ein dickes, fettes, garantiert ungesundes, aber ungemein leckeres Stück Schokokuchen vom nahen Büffet muss es jetzt noch sein, wo doch schon lange der Abspann der Freitagabendkomödie über den heimischen Bildschirm geflimmert ist – frei nach der Devise Hüftgold statt Hüftschwung.

Und ab morgen? Da geht’s los mit dem regelmäßigen Fitnesstraining. Oder vielleicht auch erst übermorgen – nur ein Zugeständnis ans neue Haustier, genannt Muskelkater. Aber dann! Versprochen! \t