Neuburg
Schönster Swing aus den 30er Jahren

"Salonorchester Cassablanka" überzeugt in der Rennbahn - Silvia von der Grün wie Hildegard Knef

29.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:29 Uhr
Schwelgen im Sound der 30er Jahre: das Salon- und Jazzorchester Cassablanka im Rennbahn-Saal. −Foto: Foto: lm

Neuburg (lm) Kurz und bündig: Man kann Alexander Großnick nur zweimal zustimmen in dieser seiner Einschätzung: "In den zehn Jahren sind wir besser geworden.

" Stimmt. Und "Wir haben uns den Spaß an der Musik erhalten. " Auch das hörte man beim Zehnjährigen jetzt von Cassablanka im sehr gut besuchten Rennbahn-Saal.

Falsch, und das sehr wohl so gewollt, ist nur der Name. Natürlich schreibt sich die nordafrikanische Küstenstadt anders, das Schmacht- und Sehnsuchts-Feeling indes, das sich irgendwie unwillkürlich mit dem Namen verbindet, haben die Musiker um Alexander Großnick bestens drauf. Ob die Zeiten wirklich so gut, es gar goldene Jahre waren, steht auf einem anderen Blatt. Entertainment ist alles, und das ganze Unterfangen bei allem Ernst im Anspruch auch mit einer leicht ironischen Untertönigkeit zu begleiten, tut dem Auftritt von Cassablanka nur gut. Die pekuniäre Anspielung ist auch ohne spezifische Österreich-Sprachkenntnisse schwerlich zu überhören. Um reich zu werden, wird man sich auch nicht unbedingt die Musik als Hobby aussuchen müssen. Wie bereichernd fürs Good-Feeling-Adrenalin zwei Stunden Cassablanka auch sind.

Alexander Großnick, Peter von der Grün und Verena Gutsche (mehrheitlich Saxophon), Gerhard Hörmann (Trompete), Christian Rehm (Posaune), Brigitte Pettmesser (Klavier), Heinrich Mayer (Bass) und Florian Herrle (Schlagzeug) machen gute Musik. Die Arrangements sitzen einfach, treffen den spezifischen Charakter der einzelnen Stücke und sind so gesetzt, dass die Musiker sie spielen können. Ehrgeiz ohne falschen Ehrgeiz - auch das ist eine Kunst.

Für Alexander Großnick und wohl die mehreren Mitglieder seiner Formation gilt: Sie kommen aus der Blasmusik, Großnick selbst war bei der Lauinger Stadtkapelle groß geworden, und das eine oder andere Gesicht meint man auch aus anderen Formationen zu kennen. Allen aber hat es irgendwie der Bigband-Sound es angetan. Cassablanka, erzählt Großnick, war zunächst nur ein temporäres Projekt. Mal Neues, vieleicht auch ein Stück weit sich selbst auszuprobieren. Aber das "Projekt" trägt, verfängt jetzt schon respektable zehn Jahre. Was man durchaus einen Glücksfall nennen darf. Blasmusik ist doch ungleich präsenter, Gaudi-Musiken gibt's etliche, dass es auch nicht-krachert geht, da wird es schon entschieden rarer. Das Wort "gepflegt" klingt jetzt so altmodisch, trifft die Sache aber im Grunde genau: eine Sache mit Hingabe pflegen.

Die Unterhaltungsmusik der Vorkriegszeit erreichte nicht selten Kunst-Niveau. Es war die Zeit der großen Revuen, bis die Aufgabe - durchaus auch der Ablenkung - immer perfekter, illusionistischer der Film übernahm. Parallel dazu die großen Ballrooms in den Vereinigten Staaten, von denen später das "Stompin at the savoy" von Benny Goodman ganz wörtlich erzählt. Im Nachkriegsdeutschland standen diese "modernen", längst auch melancholisch-legendären Swinging-Rhythmen für eine neue Zeit. Auch diese Musik hat sich Cassablanka längst angeeignet, und so erlebt man am Samstag quasi ein Doppelkonzert, Ufa-Klassiker, Peter Kreuder, Paul Lincke, Will Meisel im ersten Teil.

Ganz wie Hildegard Knef singt Silvia von der Grün mit so schön verrauchter Stimme von dem Heimweh nach dem Kurfürstendamm. Cole Porter dann, Benny Goodman, George Gershwin und ganz viele Erinnerungen an Frank Sinatra - aus dem Salonorchester wird jetzt eine Swing-Bigband.

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