Straßburg
Schildbürgerstreiche im Grenzgebiet

Deutsche Firmen klagen über Vorschriften in Frankreich Erste Signale eines Einlenkens aus Paris

01.01.2018 | Stand 02.12.2020, 17:00 Uhr

Wenn ein deutscher Elektrohändler in Frankreich eine Waschmaschine aufstellen lassen will, muss er dies vorab anmelden. - Foto: Thinkstick

Straßburg (AFP) "Schildbürgerstreich" oder "Bürokratiewahn"? Deutsche Firmen, die in Frankreich tätig sind, klagen über absurde Auflagen der Verwaltung im Nachbarland. Sogar von einer künstlichen "Rückkehr der Grenzen" in Europa ist die Rede. Nun lässt eine Mitteilung aus dem französischen Arbeitsministerium die deutschen Unternehmen auf 2018 hoffen.

Es geht um ganz alltägliche Fälle im Grenzgebiet: Etwa einen deutschen Möbelhändler, der einen Techniker nach Frankreich entsenden will, um dort bei einem Kunden eine Küche zu installieren - oder einen Elektrohändler, der eine Waschmaschine aufstellen lassen will. Seit 2015 schreibt die französische Regierung ausländischen Firmen in solchen Fällen vor, die Tätigkeit vorab bei der Verwaltung anzumelden - wer das versäumt, dem drohen saftige Geldstrafen. Damit will Paris Sozialdumping durch ausländische Arbeiter verhindern und Entsandte besser kontrollieren.

"Diese Bürokratie ist der falsche Weg", beschwert sich Maik Förster. Er leitet die Firma Stage Concept im baden-württembergischen Rheinau nördlich von Offenburg, die im Grenzgebiet Licht- und Tontechnik für Veranstaltungen anbietet. Die Formalitäten in Frankreich seien komplex und aufwendig, klagt er. So müsse er vor jeder Entsendung eines Mitarbeiters zahlreiche Angaben auf einer Webseite der Verwaltung machen - und das auf Französisch. Wenn ein Kunde zwei Tage vor einer Veranstaltung anrufe, reiche die Zeit nicht mehr aus, der Auftrag sei verloren. Er verstehe einfach nicht, warum man auf diese Weise die Grenzen in Europa wieder hochziehe, sagt Förster.

Wer die Angaben nicht macht, dem droht in jedem einzelnen Fall eine Verwaltungsstrafe von 2000 Euro. Da kommen schnell größere Summen zusammen: "Wir hatten einen Küchenverkäufer, der 8000 Euro zahlen musste", sagt Pascale Mollet-Piffert von der Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein in Lahr/Schwarzwald nördlich von Freiburg im Breisgau. Nach einer Umfrage ihrer IHK haben 30 Prozent der deutschen Firmen im Grenzgebiet deshalb ihre Tätigkeit in Frankreich eingeschränkt, die Hälfte klagt über "bürokratische Hürden".

Die französische Regierung beruft sich auf die Europäische Union und ihre Entsenderichtlinie von 1996, die trotz geplanter Änderungen vorerst weiter in Kraft ist. Allerdings stammen die Vorgaben zur nationalen Umsetzung aus Paris, genauer: von der früheren sozialistischen Regierung. Und die werden "rigoros" umgesetzt, wie Philippe Sold von der regionalen Arbeitsverwaltung in Straßburg versichert. Wenn die ausländischen Firmen ihre Einsätze nicht anmeldeten, hätten seine Kontrolleure einfach keine Handhabe. Die Kritik der deutschen Unternehmen an zu viel Papierkrieg auf Französisch lässt er auch nicht gelten: "Wir haben eben nicht unbedingt deutschsprachige Mitarbeiter", sagt Sold. Zudem könnten die Angaben auf der Webseite auch auf Englisch gemacht werden.

Viele deutsche Firmen im Grenzgebiet hoffen auf die Einsicht von Präsident Emmanuel Macron, immerhin ein bekennender Freund der EU. Aus dem Arbeitsministerium in Paris gibt es erste Signale eines Einlenkens: So strich das Ministerium kurz vor Weihnachten eine geplante Verwaltungsgebühr von 40 Euro, die die deutschen Firmen dann pro Antrag hätten zahlen müssen.

Und auch ein weiteres Zugeständnis deutet das Ministerium für 2018 an: Womöglich könnten die Prozeduren vereinfacht werden. Eine Anmeldung einer deutschen Firma für Tätigkeiten in Frankreich wäre dann erstmals ein ganzes Jahr lang gültig statt wie bisher nur für einen einzigen Einsatz.