Roth
Schimmel, Spuren von Ratten und ein Zimmer voller Müll

Die katastrophalen Zustände in der Rother Einrichtung für wohnungslose Menschen sollen schnell beseitigt werden

07.02.2022 | Stand 11.02.2022, 3:34 Uhr
"Teils menschenunwürdige Bedingungen" hat Stadtratsmitglieds Martin Winkler (Die Partei) in dem Haus am Rother Kiefernweg für wohnungsloser Menschen festgestellt. Gegenwärtig wohnen dort fünf Männer und eine Frau. −Foto: Schmitt

Roth Die Unterbringung wohnungsloser Menschen in Roth soll sich so schnell wie möglich verbessern. Auf Initiative des Stadtratsmitglieds Martin Winkler (Die Partei) wird das Rother Ordnungsamt unverzüglich die notwendigen Arbeiten in dem Haus am Kiefernweg vornehmen lassen. Gegenwärtig wohnen dort fünf Männer und eine Frau.

"Bei einem Besuch in dem als ?gemeindliche Einrichtung' geltenden Gebäude haben wir dort teils menschenunwürdige Bedingungen festgestellt", berichtet Winkler. Er hatte sich den ehemaligen SPD-Bezirksrat Robert Schmitt aus Schwabach an seine Seite geholt. Schmitt gilt als Experte in Sachen "Hilfen für Wohnungslose". Bereits in den 1990er Jahren hatte er in Schwabach geholfen, die dortige Versorgung Wohnungsloser auf neue Beine zu stellen. Letztlich war es dann die Nürnberger Fachstelle für Wohnungslosenhilfe, die die Stadt Schwabach im Jahr 1999 zu einem Neubau samt der Einrichtung einer Stelle für soziale Betreuung bewegt hat. "Erst von da an hatte die Hilfe für Wohnungslose in Schwabach ein menschliches Gesicht", so Schmitt.

"Hohen Hilfebedarf": Dach über dem Kopf ist nicht genug

Ähnliches sei aus seiner Sicht nun auch für die Stadt Roth erforderlich. Wie Schmitt betonte, handelt es sich bei Wohnungslosen wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge häufig um Menschen mit psychischen Erkrankungen. "Sie haben einen hohen Hilfebedarf, dem allein mit einem Obdach nicht ausreichend Rechnung getragen wird", erklärte Schmitt.

Nach Ansicht Winklers weisen die ersten Ankündigungen des Ordnungsamtes in die richtige Richtung. "Ich bin sehr froh über diese Entwicklung", sagt Winkler, der vor allem den neuen Bürgermeister Andreas Buckreus (SPD) lobt. Es sei gut, dass er Buckreus unsere Anregungen ernst genommen und sich der Sache schnell angenommen habe, sagt Winkler. Auch das Rother Gesundheitsamt habe eingegriffen. "Denn bei unserem Besuch haben wir eine katastrophale Gemeinschaftsküche, einige Stellen mit Schimmel, kaputte Fenster, ein teils undichtes Dach, ein Loch in einer Außenwand, Hinweise auf Ratten und ein seit einem Jahr versiegeltes Müllzimmer festgestellt", berichtet Winkler. Das alles soll laut einer E-Mail des Ordnungsamts sobald wie möglich behoben werden. Die Küche ist bereits gereinigt worden. Winkler und Schmitt sehen hier aber eine weitergehende Verbesserung als erforderlich an.

Mit Blick auf den Hilfebedarf wohnungsloser Menschen verweist Schmitt auf eine Durchführungsverordnung der Bundesregierung. "Das ist seit 2001 geltendes Recht in der gesamten Bundesrepublik und dort ist exakt geschildert, welche Hilfen wohnungs- und obdachlosen Menschen zu gewähren sind", so Schmitt, der als Diplom-Verwaltungswirt Spezialist für den Vollzug solcher Gesetze ist.

In diesem Zusammenhang übt er auch heftige Kritik am Landratsamt und der Stadt Schwabach. "Nachweislich habe ich beim Landratsamt drei Mal und bei der Stadt Schwabach zwei Mal nachgefragt", so Schmitt. Das habe ergeben: "Den zuständigen Leuten ist diese Verordnung gar nicht bekannt", erklärt der Sozialexperte. "Also erhalten wohnungs- und obdachlose Menschen im Landkreis Roth und der Stadt Schwabach gegenwärtig nicht die Hilfen, die ihnen gesetzlich zustehen", wirft Schmitt den beiden Behörden vor. Das müsse sich ebenfalls so schnell wie möglich ändern.

Kritik an Landrat Eckstein und Schwabachs OB Reiß

Robert Schmitt übt deshalb heftige Kritik am Rother Landrat und dem Schwabacher Oberbürgermeister. "Eckstein und Reiß sind verantwortlich dafür, dass diesen Menschen gesetzesgemäß geholfen wird, getan aber haben sich dafür bislang offenbar gar nichts", greift er seine Genossen an. "Als Sozialdemokraten hätten sie an dieser Stelle doppelte Verantwortung", findet Schmitt und sieht die beiden SPD-Politiker hier in einer unselige Tradition. Als Grund für diese Einschätzung nennt er die "menschenunwürdigen Verhältnisse" in der Schwabacher Wohnungslosenunterbringung in den 1990er-Jahren, für die laut Schmitt der damalige SPD-Oberbürgermeister Hartwig Reimann die Hauptverantwortung trug.

"Dort gab es keine Heizung, kein warmes Wasser, keine Küchen und Bäder, zerbrochene Fenster und Schimmel an den Wänden", so Schmitt zu den beiden Blöcken im Stadtteil Vogelherd bis 1999. Familien seien Seite an Seite mit Alkoholkranken untergebracht worden und Kinder hätten unter diesen miserablen Entwicklungsbedingungen so stark gelitten, dass ihnen kein guter Start ins Leben gelungen sei. "Das war ein Slum, und den politisch Verantwortlichen war es egal", so Schmitt.

Hilfen habe die Stadt bis 1999 nur ganz sporadisch geleistet. "Sie waren weder systematisch noch am hohen Bedarf wohnungsloser Menschen oder der damals geltenden Bundesverordnung aus dem Jahre 1976 ausgerichtet", behauptet Schmitt, der von März 1990 bis September 1992 stellvertretender Leiter des Schwabacher Jugendamts war.

HK