Neuburg
"Schnapsidee mit gehöriger Portion Dummheit"

Sachbeschädigung bei versuchtem Ausbruch aus Justizvollzugsanstalt in Neuburg: Zwei Männer zu Freiheitsstrafen verurteilt

04.04.2019 | Stand 02.12.2020, 14:17 Uhr
  −Foto: Schanz

Neuburg (krk) Ein versuchter Ausbruch aus der Neuburger Justizvollzugsanstalt hat zwei Männer am Donnerstag auf die Anklagebank des Amtsgerichts gebracht.

Verantworten mussten sie sich aber wegen Sachbeschädigung. Mit Essbesteck sowie Teilen von Sportgeräten hatten sie im November 2017 angefangen, ein Loch in die Decke ihrer Zelle zu brechen. Für ein paar Stunden werkelten sie damals an dem Mauerwerk herum. Der entstandene Schaden: rund 100 Euro.

Er könne es sich selbst nicht erklären, es sei einfach eine impulsive Handlung gewesen , ließ einer der beiden Angeklagten, ein 65-jähriger Schausteller, über seinen Verteidiger Franz Wittl erklären. "Er räumt die Vorwürfe ein, es tut ihm leid und er hat auch bereits 100 Euro an die Staatskasse überwiesen", sagte der Anwalt. "Den Ausdruck Schnapsidee haben Sie mir schon vorweggenommen, ich hoffe aber im übertragenen Sinn und Sie waren nüchtern? ", meinte Richter Christian Veh gegenüber dem 65-Jährigen, der mit dem Kopf nickte. "Es gibt ja immer wieder welche, die einen ansetzen - das soll ja grauenhaft schmecken, habe ich gehört", kommentierte Veh. Auch der zweite Angeklagte, ein 27-jähriger Auszubildender, räumte die Tatvorwürfe über eine Erklärung seines Verteidigers Felix Dimpfl ein. "Es war eine Dummheit, er wollte an Weihnachten zu Hause bei seiner Familie sein, seine Haftentlassung wäre in drei Monaten gewesen. "

Ein Justizvollzugsbeamter berichtete im Zeugenstand, dass der 65-Jährige alles sofort gebeichtet habe, als er und seine Kollegen zur Frühstücksausgabe kamen. Ein weiterer Häftling in der Zelle sei irgendwann aufgewacht und hätte die beiden Angeklagten zum Aufhören bewogen. Den Schaden am Mauerwerk habe die JVA in Eigenregie behoben, ein handwerklich begabter Gefangener habe dabei geholfen. "Die können doch froh sein, dass wir sie quasi darauf hingewiesen haben, der Mörtel und so, das war ja alles locker", meinte der 65-jährige Vater von sechs Kindern. "Also bitte, es ist jetzt nicht so, dass Sie das bayerische Verdienstkreuz bekommen, nur weil sie auf Mängel hingewiesen haben", konterte Veh. "Das ist schon ein starkes Stück, das hier passiert ist", sagte Staatsanwalt Frank Nießen. "Mit einer gehörigen Portion Dummheit und die überwiegt hier", ergänzte Wittl.

Richter Veh verlas die Vorstrafen der Männer - wobei er bei dem Schausteller etwas länger brauchte. Insgesamt 26 Einträge zählte er auf, angefangen mit mehreren Diebstählen, Beleidigungen und Körperverletzungen in den 1970er- und 1980er-Jahren über Vergewaltigung und unerlaubter Abfallentsorgung in den 1990er-Jahren bis hin zu weiteren Delikten wie Fahren ohne Fahrerlaubnis in den 2000ern. Er häufte mehrere Jahre Haft an, zuletzt 30 Monate wegen Körperverletzung, die er noch immer absitzt. Auf das Konto des 27-Jährigen gehen sechs Einträge, darunter Körperverletzungen, unerlaubter Waffenbesitz, Sachbeschädigung sowie mehrere Diebstahlsdelikte, wofür er zuletzt zwei Jahre Freiheitsstrafe verbüßen musste.

Staatsanwalt Nießen forderte in seinem Schlussvortrag eine jeweils sechsmonatige Freiheitsstrafe. Die Angeklagten seien zwar geständig gewesen, hätten Schuldeinsicht und Reue gezeigt. Aber bei der Tat hätten sie durchaus kriminelle Energie bewiesen, "wenn auch dilettantisch" und hätten zudem "massive Vorstrafen". Die beiden Verteidiger forderten jeweils ein mildes Urteil in Form einer Geldstrafe. "Es war eine dumme Idee, die im Augenblick geboren und nicht von langer Hand geplant war", argumentierte Wittl. Die Vorstrafen seien nicht zu vernachlässigen, "aber der geringe Schaden ist ein erhebliches Argument für die Strafzumessung", sagte Dimpfl. "Und sozusagen ein versuchter Rücktritt vom untauglichen Versuch. "

Richter Veh verurteilte schließlich den 65-Jährigen zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe, den 27-Jährigen zu sechs Monaten. "Das war eine vollkommen blödsinnige Idee, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. " Die Männer hätten aber nicht nach fünf Minuten mit ihrem Vorhaben aufgehört, "sondern schon ein paar Stunden herumgewerkelt". Die Sachbeschädigung sei der Grund für die Anklage, "denn ein versuchter Ausbruch alleine ist nicht strafbar".