Köln
Schnell, bunt und grell

Die unterhaltsame Netflix-Serie "How to Sell Drugs Online (Fast)"

18.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:28 Uhr
Entwickeln ihre Geschäftsidee: Moritz (Maximilian Mundt, links) und sein Kumpel Lenny (Danilo Kamperidis). −Foto: Netflix

Köln (DK) "Wenn man im Internet im großen Stile Drogen verkauft, sollte man eine Sache auf gar keinen Fall machen: wildfremden Leuten davon erzählen", sagt Titelheld Moritz zu Beginn und ergänzt lächelnd: "Außer natürlich Netflix ruft an und sagt, sie wollen eine Serie über dein Leben machen". Ein witziger Einstieg in die Serie "How to Sell Drugs Online (Fast)", die klar die Generation Z als Zielpublikum im Auge hat.

Wenig später gibt Moritz genau diese Begriffe in die Suchmaschine auf seinem Laptop ein - schon weiß er es. Für das ältere Publikum - laut Moritz alle Menschen, die vor 1990 geboren sind - taucht Jonathan Frakes, Moderator der Mysteryserie "X-Factor: Das Unfassbare", in Folge 2 auf und erklärt das Darknet. Übrigens ein wiederkehrendes Element, denn in fast jeder Folge wird etwas in wechselnden Formen erklärt - unter anderem wie sich die bunten Pillen, mit denen hier gehandelt wird, zusammensetzen und wie sie wirken. Für Zuschauer, denen das bekannt ist, gibt es den "Skip"-Button, um die Erklärung zu überspringen - originell!

Die Idee zur Serie stammt von Matthias Murmann und Philipp Käßbohrer von der bildundtonfabrik, die auch Jan Böhmermanns "Neo Magazin Royal" und "Kroymann" produzieren, und ist inspiriert von einer wahren Story. Vor Jahren verkaufte ein 18-Jähriger, der sich Shiny Flakes nannte, übers Netz Drogen in seinem heimischen Online-Shop. Er flog auf und wurde verurteilt. In der Serie ist es der Nerd Moritz, der mit seinem im Rollstuhl sitzenden Kumpel und Hacker-König Lenny einen Online-Drogenhandel im Kinderzimmer aufziehen. Treibende Kraft dabei ist Moritz, der kaum Freunde hat, im Anorak durch die Gegend läuft und von heftigem Liebeskummer geplagt wird. Seine Freundin Lisa ist nach einem Jahr Schüleraustausch aus den USA zurück und hat ihm den Laufpass gegeben. Jetzt flirtet sie mit Dan, einem smarten Schönling, der auf Partys Drogen vertickt. Um ihn bei Lisa auszustechen und durch die Begegnung mit dem schrägen Dorfdealer Buba (herrlich: Bjarne Mädel darf hier dem Affen so richtig Zucker geben) hat Moritz die Idee zum Onlinehandel im großen Stil - erst im Darknet, später dann auch im frei zugänglichen Web.

Sechs Folgen lang geht der Spaß, der in pfiffiger Weise versucht, die heutige Kommunikation, die ja oft nonverbal abläuft, zu visualisieren. Whats-App-Nachrichten, Wikipedia-Artikel, Instagram-Posts und Chats werden eingeblendet, die beiden Regisseure Arne Feldhusen ("Stromberg") und Lars Montag ("Einsamkeit und Sex und Mitleid") nutzen das TV-Bild für alle Formen, das sorgt für Tempo und Frische.

Die Serie beginnt schnell, bunt und grell, doch ein wenig scheint ihr nach den ersten Folgen die Luft auszugehen. Was aber bleibt sind die vielen liebevollen Details, die schönen Zitate - auch die berühmte Jerry-Lewis-Luft-Schreimaschinen-Szene ist dabei - und die teilweise pointierten Dialoge in dieser Coming-of-Age-Geschichte im Social-Media-Zeitalter. "How to Sell Drugs Online (Fast)", dritte deutsche Eigenproduktion von Netflix nach "Dark" und "Dogs of Berlin", ist kein großer Wurf, aber ein unterhaltsam-freches Porträt der Generation Z - mit frischen Gesichtern (Maximilian Mundt als Moritz und Danilo Kamperidis als Lenny).

"How to Sell Drugs Online (Fast)", Netflix, alle sechs Folgen abrufbar.
 

Volker Bergmeister