Pfaffenhofen
Schützenswerter Schädling?

Biber-Kritiker fordern, dass der Nager stellenweise gejagt wird - Naturschützer loben seine Qualitäten

15.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:57 Uhr
Gerade ziemlich aktiv ist im Landkreis Pfaffenhofen der Bieber, der generell keinen Winterschlaf hält. −Foto: Felix Heyder (dpa)

Pfaffenhofen (PK) Die Naturschützer loben den Biber dafür, dass er seltene geschützte Tierarten anziehe. Doch vor allem im Norden des Landkreises schimpfen die Bürgermeister über zunehmende Schäden. Wie der Bauernverband fordern sie, dass mehr gegen die Nager unternommen wird.

Geisenfelds Bürgermeister Christian Staudter (USB) weiß: "Er ist ja ein recht possierliches Tierchen, und wir haben auch Bereiche, wo er nicht stört." Insgesamt aber, so Staudter, hat sich der Biber in Geisenfeld in den vergangenen Jahren zu sehr festgebissen. "Landwirte sind mit ihren Geräten eingebrochen, weil er unterirdische Gänge an Feldwegen baut, unsere Hochwasserdämme wurden unterminiert." Mittlerweile sei der Nager "in die kleinsten Bereiche vorgedrungen." Sogar mitten in der Stadt kämpfe man gegen seine Schäden. "Es muss etwas unternommen werden", sagt er. Auch die Lebendfallen, für die die Stadt sich jedes Mal eine Genehmigung einholen muss, weil der Biber bekanntlich streng geschützt ist, sind manchmal uneffektiv: "So manch ein Tierschützer macht die Lebendfallen bei uns unschädlich", berichtet der Bürgermeister. Dazu komme: "Der Biber ist ein schlaues Tier", nicht immer ließe er sich fangen. Für ihn gibt es deshalb nur eine Lösung: "Der Biber muss bejagt werden."

Dem stimmt auch Martin Braun zu. Der Vorsitzende der Jägervereinigung Pfaffenhofen hält die Praxis mit den Lebendfallen für mangelhaft: "Ich würde mich leichter tun, ihn zu schießen", sagt er. Der Biber nehme nicht immer den gleichen Weg, außerdem locke ihn der Köder kaum, da es ja genug Futter gebe. "Außerdem wäre es deutlich besser für das Tier." Aktuell werde er zunächst gefangen, transportiert und dann in Pörnbach getötet - alles unnötiger Stress, findet Braun. Dass er gejagt werden muss, ist für ihn klar. Als Vorsitzender des Wasserverbandes Moosgraben in Geisenfeld ist er für einen fünf Kilometer großen Entwässerungsgraben zuständig. "Dort macht er großen Ärger und stört immer wieder die Abflussfunktion."

Christine Janicher-Buska, Vorsitzende der Pfaffenhofener Ortsgruppe des Bund Naturschutz, betont hingegen die positiven Seiten des geschützten Tieres: "Die Forschung hat bewiesen, dass der Biber mit dem Lebensraum, den er schafft, viele seltene Tiere, wie Insekten, Libellen, Wasservögel oder Amphibien nach sich zieht." Man gebe gerade viel Geld dafür aus, die Gelbbauchunke anzusiedeln, "und der Biber betreibt den Artenschutz ganz umsonst." Der Biber kostet allerdings die Gemeinden Geld, so Staudter. Nämlich dann, wenn seine Bauten entfernt werden müssen, weil sonst Hochwasser droht oder Felder überschwemmt werden. Bürgermeister Staudter spricht von "zigtausenden Euro", die die Stadt mittlerweile im Jahr ausgebe.

Für Naturschützerin Janicher-Buska wird im Landkreis generell der falsche Ansatz gewählt: "Man könnte viel mehr durch Prävention erreichen", sagt sie. So seien etwa bei der Landesgartenschau Bäume gepflanzt worden, die man trotz ihres Anratens aus ästhetischen Gründen nicht mit einem Gitter geschützt habe. Jetzt habe der Biber sie natürlich teilweise gefällt. Außerdem könne man viel erreichen, wenn Landwirte am Rand von Gewässern fünf bis zehn Meter für den Biber freihielten, in denen er sich frei entfalten dürfe. "Das wäre auch für uns Menschen wichtig, damit keine Schadstoffe ins Wasser gelangen", sagt sie. "Doch bei uns wird jeder Quadratmeter genutzt."

