Schon jeder vierte Drittklässler in Nachhilfe

22.11.2007 | Stand 03.12.2020, 6:20 Uhr

Bei seiner Reise durch den Landkreis machte Hans-Ulrich Pfaffmann (2. von links) gemeinsam mit Sven John (2. von rechts) auch in der Kipfenberger Schule Station. Mit Rektor Manfred Wilfling (rechts) und Bürgermeister Rainer Richter (links) unterhielten sich die beiden SPD-Politiker über lokale Themen wie die in Kipfenberg seit Jahren geplante Ganztagsschule. - Foto: mme

Eichstätt (EK) Landkreise und Kommunen sollten mehr Kompetenzen bei der Gestaltung der regionalen Schullandschaft bekommen. Diese Meinung vertrat der SPD-Politiker Hans-Ulrich Pfaffmann bei einem Gespräch mit dem EICHSTÄTTER KURIER. Pfaffmanns Zauberwort lautet "Dezentralisierung".

Der Bildungspolitische Sprecher der SPD-Landratsfraktion und stellvertretender Vorsitzende des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport des Bayerischen Landtages besuchte gestern den Landkreis Eichstätt. Er führte in Kipfenberg Gespräche mit dem Bürgermeister und dem Schulleiter, reiste weiter nach Kösching, wo er sich ein Bild von der Realschule machte und sprach am Abend in Eitensheim.

Auch ein Gespräch mit der Redaktion des EICHSTÄTTER KURIER, zusammen mit dem SPD-Landtagskandidaten Sven John, stand in seinem Terminkalender. Dabei rechnete Pfaffmann gnadenlos mit der Bildungspolitik der bayerischen Staatsregierung ab und stellte gleichzeitig die sozialdemokratischen Positionen vor. Grundsätzlich plädierte er dafür, die Schulpolitik zu dezentralisieren. Bayern teile sich in höchst unterschiedliche Regionen auf, was die Verkehrsanbindung, die demografische Entwicklung oder die wirtschaftliche Struktur angehe. Diesen unterschiedlichen Bedürfnissen müsse Rechnung getragen werden. So bezeichnete Pfaffmann die flächendeckende Abschaffung der Teilhauptschulen als schweren Fehler. "Es gibt Regionen, wo Teilhauptschulen nach wie vor sinnvoll gewesen wären." Am besten könnten das die Verantwortlichen vor Ort beurteilen, weshalb der Sozialdemokrat dafür plädierte, die Landkreise und die Gemeinden entscheiden zu lassen, wie sich ihre Schullandschaft zusammensetzen soll. So wäre dann auch die Möglichkeit gegeben, eine "Reformschule" ins Leben zu rufen, bei der nicht schon bei zehnjährigen Kindern die Weichen für das weitere Leben gestellt würden. Nach Pfaffmanns Vorstellungen sollten alle Schüler mindestens bis zur sechsten Klasse gemeinsam unterrichtet werden, und sich erst dann die schulischen Wege trennen. Das dreigliedrige Schulsystem werde sowieso keinen Bestand haben, wie ein Blick in andere Bundesländer zeige: "Sachsen hat es nicht, Hamburg schafft es ab und Rheinland-Pfalz wird es abschaffen. Doch die bayerische Staatsregierung will nicht einmal eine Diskussion darüber zulassen." Pfaffmann verwies auf die Tatsache, dass jedes vierte Kind ab der dritten Klasse Nachhilfe bekomme. Da sei doch ein Unding. Dabei gehe es nicht darum, "einen Knopf zu drücken und mit einen Mal die Hauptschule abzuschaffen". Vielmehr solle den Landkreises und Regionen die Möglichkeit gegeben werden, bei Bedarf ihre schulischen Strukturen sinnvoll zu ergänzen.

Auch für den Verbleib der Grundschulen am Ort brach der Landtagsabgeordnete eine Lanze. Abgesehen davon, dass das Motto "Kürzeste Beine – Kürzeste Wege" lauten und das kindliche Bedürfnis im Vordergrund stehen müsse, würde man vielen Gemeinden die Grundlage entziehen, wenn die Schule verlagert würde. "Das ist ein Standortfaktor vor allem für junge Familien." Doch würden hier – wie bei der Abschaffung der Teilhauptschulen – allein finanzpolitische Überlegungen eine Rolle spielen. Für Pfaffmann grundsätzlich ein Kardinalfehler, wenn Spargründe die Oberhand über pädagogische Konzepte gewinnen.

Der Bildungspolitische Sprecher ging auch auf die anstehende Reform der Hauptschule ein, von der er nichts hält. Die vorgesehene Modulierung in die Bereiche Wirtschaft, Technik und Soziales sei nur ein weiteres Selektionsinstrument. Weder gebe es ein Konzept, noch die nötigen Fachlehrer, und: "Was macht eine nur zweizügige Hauptschule? Die kann ein Modul gar nicht anbieten." Besser sei es die Grundlagen zu vertiefen: "Es krankt im Rechnen und Schreiben, in Deutsch und in der Fremdsprache." Das würden viele Lehrer der FOS bestätigen, und hier sollte der Hebel angesetzt werden .