Buch
"Schlagabtausch muss aufhören"

23.06.2010 | Stand 03.12.2020, 3:55 Uhr

Im Römer- und Bajuwaren-Museum wurde der Gast von Museumsleiterin Juliane Schwartz über den ersten "echten" Bajuwaren und den Limes informiert. - Fotos: mme

Buch (HK) Zu den Klängen des Bayerischen Defiliermarschs von der Blaskapelle Kipfenberg und eskortiert von den Feuerwehren aus Buch und Irlahüll zog ein sichtlich gut gelaunter Edmund Stoiber am Montagabend im Festzelt der Freiwilligen Feuerwehr Buch ein. Rund 600 Menschen waren gekommen.

Mit Edmund Stoiber habe man eine "überragende Persönlichkeit des politischen Lebens" für den CSU-Abend in Buch gewonnen, sagte Hubert Albrecht, der Ortsvorsitzende, der gemeinsam mit der CSU-Kreisvorsitzenden Tanja Schorer-Dremel den Gast willkommen hieß.

Stoiber nutzte seine etwa 70-minütige Rede zu einem Rückblick auf die bewegte Geschichte Deutschlands. Nur durch einen gemeinsamen Kraftakt sei das Land nach zwei Kriegen wieder nach oben gekommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe sich eine enorme Kehrtwende vollzogen. Die europäische Einigung sei "unendlich" positiv für die Deutschen.

Der ehemalige Ministerpräsident sprach weiter über den Euro und die Währungsstabilität, Finanzmarktsteuer und Bankenabgabe, über die Ängste der Bevölkerung, über Werte im Allgemeinen und das Verhältnis zur Türkei im Besonderen.

Und natürlich über seine Verdienste um Bayern im Speziellen und seine rund 20-jährige Zeit in der Staatskanzlei. Und wie immer brauste der Applaus am stärksten auf, als er auf die Probleme mit Griechenland einging und der Türkei nur eine privilegierte Partnerschaft mit der EU, nicht aber eine Vollmitgliedschaft zugestand.

Er wolle nicht über die aktuelle Politik der Bundesregierung reden, hatte Stoiber eingangs versprochen. Dies gelang ihm jedoch nicht immer, und er sparte nicht an Kritik und deutlichen Worten. Er sei immer ein großer Euroskeptiker gewesen. Ohne gemeinsame Wirtschaft-, Steuer- und Finanzpolitik der EU eine Gemeinschaftswährung einzuführen, habe größte Bedenken bei ihm ausgelöst. Nun gelte es alles zu tun, um den Euro zu stützen und zu schützen. "Wir können es uns in Europa nicht länger leisten mehr auszugeben, als wir einnehmen", betonte der Ministerpräsident a.D. Aber er sagte auch an die Kanzlerin gerichtet: "Einspruch Euer Ehren, die Deutschen haben nicht über ihre Verhältnisse gelebt. Sie verhalten sich ökonomisch."

"Viele europäische Länder haben eine exorbitant hohe Verschuldung; das muss aufhören." Auch in weiteren wichtigen Fragen wie im Bezug auf Menschenrechte, Kinderarbeit und Ausbeutung bedürfe es einer geschlossenen Formation aller europäischen Staaten.

Ganz bestimmt, so Stoiber, mache die Politik in Deutschland gegenwärtig keine gute Figur. Wenn man schon eine Koalition auf Bundesebene habe, dürfe man sich nicht tagtäglich auf offener Bühne bekämpfen. Seinen Kollegen aus der aktiven Politik riet der CSU-Ehrenvorsitzende: "Politik ist nicht nur Unterhaltung, du musst dich auch mal gegen die Interessen einzelner Gruppen stellen." Insgesamt sieht Stoiber das Lot verrückt: Die Beliebtheitskurven der Politiker würden zu hoch bewertet. "Wer everybodys Darling sein möchte, wird bald jedermanns Depp sein." Er selbst, Stoiber, sei nie der beliebteste Politiker Deutschlands gewesen, dafür aber der respektierteste. Am Schuss gab es gebührenden Applaus aber keine "Edmund, Edmund"-Sprechchöre wie früher. So sehr er sich Stoiber rhetorisch auch ins Zeug gelegt hatte, gestenreich seine Rede untermauert und schließlich noch die Kipfenberger Blaskapelle dirigiert hatte: Die Stimmung im Festzelt blieb gelassen.