Ingolstadt
Schuster gebührt trotzdem viel Lob

Ein Kommentar von Timo Schoch

06.01.2019 | Stand 02.12.2020, 14:54 Uhr

Der Traum von einem deutschen Sieger bei der Vierschanzentournee hat sich wieder nicht erfüllt. Weder Severin Freund noch Richard Freitag oder jetzt Markus Eisenbichler durften in den vergangenen Jahren ganz oben aufs Treppchen klettern.

Erneut war mindestens ein Skispringer besser als die Deutschen. Ryoyu Kobayashi war vor der Tournee der große Favorit und bestätigte den großen Erwartungsdruck eindrucksvoll. Mit dem Grand Slam befindet er sich in einem elitären Kreis von nun drei Sportlern, die es ebenfalls geschafft haben, alle vier Springen einer Vierschanzentournee zu gewinnen. Sven Hannawald gelang es 2002 als ersten Springer, im vergangenen Jahr folgte Kamil Stoch. Nun ist also Kobayashi der König der Lüfte. Er hat es absolut verdient. Keiner war so konstant, so dominant und so elegant in der Luft wie der Japaner.

Den deutschen Springern bleibt also wieder nur die Nebenrolle der Gratulanten. Trotzdem gebürt Bundestrainer Werner Schuster ein dickes Lob. Schließlich hat er das deutsche Team erneut sehr gut vorbereitet. Dass der Bundestrainer womöglich seinen auslaufenden Vertrag nicht verlängert und damit ohne Tourneesieg abtritt, darf seine Arbeit aber nicht schmälern. Er ist kein Unvollendeter. Schließlich hat er alles gewonnen, was die Skisprung-Sammlung so hergibt: Olympiasieger im Einzel und mit der Mannschaft ist er geworden, Gesamt-Weltcupsieger, Weltmeister im Skispringen und im Skifliegen. Nur eben der Gewinn der Vierschanzentournee fehlt noch. Aber wo war die deutsche Mannschaft vor Beginn der Schuster-Ära als Bundestrainer? Im Niemandsland. Schuster trat an als Entwicklungshelfer. Er formte über die Jahre hinweg die Talente und sorgte in Deutschland für einen erneuten "Skisprung-Boom" nach den Sven-Hannawald- und Martin-Schmitt-Zeiten. Er installierte Strukturen, die den Skisprung in Deutschland wieder fliegen ließen. Insofern ist das erneute Verpassen des Tournee-Gesamtsiegs nur eine Randnotiz in der ansonsten äußerst erfolgreichen Ära von Bundestrainer Schuster.

Und vielleicht schöpft der Österreicher aus dem erneut verpassten Tournee-Gesamtsieg neue Motivation und verlängert - allerdings gegen die Meinung vieler Experten - seinen Vertrag ja doch noch. Dem deutschen Skispringen könnte nichts besseres passieren.