Nürnberg
Schon wieder eine Bombe

Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg in Nürnberg entschärft

14.01.2014 | Stand 02.12.2020, 23:12 Uhr

 

Nürnberg (DK) Sprengstoffexperten haben gestern in Nürnberg eine Fliegerbombe ohne Komplikationen entschärft. Nach einer halben Stunde hatte der Sprengmeister seine Arbeit erfolgreich beendet. Zuvor hatten rund 8400 Menschen vorsichtshalber ihre Wohnungen und Häuser verlassen müssen.

Schon wieder ein Blindgänger. Diesmal wurde die Fliegerbombe auf einer Baustelle mitten im Knoblauchsland im Nordwesten der Stadt gefunden. Erst vor wenigen Wochen hatte ein Sprengkörper die Frankenmetropole rund um den Hauptbahnhof lahmgelegt. Nun herrscht also wieder „Bombenstimmung“, diesmal im Gemüsegarten der Stadt.

Es ist kurz vor zwölf. Michael Weiß hat das Knoblauchsland fast für sich alleine. Nur ein paar Mitarbeiter sind beim 38-jährigen Sprengmeister und dem 250 Kilogramm schweren Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg geblieben. Auf den Straßen rund um den Fundort fahren keine Autos mehr. Selbst am Himmel ist alles still. Der Flughafen hat seinen Betrieb vorsorglich eingestellt.

Sehnsüchtig wartet der Sprengmeister auf das Startsignal. „Ich bin seit sieben Uhr hier draußen. Langsam wird es wirklich kalt und die Klamotten klamm“, wird der Fachmann von der Kampfmittelbeseitigungsfirma nach der geglückten Entschärfung zu Protokoll geben.

Doch der Reihe nach. Pünktlich um neun Uhr beginnen die Einsatzkräfte damit, das Sperrgebiet rund um den Fundort systematisch zu räumen. Zwischen den Stadtteilen Almoshof und Thon müssen 8400 Menschen, die zwischen dem Flughafen und einer berühmten Eisfabrik leben, evakuiert werden. Rund 570 Uniformierte patrouillieren durch das gesperrte Gebiet. In den meisten Häusern sind die Jalousien heruntergelassen. Die Straßen sind leer. Nur ein Bus mit Medienvertretern fährt durch den Morgennebel, der über den Häusern der Vorstadt liegt. Die Stimmung im Medien-Shuttle ist gelöst. Angst vor der Bombe hat hier niemand. Um geht höchstens die Sorge, kein gutes Statement aus dem Sperrgebiet zu bekommen. Aber auch die ist unbegründet. Denn in der Cuxhavener Straße ist noch was los. „Ich sperr’ meinen Lotto-Laden jetzt zu“, sagt Anette Gradschke.

Nebenan hat ein Kamerateam noch eine Anwohnerin entdeckt, die noch nicht evakuiert worden ist. „Ich fahre jetzt zur Arbeit“, sagt Birgit Frost ins Mikrofon. Verstehen könne sie die ganze Aufregung um die Bomben-Entschärfung nicht, fügt sie hinzu. Von unentdeckten Bomben gehe ihrer Meinung eine weitaus größere Gefahr aus. „Nun ist die Bombe doch aufgetaucht. Jetzt kümmern sich Experten darum.“ Von Angst ist auch nebenan keine Rede. Im Rollstuhl wird eine ältere Dame von Sanitätern aus dem Haus geschoben. Eine Polizistin hält die Fotografen in Schach. Die Dame will nicht abgelichtet werden, während sie per Krankenwagen in Sicherheit gebracht wird. In einer nahe gelegenen Schulturnhalle hat die Stadt extra eine Art Notunterkunft eingerichtet. Zahlreiche Sonderbusse sind im Einsatz, um die Anwohner in Sicherheit zu bringen. Klaus Menzel hat andere Pläne. „Ich fahr jetzt mit meinem Auto und meiner Frau zum Einkaufen“, sagt der 77-Jährige, der den Bombenhagel auf der Flucht von Breslau in den Westen als Kind noch hautnah miterlebt hat.

Mittlerweile ist auch die Verkehrsader zwischen Erlangen und dem Nürnberger Norden komplett gesperrt. Der Flughafen ist nur noch über Ziegelstein zu erreichen. Derweil hat Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) zahlreiche Mikrofone vor der Nase. „Vorsicht ist angesagt, Panik nicht“, sagt Maly, während der Regen immer stärker wird. Dann heißt es warten. Genau 30 Minuten bis 12 Uhr 32. Die Bombe hängt jetzt am Haken. Das Sprengkommando hält die beiden Zünder in der Hand und träumt jetzt sicher von einer warmen Dusche. Oder einem kalten Bier.