Weißenburg
Schulstreik gegen Wechselunterricht

FOS/BOS-Schüler in Weißenburg kritisieren ungleiche Behandlung und Gesundheitsrisiko

08.02.2021 | Stand 23.09.2023, 16:54 Uhr
Mit einer Plakataktionvor dem Eingang der Weißenburger FOS/BOS protestierten am Sonntag Schüler gegen den verordneten Wechselunterricht. Seit Montag streiken sie. −Foto: SMV FOS/BOS

Weißenburg - Lange hingen die Streikplakate am Sonntagnachmittag nicht vor dem Eingang der FOS/BOS in Weißenburg.

Nach einer Stunde waren sie wieder verschwunden. "Das war ich", sagt Schulleiter Klaus Drotziger. Er könne Parolen am Eingang seiner Schule nicht akzeptieren.

Mehr Verständnis hat Drotziger für die Gründe des Streiks, der am Montag in seiner Schule begonnen hat und sich gegen den Wechselunterricht richtet. Nur 23 Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen, etliche davon aus dem Landkreis Roth, waren körperlich im Unterricht erscheinen. Dabei hätte es nach den Vorgaben des Kultusministeriums die Hälfte der rund 300 Schüler dieser Klassen sein müssen. "Ein Riesenerfolg", sagt Daniel Terres von der Schülermitverantwortung (SMV). Er spreche für die gesamte SMV, betont Terres. Und die reagiere wiederum lediglich auf die Wünsche der Schüler. "Jeder will in die Schule zurück - aber so geht das nicht. "

Seit einer Woche gibt es an der FOS/BOS Wechselunterricht in den Abschlussklassen, die ab 12. Mai Abitur schreiben sollen. Der Wechselunterricht sei eine deutliche Verschlechterung zum bisherigen Distanzunterricht, sagt Terres. Er selbst war in der ersten Woche in der Schule und hat mitbekommen, wie die Mitschüler Zuhause abgehängt worden seien. Denn im Gegensatz zum reinen Distanzunterricht, der gut funktioniert habe, stehe die Lehrkraft jetzt vor der Hälfte der Klasse, die andere Hälfte sei zum Zuhören und Zuschauen verdammt. Weiterer Nachteil: Die Lehrkräfte müssen Fragen oder Antworten aus dem Präsenzunterricht für die Distanzgruppe ständig wiederholen. Dadurch gehe viel Zeit verloren, kritisieren die Schüler. Zudem würde Zeit verloren gehen, weil viele Lehrer unterschiedliche Methoden zur Übertragung verwenden und diese teilweise beim Wechsel in eine andere Klasse neu eingerichtet werden müssten. "Wir haben viel weniger Stoff geschafft als im Distanzunterricht", sagt Terres. "Und es ist ja nicht so, dass wir dem Wechselunterricht keine Chance gegeben hätten. " Man habe eine Woche abgewartet, wie er funktioniert.

Der Streik richte sich nicht gegen die Schule oder die Lehrer, betont der SMV-Sprecher, sondern vor allem gegen das Kultusministerium und dessen "Hauruck"-Anordnung zum Wechselmodell, das vergangenen Montag begann. Dadurch werde nicht nur der Unterricht schlechter, sondern die Gefahr einer Ansteckung mit dem Corona-Virus deutlich erhöht. "Privat dürfen sich maximal fünf Personen aus zwei Haushalten treffen, in der Schule oder im ÖPNV treffen sich 30 Haushalte", sagt Terres. Und in den Wahlpflichtfächern am Nachmittag entstünden noch mehr Kontakte, da die Klassen da gemischt seien. Angesichts der Warnungen vor den hochansteckenden Mutationen und dem verschärften Lockdown, findet Terres die Entscheidung zum Wechselunterricht unverständlich. "Auch wir Schüler haben Angst vor dem Virus. Wir haben alle Familie daheim - auch die Lehrer. "

Die würden den Protest in der Mehrzahl unterstützen, aber offizielle Aussagen gebe es natürlich keine, schließlich seien sie ja Beamte und würden dem Dienstrecht unterliegen. "Ich habe ein gewisses Verständnis für den Unmut der Schüler", sagt Schulleiter Klaus Drotziger. Mit dem Distanzunterricht im Januar sei lediglich der Sportunterricht ausgefallen, ansonsten habe es sechs bis acht Stunden Videounterricht mit Teams gegeben. Durch den Wechselunterricht gebe es eine Art Zwei-Klassengesellschaft. Als bayerischer Beamter halte er sich an die Vorgaben aus dem Ministerium. Wenn das Wechselunterricht anordne, "dann tun wir das". Auch wenn es zum Teil zu kuriosen Situationen führt. So stehen während des Streiks manchmal Lehrer in einem leeren Klassenzimmer mit der Webcam vor der Tafel und streamen ihren Live-Unterricht - immerhin können sie auf die Maske verzichten.

Wie die SMV betont Drotziger, dass man Wert auf ein gutes Verhältnis zwischen Schülern und Schulleitung lege. Er gehe davon aus, dass dies nach dem Streik "nicht sonderlich getrübt sein" werde. Verstimmt sei er lediglich über die späte Information. Per Mail habe ihn die SMV erst am Samstagabend um 20.29 Uhr vom Streikplan informiert, ohne zuvor mit ihm gesprochen zu haben. Man hätte vor einem Streik erst alle anderen Möglichkeiten ausloten können, findet Drotziger.

Daniel Terres von der SMV hält dagegen: Elternverbände, Lehrerverbände und die Landesschülervertretung hätten bereits im Vorfeld gegen die Entscheidung des Kultusministers protestiert - ohne Erfolg.

Fraglich ist jetzt, wie der Streik gewertet wird. "Ich habe es dem Ministerialbeauftragten gemeldet", sagt Schulleiter Drotziger. Das unentschuldigte Fernbleiben vom Distanzunterricht werde als Fehltag gewertet. Ab fünf Fehltagen droht der Ausschluss von der Abiturprüfung. "Ich weiß nicht, ob das Kultusministerium diesen harten Hammer in die Hand nimmt", sagt Drotziger.

Daniel Terres von der SMV hofft, dass der Streik weitergeht und sich die Schülerinnen und Schüler "nicht einschüchtern lassen". Die Entscheidung, ein Fernbleiben vom Präsenzunterricht als unentschuldigten Fehltag zu werten, hält er für grundfalsch: "Wir schwänzen ja nicht", sagt er. "Wir sitzen Zuhause am Laptop. " Nur in die Klassenzimmer wollen sie nicht.

HK

Robert Kofer