Ingolstadt
Schwarz-Grün für Anfänger

28.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:27 Uhr
Fahnen mit dem Logo der CSU vor der Parteizentrale in München. −Foto: Sven Hoppe/dpa/Symbolbild

Ingolstadt - Es ist eine Gewissensfrage auf beiden Seiten der früheren Front: CSU und Grüne als Partner in einem Zweckbündnis zur Wahl einer zweiten Bürgermeisterin von der CSU und einer dritten Bürgermeisterin von den Grünen - kann das gutgehen?

Die zwei Parteien werden keine formale Kooperation eingehen, wollen aber punktuell im Stadtrat zusammenarbeiten. Aber sogar dieser Minimalkonsens mit den einstigen Gegnern kostet diverse Mitglieder der Grünen große Überwindung.

Wie berichtet, hat die Stadtratsfraktion der Grünen "nach durchaus kontroverser Diskussion mit großer Mehrheit beschlossen", dem Vorschlag Christian Scharpfs zu folgen und CSU-Kandidatin Dorothea Deneke-Stoll zur zweiten Bürgermeisterin mitzuwählen, allerdings müssen dem die Mitglieder der Grünen noch zustimmen. Auch er habe lange mit sich gerungen, sagt Christian Höbusch, der die Fraktion gemeinsam mit Barbara Leininger leitet, auf Nachfrage. "Aber am Ende hat die Rationalität die Oberhand gewonnen. " Gute Gespräche mit Alfred Grob, Patricia Klein und Franz Wöhrl hätten ihn überzeugt. Er könne es jedoch verstehen und keinem Parteifreund verdenken, "wenn er der CSU nicht wirklich das Vertrauen entgegenbringt, dass sie zur Erneuerung fähig ist". Das sei dann eine persönliche Ansicht, "die man nicht wegdiskutieren darf". ?

Die Grünen stellen sich auf Manöver der AfD im Stadtrat ein, sagte Höbusch gestern dem DK. Die hätten "definitiv" so etwas ähnliches vor wie im Januar im Thüringer Landtag. "Da muss man gelassen dagegenhalten. "

Diese Aufgaben haben für ihn jetzt Vorrang: "Die nicht abschätzbaren Folgen von Corona für unsere Stadtgesellschaft und die ökonomischen Strukturen - die merkt man vom freischaffenden Künstler bis zu Audi, deshalb müssen wir uns auf die Leute fokussieren. " Und: "Der Klimawandel geht durch Corona nicht weg. Deshalb müssen wir zu diesem Thema zurückkommen. " Höbusch spürt, "dass die Verantwortung, die auf uns Mandatsträgern liegt, viel, viel stärker geworden ist".

Die Aussicht, einer Bürgermeisterkandidatin der Grünen ins Amt zu verhelfen, dürfte nicht jedem CSU-Stadtrat gefallen. Etliche Mitglieder der Fraktion sind in einer Zeit politisch sozialisiert worden, in der eine Zusammenarbeit mit den Grünen noch als Sündenfall empfunden worden wäre. Fraktionsvorsitzender Alfred Grob berichtete gestern Abend dem DK denn auch von "durchaus längeren Diskussionen". Man habe "Vor- und Nachteile" abgewogen und sei in der Fraktion schließlich zum Schluss gekommen, dass ein dritter Bürgermeisterposten für die Grünen dem Wählerwillen wohl doch am ehesten entspricht. Wichtig ist es Grob, festzuhalten, dass es sich dabei um eine "singuläre Entscheidung in einer Personalfrage" handele. Dieses Argument hat am Ende offenbar auch die Skeptiker in den eigenen Reihen einlenken lassen.

sic/jhh