Der Bayerische Bauernverband fordert derweil, "dass der Bestand des Bibers zurückgefahren wird", so Manfred König, Vorsitzender des Kreisverbandes Pfaffenhofen. Zwar gebe es die Möglichkeit, ihn abzufangen, aber momentan dürfe einfach nicht oft genug abgefangen werden. "Wir müssen da mit dem Landratsamt auf einen gemeinsamen Nenner kommen", sagt König. Deshalb soll es dieses Jahr je ein Treffen mit den BBV-Ortsverbänden des nördlichen und des südlichen Landkreises und den Vertretern des Landratsamtes geben, so König. "Wir wollen dann besprechen, wo der Biber sein darf und wo dringend etwas gegen ihn unternommen werden muss."

Laut Janicher-Buska gibt es allerdings momentan keinen Anlass, etwas an den Regelungen zu ändern. "Es ist natürlich klar, dass der Biber abgefangen werden muss, wenn er an Dämmen oder Kläranlagen aktiv ist", sagt sie. "Aber das ist ja auch möglich und wird praktiziert." Generell reguliere sich der Nager ohnehin ab einer bestimmten Population von selbst: "Wenn es nicht mehr genug Reviere gibt, verbeißt der Biber seinen Nachwuchs", sagt sie.

Geisenfeld Bürgermeister Staudter widerspricht: "Vielmehr verdrängt er seine Artgenossen, die sich dann auf dichtestem Raum neue Reviere bauen", erklärt er. "Beim Rottenegger Bach haben wir mittlerweile fünf bis sechs Biberreviere eng nacheinander", so Staudter.

Vohburgs Bürgermeister Martin Schmid sieht an den vier Fließgewässern in seiner Gemeinde eine Gefahr für den Hochwasserschutz, weil der Nager dort gerne mal Bäume umlege. "Erst vor Kurzem fällte ein Biber in der Innenstadt drei große Pappeln, den Bau mussten wir sofort entfernen, weil es schon das Wasser reintrieb zu den Häusern", berichtet er.

Pro Jahr rund 201000 Euro gebe seine Gemeinde pro Jahr wegen der Biberschäden aus, sagt der Hohenwarter Bürgermeister Manfred Russer. "Besonders an der Paar und am Unterlauf der Ilm gibt es bei uns ein Problem mit dem Biber", sagt er. Es gebe in den Brennpunktregionen des Landkreises, zu denen Hohenwart zähle, mittlerweile zu viele Exemplare des Nagers. "Ich finde den Biber ja persönlich toll", so der Bürgermeister, aber wenn er sich beispielsweise in den Seitenentwässerungsgräben einrichte, sei das gefährlich. Russer wünscht sich, dass nun "ergebnisoffen diskutiert" werde, wie man die Situation verbessern kann. "Wie viele Biber verträgt ein Flusskilometer?", fragt sich Russer. "Es geht mir um ein vernünftiges Miteinander mit dem Tier."

WICHTIGE ANTWORTEN ZUM BIBER IM LANDKREIS

Wie viele Biber gibt es? Nach der Biberkartierung 2015/16 gibt es 500 Nager und 135 Reviere im Landkreis Pfaffenhofen, so Landratsamtssprecher Karl Huber. Die Reviere wurden von Verbänden und der Bevölkerung gemeldet. Gegenüber der Kartierung 2009 gibt es demnach fast ein Fünftel mehr Tiere. Vor allem im Norden stieg die Zahl.

 

Wie viele Schäden gab es vergangenes Jahr? Es werden nur die meldefähigen Biberschäden nach dem Biberschadensfond mit Zahlen erfasst, so Huber. Im Mittel betrage die Schadsumme 5000 Euro im Jahr. Die Zahl schwanke von Jahr zu Jahr.

 

Werden auch positive Erfahrungen mit Bibern gemeldet? Im Landratsamt kommen vielfach die Problemfälle zur Sprache, so Huber. Auf der Gartenschau habe es aber viele Besucher gegeben, die sich positiv über die Bereicherung unserer Natur durch den Biber geäußert hätten.

 

An wen kann man sich als Privatperson wenden, wenn man Schäden hat? Grundsätzlich an die untere Naturschutzbehörde, so Huber. "Wir können Estrichmatten und Maschendraht zum Schutz der Stämme zur Verfügung stellen.". Einen finanziellen Ausgleich wie in der Landwirtschaft gebe es aber nicht.

Ist es richtig, dass der Biber immer mehr auch innerhalb der Stadt aktiv ist? Am Rand des Stadtgebiets sind fünf Reviere kartiert worden, davon ein neues, sagt Huber. Der Biber wage sich immer wieder ins Zentrum vor. Die Ilm sei eine Verbreitungsachse der Biber. Wenn die Biber nach zwei Jahren aus dem Bau ausziehen, suchen sie nach neuen Revieren und durchqueren dann auch Pfaffenhofen, so Huber. | dbr