Hilpoltstein
Schulrätin, nicht Aufsicht

Neue Schulamtsdirektorin Anja Döllinger will Schulen und Kinder mit Rat und Tat stärken

27.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:43 Uhr
Sie sieht das Schulamt als Team und eher als Ratgeber, denn als Aufsichtsbehörde: Anja Döllinger, die neue fachliche Leiterin, zusammen mit Stellvertreter Karlheinz Pfahler (links) und Alexander Schatz. −Foto: Kofer

Hilpoltstein/Roth - Gleich im ersten Satz macht Anja Döllinger klar, wie sie ihre Arbeit als neue fachliche Leiterin des Rother Schulamts interpretiert.

"Wir haben uns als Team vorbereitet. Bei uns hat jeder seinen Schwerpunkt", sagt die 53-jährige Grundschullehrerin. Und deshalb sind auch ihr Stellvertreter Karlheinz Pfahler und Schulamtsdirektor Alexander Schatz bei ihrem ersten Pressegespräch dabei. Alle duzen sich.

"Wir kennen uns schon lange", erklärt Anja Döllinger die lockere Atmosphäre. Bei Karlheinz Pfahler hat sie mehrere Konrektoren-Lehrgänge besucht und "dort viel gelernt", sagt. Den Schulamtsbezirk Roth-Schwabach, der für alle Grund- und Mittelschulen zuständig ist, kennt die Ansbacherin von ihrer Arbeit als Seminarbeauftragte der Regierung von Mittelfranken und als Seminarleiterin in der Lehrerfortbildung.

Jetzt will sie die wenigen Schulen, die sie noch nicht kennt, besuchen, wenn das unter den derzeitigen Bedingungen möglich ist. Eine Bedarfsanalyse möchte sie machen. "Fragen, was brauchen die Leute? Was ist jetzt das Wichtigste? Wir stülpen nichts über. Wir sehen uns nicht als Schul-Aufsicht, sondern als Schul-Räte", sagt Döllinger.

Gerade jetzt, in Zeiten der Corona-Beschränkungen, müsse man die Schule stärken. "Da kann ich jetzt nicht mit neuen Ideen kommen. Es gibt eine Vielzahl von Themen, aber ich darf die Leute nicht überfordern. " Wichtigstes Thema sei jetzt, die Digitalisierung an den Schulen zu verbessern. "Homeschooling darf keine Worthülse bleiben", sagt Döllinger. "Wir müssen uns digital noch besser aufstellen. "

Es gebe ein eigenes Referententeam, das jederzeit von jeder Schule angefordert werden könne, betont Karlheinz Pfahler. Und im Sommer musste jede Lehrerin und jeder Lehrer drei Fortbildungsmodule für Teams belegen, eine IT-Plattform, die Chats, Besprechungen und Notizen auch in Gruppen ermöglicht. Bereits vergangenes Jahr hätten die Lehrkräfte vier Module zum Thema Online-Unterricht absolviert haben, ergänzt Alexander Schatz - völlig unabhängig von der Corona-Pandemie. "Die Lehramtsanwärter mussten mit Teams gleich in der Praxis arbeiten", sagt Döllinger, "dafür bringen sie es jetzt gleich in den Schulen mit. "

Aber nicht nur technisch stellen Distanzunterricht und Corona die Schulen vor neue Herausforderungen. "Das Verhältnis zu den Eltern verändert sich. Manche Eltern sehen die Maskenpflicht kritisch und stellen die Umsetzung der Maßnahmen infrage", sagt die Schulamtsdirektorin.

"Es ist ein größeres Problem für die Eltern als für die Kinder", sagt Schatz. "Ich möchte nicht wissen, was in manchen WhatsApp-Gruppen abläuft. "

Trotzdem gelte es, das Vertrauen nicht zu verlieren, so Döllinger. Da müsse die Elternarbeit neu gedacht werden. Schulleiter und Lehrer müsste Supervision angeboten werden und eine kollegiale Fallberatung, also eine Runde, in der konkrete Fälle gemeinsam besprochen werden und nach Lösungen gesucht wird.

Momentan sei der reguläre Unterricht im Klassenzimmer noch flächendeckend machbar, betonen Döllinger und ihre Kollegen. Am Mittwoch seien von 414 Klassen nur 7 in Quarantäne gewesen, dazu 30 Lehrkräfte. Allerdings hat am Freitagvormittag die Johannes-Helm-Grundschule in Schwabach die ganze Schule geschlossen. Rund 370 Kinder gehen für zwei Wochen in den Distanzunterricht. In Rücksprache mit dem Schulamt und dem Gesundheitsamt könne jederzeit auf Hybridunterricht umgestellt werden, also einen Mix aus Homeschooling und Präsenzunterricht, sagt Döllinger. Sie will bei solchen Entscheidungen Schulleitern den Rücken stärken. Sie könnten sich immer Rat einholen und Probleme besprechen. "Und es steht immer jemand dahinter im Schulamt", betont Döllinger.

Es komme aber gelegentlich zu Engpässen, wie an einer Mittelschule in Schwabach, bei der plötzlich fünf Lehrer auf einmal ausfielen. Da werde es dann schon eng, räumt Schatz ein. "Da müssen die an der Schule zaubern. " Bewährt hätten sich die neuen Teamlehrkräfte, die eins zu eins den Unterricht halten sollen, den eine Lehrerin wegen Schwangerschaft oder mit einem Corona-Attest nicht selbst geben kann. Zehn dieser Team-Lehrkräfte gibt es derzeit im gesamten Schulamtsbezirk. "Wir haben damit viele gute Erfahrungen gemacht", sagt Döllinger.

Dass es für alle bayerischen Lehrer ein Set medizinischer FFP2-Masken geben soll, wie Kultusminister Michael Piazolo versprochen hat, ist zwar im Schulamt registriert worden, Material ist aber noch keines angekommen. "Ich habe noch keine Informationen dazu", sagt Döllinger. Die FFP-Masken würden Lehrkräfte vor einer Quarantäne bewahren, falls in ihrer Klasse ein positiver Covid-Fall entdeckt würde.

Nähere Informationen erwartet man im Schulamt Freitagnacht, wenn das Ministerium neue Beschlüsse verschickt. Dann erhofft man sich auch Einzelheiten zu den vorgezogenen Weihnachtsferien. Die sollen bereits am 19. Dezember beginnen, was Anja Döllinger bislang nur aus den Nachrichten im Radio erfahren hat. Alexander Schatz hält die vorgezogenen Ferien für sinnvoll, "wenn man den Infektionsschutz ernst nimmt". Denn dann wären alle drei Wochen lang zuhause. "Und im Endeffekt verliert man zwei Schultage. " Eine Notbetreuung, vor allem in den Grundschulen, zu organisieren sei kein Problem, denn die Lehrer hätten ja noch nicht frei.

HK

Robert Kofer