Mühlbach
Schmuckstück mit Juracharme

Nach der umfassenden Sanierung lebt Familie Martiny in der Obermühle in historisch-moderner Atmosphäre

20.08.2020 | Stand 02.12.2020, 10:43 Uhr
  −Foto: Erl

Mühlbach - Die Obermühle in Mühlbach bei Dietfurt ist mit ihrer hellen Fassade und dem neuen Kalksteinplattendach samt restaurierten Nebengebäuden ein Schmuckstück im Ortsbild, keine Frage.

Wer das historische Jurahausensemble aus dem Jahr 1812 vor der aufwendigen Sanierung gesehen hat, hätte sich jedoch kaum vorstellen können, dass hier jemals wieder eine Familie wohnen könnte.

Die Bruchsteinwände des in den Hang gebauten Wohnhauses gleich neben dem Mühlteich waren bis hoch zur Zimmerdecke grün vor Schimmel. Quer durch den Stubenboden zog sich eine Rinne, um das eindringende Wasser abfließen zu lassen und die massiven Deckenbalken in den Fehlböden hatten die Konsistenz von Schnupftabak. "Die Renovierung war eine gewaltige Aufgabe, aber nun fühlen wir uns sehr wohl in diesen alten Mauern", unterstreicht Agnes Martiny. Zusammen mit ihrem Mann Harald Bauer und den Töchtern Laura und Emilia bewohnt sie seit dem Abschluss der Renovierung im Jahr 2015 das imposante Mühlenensemble.

Ihre Familie hatte das Anwesen 2006 erworben. Nachdem Mutter Eva Martiny die Vorsitzende des Jurahausvereins ist, wurde umgehend mit den Vorbereitungen zur fachgerechten Renovierung begonnen. Der Jurahausverein setzt sich für den Schutz der einzigartigen Jurahausarchitektur und den Erhalt der einst so landschaftsprägenden Jurahäuser ein. "Der Verfall eines Gebäudes ist wie ein Wasserrad. Um den Verfall zurückzudrehen, muss man das Rad erst anhalten", erinnert sich Agnes Martiny an die ersten Renovierungsjahre.

Das Gebäude war ohne Fundamente einfach in den Hangschotter und auf den blanken Erdboden gesetzt worden. Daher mussten die Mauern erst Meter für Meter mit einem Betonfundament unterfangen werden, bevor das Haus mit einer Drainage trocken gelegt werden konnte. Eine besondere Herausforderung, denn die gut 80 Zentimeter dicken Außenmauern waren in Schalenbauweise errichtet worden: Zwischen die innere und äußere Bruchsteinmauer wurde damals einfach Schutt eingefüllt. Auch die Böden im Hausinneren mussten komplett neu aufgebaut werden. Eine Wandheizung trägt nun zum Wohlfühlklima in den Räumen zusätzlich dazu bei, die Wände trocken zu halten. "Es ging uns ja nicht darum, so ein Gebäude als Museum zu erhalten, sondern die historische Bausubstanz und den jahrhundertealten Charme mit zeitgemäßem Wohnen zu vereinbaren", schildert die zweifache Mutter.

"Natürlich schlägt man sich anfangs auch mal den Kopf an einer niedrigen Tür an, wenn man gedankenverloren den Wäschekorb trägt. Aber das gibt sich", erzählt sie über ihre einzige "Kopfschmerz-Tür" im Haus. Natürlich ist hier nicht alles so kompakt angeordnet wie in einem modernen, funktional geplanten Einfamilienhaus. "Aber man kann auch alte Häuser an moderne Anforderungen angleichen und ein paar Treppen mehr stören mich nicht", lächelt Agnes Martiny. Als Ausgleich dazu kann sie mit ihrer Familie in einem höchst individuell gestalteten Haus wohnen. Die dicken alten Mauern geben ein behagliches Wohlfühlgefühl und obwohl nur die relativ kleinen alten Fensteröffnungen die Mauern durchbrechen, reflektieren die großen schrägen Fensterlaibungen erstaunlich viel Licht in die Räume. "Im Sommer haben wir im Erdgeschoss nie mehr als 22 Grad und im Winter ist es muckelig warm", erzählt die Hausherrin.

Die beteiligten Restauratoren haben einzelne historische Innenputze und Bemalungen wie als Fenster in die frühere Zeit an den Wänden belassen. Die Raumaufteilung richtet sich natürlich nach den Gegebenheiten, aber mit Wanddurchbrüchen, integrierten Stützkonstruktionen und der nötigen Fantasie samt Einfühlungsvermögen der Architekten wurde aus der Obermühle nach insgesamt neun Jahren Renovierungszeit ein höchst heimeliger Wohlfühlbereich für die junge Familie. In ihre geräumigen Zimmer darf sich die vierjährige Laura wie eine kleine Prinzessin in einem Schloss fühlen. "Mir gefällt das hier sehr gut und ich habe ein schönes großes Zimmer", strahlt das Mädel.

erv