Ingolstadt
Schüler streiten mit ihren Lehrern

Außergewöhnlicher Wahlkurs am Scheiner-Gymnasium diente der Stärkung der Debattenkultur

14.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:04 Uhr
Argumente sammeln, und dann geht's meinungsfreudig zur Sache: Schüler und Lehrer des Scheiner-Gymnasiums lernten im Kurs "Die Debatte im Fachunterricht" einiges voneinander. −Foto: Scheiner-Gymnasium

Ingolstadt (DK) Ein ungleiches Moderatorenpaar, Anna, die Siebtklässlerin, und Franziska, die bald ihr Abitur macht, begrüßt elf Lehrer des Scheiner-Gymnasiums zu einer schulinternen Fortbildung.

Titel: "Die Debatte im Fachunterricht". Die Besonderheit dabei: Diese Fortbildung wurde von den Schülerinnen und Schülern des Wahlkurses "Debatte und Moderation" unter der Leitung von Livia Schleßing konzipiert und realisiert. Sie bezieht sich auf die Methoden des internationalen Schülerwettbewerbs "Jugend debattiert" und soll zeigen, wie man diese im Unterricht aller Fächer einsetzt. Denn obwohl ebenso gut in Ethik über Sterbehilfe oder in Biologie über Abtreibung diskutiert werden kann, werden normalerweise nur die Deutschlehrer für "Jugend debattiert" geschult. Sie geben dann ihr Wissen weiter.

 

An der Tafel sammeln Lehrer und Schüler, was sie von der Fortbildung erwarten: "Grundregeln lernen", "Gespräch", "Anwendung", "neue Methoden", "lernen, um Wissen weiterzugeben" und "Selbstbewusstsein" steht da. "Vorsicht, es herrscht akute Mitmachgefahr", sagt Moderatorin Franziska anfangs noch mit einem Augenzwinkern. Nachdem die Theorie erklärt ist, beginnt die gemeinsame Arbeit: Die Lehrer sollen zu einem Thema aus ihrem Fach eine zweiminütige Eröffnungsrede vorbereiten und halten, in der man mit Einstieg, Definition, Maßnahmen und ersten Argumenten das Thema auf den Punkt bringen muss. Danach geben die Schüler eine Rückmeldung. Auch das gehört zu "Jugend debattiert": die Feedbackkultur.

Als Nächstes kommt der Hauptteil jeder Debatte: die freie Aussprache. Um Argumente dafür zu sammeln und ein Thema über Kategorien zu erschließen, gibt es mehrere Übungen. Eine davon ist, sich zu fragen, was ein Minister - sei es etwa im Ressort Umwelt, Bildung oder Arbeit und Soziales - davon halten würde, das Scheiner-Gymnasium in ein Lebkuchenhaus umzuwandeln. Zuckerschock, instabile Wände, Touristenattraktion, flexible Klassenzimmer . . . Ideen gibt es viele. Auch für dieses Spaßthema werden in Kleingruppen aus Schülern und Lehrern erstaunlich ernst gemeinte Argumente für und gegen die geplante Maßnahme gefunden. Die Schüler zeigen zuerst exemplarisch eine freie Aussprache, dann dürfen die Lehrer ran. Nach kurzem, fast peinlichem Schweigen finden sich vier Mutige. Nach der Lehrerdebatte und konstruktivem Feedback treten vier Schüler auf, um den letzten Teil einer gepflegten Debatte vorzuführen: die Schlussrunde.

"Findest du nicht, dass die eben gehörte Aussprache etwas anders war als die vorherige?", fragt Franziska ihre Moderationskollegin. Sie bezieht sich darauf, dass die Schüler ganz bewusst Fouls in ihren Redebeiträgen versteckt haben. "Ach Franzi", antwortet Anna, "du bist schon so lange dabei, dass du das große Ganze aus dem Auge verlierst." Daraus entwickelt sich ein Streit, bei dem, wie schon in der Aussprache vorhin, möglichst viele Fouls eingebaut werden, die es auch bei "Jugend debattiert" gibt.

Wie man auf Beleidigungen, absichtliches Missverstehen und Unterbrechen reagiert, üben zwei Schüler sowie zwei Lehrer. "Böse Buben" werden als Ankündigung für ein bewusstes Foul auf das Debattenpult gelegt und mit einem "Ass im Ärmel" geschickt sowie sachlich gekontert. Der Spaß kommt dabei nicht zu kurz.

Zum Schluss vergleichen die Moderatoren gemeinsam mit den Teilnehmern die Erwartungen vom Beginn des Workshops und sind sich einig: Diese praxisorientierte Fortbildung konnte überzeugen und sorgt demnächst vielleicht in dem einen oder anderen Fach für "Unterricht einmal anders".