Schieflage

Von Friedrich Stumpf

05.01.2021 | Stand 16.01.2021, 3:33 Uhr

Der Staat wird nun also auch Reiseunternehmer.

Der wegen Corona schwer angeschlagene Reisekonzern Tui - der größte in Europa - nimmt die steuerfinanzierte Milliardenhilfe nur zu gern an. Und es ist ein durchaus ehrenwertes Motiv der Bundesregierung, einem Touristikunternehmen mit mehr als 70000 Mitarbeitern über den pandemiebedingten Zusammenbruch des Reisemarktes hinwegzuhelfen.

Die reflexhaften Einwände der liberalen Markthüter, Staatsbeteiligungen seien ein ordnungspolitischer "Sündenfall", darf die Bundesregierung getrost ignorieren. Natürlich kann sich der Staat an Wirtschaftsunternehmen beteiligen. Bund und Länder haben das seit dem Zweiten Weltkrieg in großem Maßstab getan - und sind dem Aufstieg der Bundesrepublik damit nicht im Weg gestanden.

Die Frage ist, wie und wo sich der Staat unternehmerisch betätigen soll. Die Rettungsaktion für die Lufthansa geht wohl in Ordnung - als Infrastrukturunternehmen ist sie sicherlich systemrelevant. Auch für den Einstieg bei Hightech-Unternehmen wie CureVac oder Hensoldt gibt es gute Gründe.

Aber Tui? Ein Touristikkonzern kann wohl schwerlich Systemrelevanz für sich beanspruchen. Außerdem stellt sich sofort die Frage, was eigentlich mit den ganzen mittelständischen Betrieben ist, die vom Busunternehmer bis zum Hotelbetreiber ebenfalls existenziell von dem Totalstillstand der Reisebranche getroffen sind. Wer sichert ihnen das Überleben? Die Bundesregierung muss aufpassen, hier keine Schieflage entstehen zu lassen - und ihren Ausflug in den Tourismus möglichst begrenzt und kurz halten.