Schiedsrichter und Seelentröster

13.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:43 Uhr
Von ihrem Büro in der Riedenburger Grund- und Mittelschule aus steuern AWO-Leiter Jürgen Faget (links) und sein Stellvertreter Sebastian Müller die verschiedenen Angebote. −Foto: Fotos: Schmied

Riedenburg (DK) Integration durch Sport: So heißt das Projekt des Bayerischen Landes-Sportverbands, das die Arbeiterwohlfahrt an die Riedenburger Grund- und Mittelschule geholt hat. 13 Jugendliche haben sich an drei Tagen zum Minitrainer ausbilden lassen. Diese Aktion ist aber bei Weitem nicht die einzige, die unter dem Dach der AWO im Zuge der Offenen Ganztagsschule angeboten wird.

Der Fußball ist heute aus blauem Hartgummi. Der Spielfeldrand ist mit Langbänken markiert. Als Tore dienen Matten. Die Mannschaft? Die Fünftklässler der Riedenburger Grund- und Mittelschule. Und die Trainer? Die heißen Hannes Götz oder Anita Herzog und besuchen dieselbe Schule. Acht Jugendliche von der sechsten bis zur neunten Klasse beteiligen sich an der Minitrainerausbildung, die an drei Tagen in der schuleigenen Turnhalle über die Bühne geht. Dazu kommen fünf Schüler der Staatlichen Realschule. Integration durch Sport heißt das Projekt unter dem Dach des Bayerischen Landes-Sportverbands (BLSV). Jugendliche sollen dabei dazu motiviert werden, Verantwortung zu übernehmen und sich im Sport und am besten in Sportvereinen zu engagieren, so die Zielsetzung.

Auf Initiative der Arbeiterwohlfahrt (AWO), die in Riedenburg eng mit den ansässigen Schulen zusammenarbeitet und deren hiesiger Leiter Jürgen Faget sein Büro im ersten Stock der Grund- und Mittelschule hat, sind Anfang der Woche drei Dozenten in die Dreiburgenstadt gekommen, um den Kurs abzuhalten. "Die Teilnehmer lernen, kleine Gruppen selbstständig zu betreuen und Spiele mit ihnen zu machen", erklärt Ronja Fehler, eine der Kursleiterinnen. Mit von der Partie sind außerdem Katharina Schiel und Hamed Katari. Mit den angehenden Minitrainern erarbeiten sie, wie man ein Zirkeltraining auf die Beine stellt oder wie man ein kleines Fußballturnier angehen muss. Die Jugendlichen schlüpfen in die Rolle von Organisatoren, Schiedsrichtern, Trainern - und hin und wieder auch Seelentröstern. Die jüngeren Mitschüler sind da quasi die Versuchskaninchen, meint Fehler mit einem Augenzwinkern. "Für die Minitrainer ist das eine gute Übung, denn Erstklässler sind meist unkomplizierter als Fünftklässler. Wir haben also unterschiedliche Schwierigkeitslevel", sagt sie.

Der Kurs ist die Vorstufe für ein künftiges Trainerdasein im Sportverein vor Ort. "Ich will den Trainerschein machen. Mir macht die Arbeit mit Kindern Spaß", sagt Hannes Götz. Der 15-jährige Obereggersberger ist beim TV Riedenburg aktiv und besucht derzeit die neunte Klasse der Grund- und Mittelschule. Er ist selbst begeisterter Fußballer. Für die Zwillinge Alina und Anita Herzog aus Riedenburg ist Volleyball die Sportart Nummer eins, auch sie sind im Verein aktiv. Die 13-jährigen Achtklässlerinnen sind in Riedenburg die einzigen Mädchen, die sich am Minitrainerlehrgang beteiligen. "Wir machen mit, weil wir dann im Verein selber auf die kleineren Kinder aufpassen könnten", sagt Anita. Die Zugehörigkeit zu einem Sportverein ist aber keine Pflicht, wenngleich das ehrenamtliche Engagement in Sachen Vereinsarbeit durchaus durch das Projekt gefördert werden soll. "Aber mitmachen kann jeder, der Lust hat", betont Fehler.

Der Bereich Sport und Bewegung nimmt im Freizeitangebot der AWO an den Riedenburger Schulen breiten Raum ein. Federführend kümmert sich Fagets Stellvertreter Sebastian Müller um diesen Baustein des umfangreichen Gesamtangebots der Offenen Ganztagsschule - ein Konzept, dass die AWO seit gut einem Jahr in Riedenburg verfolgt. "Das heißt aber nicht nur Mittagessen und Basteln", betont Faget. Gerade jetzt, kurz vor den Sommerferien, sei viel Zeit für Projekte wie das des BLSV. Den ganzen Tag in der Schule sein: "Das heißt bis 16 Uhr", erklärt Faget weiter. Um Mittagsverpflegung und Hausaufgabenbetreuung herum reihen sich viele weitere Angebote. Kreatives, Handwerkliches, Aktionen in Zusammenarbeit mit Vereinen. Wie etwa Fischer machen Schule in Zusammenarbeit mit dem Riedenburger Altmühlfischereiverein vor ein paar Wochen. Faget ist selbst bei den Altmühlfischern aktiv. Müller ist Integrationsbeauftragter beim TV Riedenburg. Die Zusammenarbeit zwischen Schulen, AWO und Vereinen geht Hand in Hand.

Ein großer Vorteil ist laut Müller gerade im Bereich Sport und Bewegung, dass die AWO zwischen Oktober und April bis 16 Uhr die Schulturnhallen nutzen dürfen. Den Kindern mache das Spaß. "Manchmal müssen wir sie fast rausschmeißen", meint Müller und lacht. Integration durch Sport: Das heißt nicht nur, dass Kinder mit Migrationshintergrund Teil der Gemeinschaft sein sollen, sondern auch, sozial Benachteiligte mit ins Boot zu holen. Das Projekt des BLSV soll nicht zuletzt dafür sorgen, generell Leute für die aktive Vereinsarbeit zu begeistern, wie Müller betont. Diesen Aspekt hebt auch Bernhard Zierer, stellvertretender Schulleiter der Grund- und MIttelschule, hervor. "Ich bin selbst Vorsitzender eines Tennis-Clubs und weiß, wie wichtig das ist." Zierer freut sich, dass der BLSV an die Schule gekommen ist, um den Minitrainerlehrgang abzuhalten. Auch der AWO spricht er seinen Dank aus. "Die Zusammenarbeit ist sehr gut", erklärt er.

Kathrin Schmied