"Der
Schnarch und Schleich

23.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:38 Uhr

"Der Tag kann gar nicht schlecht werden", sagte gestern Morgen mein münsterländischer Mitbewohner bei seiner ersten Zigarette auf dem Balkon. Mit Blick zum Genfer See. Tatsächlich ist Sommer in Évian und die Welt auf dem Planeten Balla-Balla sieht gleich viel fröhlicher aus.

Aber mein Kollege hatte die Rechnung ohne die DFB-Pressekonferenz gemacht, denn da erschienen um halb elf am Morgen die Herren Sorg und Schneider, beides Co-Trainer von Jogi Löw. "Wenn du einen guten Satz von denen herauskitzelst, der sich senden lässt, gebe ich dir einen Zehner", hatte mir ein Kollege vom Südwestrundfunk versprochen. Er wusste, dass sein Risiko gering ist. Schneider zur Lage: "Wir sind froh, im K.o.-Modus zu sein." Schneider zu Kimmich: "Es ist offensiv sehr lauffreudig, aber Höwedes hat das vorher auch gut gemacht." Schneider zum Gegner: "Wir sind froh, dass wir wissen, gegen wen wir spielen." Schneider zur Slowakei: "Eine lösbare Aufgabe, die wir lösen werden." Schneider zu den Aussichten: "Man muss jeden Gegner besiegen, wenn man Europameister werden will." Sorg zum Problem der Chancenverwertung: "Wir müssen die Anzahl der Torchancen weiter erhöhen, dann ist die Chance alleine schon mathematisch größer, Erfolg zu haben." Sorg zu der Stimmung im Team: "Der Mannschaftsgeist beeindruckt mich." Spätestens nach zehn Minuten fiel mir eine Reminiszenz ein. Ein Begriff, der bei der EM 2008 die Runde machte: "Die Brüder Schnarch und Schleich." Gemeint waren die Innenverteidiger Per Mertesacker und Christoph Metzelder, wobei bis heute nicht geklärt ist, wer für welchen Begriff stand. Gestern war das einfacher: Schnarch gilt für beide Herren und schleich? Das Ende der Pressekonferenz war eine Erlösung. Und die zehn Euro vom Südwestrundfunk? Nee, mit denen konnte ich nicht kalkulieren. Die Hürde war von Anfang an zu hoch.

Wolfgang Stephan berichtet in einem Tagebuch von der EM in Frankreich.