Neuburg
Schüler verlieren eine Anlaufstelle: Renate Pessenbacher schließt nach 67 Jahren ihren Laden

Renate Pessenbacher schließt nach 67 Jahren ihren Laden

15.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:38 Uhr

Seit 1950 hielt Renate Pessenbacher die Stellung in ihrem kleinen Laden an der Theresienstraße in Neuburg. Er war ihr Leben, doch jetzt ist zugeschlossen worden. Die 87-Jährige muss aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. ‹ŒArch - foto: r

Neuburg (r) Seit 1927 ist er den Neuburgern vertraut, und er war Anlaufstelle für Generationen von Schülern. Jetzt ist der Tante-Emma-Laden im Eckhaus an der Theresienstraße endgültig geschlossen, Betreiberin Renate Pessenbacher gibt aus gesundheitlichen Gründen auf.

Man kann sie als Deutschlands dienstälteste "Tante Emma" sehen. Momentan liegt die 87-Jährige im Neuburger Krankenhaus, nach ihrer Heimkehr wird sie das Geschäft nicht mehr aufsperren. Es war ihr Leben - 67 Jahre lang stand sie hinter der Ladentheke. Neben Nudeln, Spinat und Rotwein gab es Ratschläge für alle Lebenslagen.

"Aber jetzt geht es nicht mehr", sagt Gunter Enders, der "die Renate" mit seiner Frau viele Jahre unterstützt hatte. Sein Antiquitätengeschäft nebenan hat er zum Jahreswechsel ebenfalls geschlossen. Einige Lebensmittel aus dem Laden werde man übernehmen, "der Rest geht an die Tafel".

In Renate Pessenbachers Laden war die Zeit stehen geblieben. 90 Jahre lang war geöffnet, 67 davon unter ihren Fittichen. "Der Laden nährt dich", riet ihr die Mutter, als sie 1948 erstmals hinter der Theke stand.

Während ringsum Südpark, Marktkauf, Netto & Co. ihre Discountschlager offerieren, bietet der Tante-Emma-Laden Nostalgie an. Kinder und Jugendliche griffen allzu gern auf Kaugummis, offene Schokolade, süße und saure "Guatseln" zurück. Zum Schulschluss mittags stürmen Kinder den kleinen Eckhaus-Laden: "Der Umgang mit ihnen hält mich jung."

Scherenschnittkünstlerin Josefine Meidinger kam mit ihrem Hündchen in den Laden, ebenso Künstler-Original Max Hitzler. Oberbürgermeister Theo Lauber kaufte bei ihr ein "und Altstadtreferent Matthias Schieber sowieso". Für den früheren Heimatpfleger und Ehrenbürger Matthias Schieber war sie eine "Institution". Der Bayerische Rundfunk entdeckte den Laden für seine Abendschau. 2012 schlug sie einen Räuber in die Flucht, der mit einem Beil vor ihr stand und Spirituosen verlangte.

Ihre Lieferanten hat Renate Pessenbacher bereits "überlebt". Sie suchte neue Händler, die ihr Lebensmittel, Getränke und Zigaretten verkauften. Offene Süßigkeiten wollte keiner mehr liefern. Frigeo, Gummihaie oder Bärendreck - alles kein Problem für Renate Pessenbacher. Sie verkaufte 30 offene Sorten.

OB Bernhard Gmehling kam als Schüler und Oberbürgermeister vorbei. Der Inhaberin und ihrem Durchhaltevermögen zollte er stets großen Respekt. Nun heißt es Abschied nehmen von einem Stück Alt-Neuburg.