Schernfeld
Schernfeld verliert seine Poststelle

Niederlassung versorgte die Bevölkerung seit 1902 - Filiale war zum Schluss in Bäckerei untergebracht

16.09.2021 | Stand 21.09.2021, 3:34 Uhr
Die Post kam einst mit der Kutsche: Heimatkundler Rudi Hager geht davon aus, dass die Aufnahme in Schernfeld gemacht wurde. Es gibt aber auch Überlegungen, dass das Bild in Seuversholz entstand. Das Foto mit der Postkutsche ist im Archiv von Rudi Hager und im Schernfelder Archiv zu finden. −Foto: Bauer

Schernfeld - Die Gemeinde Schernfeld hat derzeit keine Poststelle mehr. 17 Jahre bot die Bäckerei Liepold die Postdienstleistungen an. Am 1. August schloss die Bäckerei. Seither gibt es keine Partnerfiliale der Post mehr. Die Post sucht nun geeignete Räume für eine Poststelle. Wie Bürgermeister Stefan Bauer (FW) mitteilt, hatte sie bisher keinen Erfolg.

Zur Erinnerung: Eine Poststelle in Schernfeld gibt es seit 1902. Aus der Pionierzeit berichten Sitzungsprotokolle der Bayerischen Kammer, dem "Landtag" des Königreiches Bayern. Über die 237. Sitzung vom 23. Januar 1902 schreibt der Abgeordnete Ziemer auf der Seite 581: "Auch in meinem Wahlkreis liegen einzelne Petitionen um Errichtung von Fahrposten bei der Generaldirektion vor. Es sind diese die Petitionen der Gemeinden Schernfeld, Sappenfeld, Workerszell, Rupertsbuch um Errichtung einer Fahrpost nach Eichstätt. Die Schaffung dieser Einrichtung ist in Aussicht gestellt." In diesem Zusammenhang heißt es auch "Kirchdorf Schernfeld".

Weiter steht im Protokoll der Kammer von 1902: "Ferner hat der Abgeordnete Ziemer befürwortet die Errichtung einer Postagentur in Schelldorf in Verbindung derselben mit Stammham und Kipfenberg." Schließlich wird am 1. Dezember 1902 in Schernfeld eine Postagentur eingerichtet, die durch Postbotenfahrten mit dem Postamt Eichstätt verbunden ist.

Dokumentiert ist, dass Andreas Stößl (1889-1958) Posthalter war. Sein Sohn Adolf Stößl (1929-1970) wird ebenfalls als Posthalter geführt. Nach dessen Tod übernahm 1970 seine Frau Sabina Stößl die Postagentur.

Am 18. März 1913 erhielt Schernfeld zudem eine öffentliche Sprechstelle. Beides, Post und Sprechstelle, wurden unter "Weberjackl" geführt. Weberjackl ist der Hausname von Stößl. 1971 wurde das alte Haus der Familie Stößl abgerissen und ein neues Wohnhaus errichtet, in dem für die Poststelle Räume integriert wurden.

Am 1. März 1961 hatte die Post die Niederlassung in Schernfeld dem Postamt Treuchtlingen unterstellt. Bis dahin war Schernfeld eine Amtsstelle des Postamts Eichstätt. Im Jahr 1970 wird aus Schernfeld, Sappenfeld, Schönau und Schönfeld die Gemeinde Schernfeld gebildet. Die postalische Angleichung an die kommunale Neugliederung erfolgt jedoch erst am 1. April 1981 im Zusammenhang mit dem Ruhestand des Poststellenleiters in Schönfeld (Schernfeld 2). Bis dahin wurden die Ortsteile Sappenfeld und Schönau und von Schönfeld versorgt. Michael Heil war bis zur Neustrukturierung der Post Zusteller für Schönfeld, Sappenfeld und Birkhof. Auch Lotte Heil war bei der Post beschäftigt. Sie holte die Post in Schernfeld ab und trug sie in Schönfeld aus.

Am 1. Mai 1978 schließt sich dann Workerszell der Großgemeinde Schernfeld an. Die Poststelle in Workerszell (Schernfeld 3) bleibt bestehen. 1978 wird Schernfeld mit dem bis dahin selbstständigen Postamt Eichstätt in die Oberpostdirektion München eingegliedert und dem Postamt Ingolstadt unterstellt. 1985 stellte die Poststellenleiterin Sabina Stößl zwar den Antrag auf Rente, blieb aber Poststellenhalterin. Martha Haberkern tritt später, bis 1989, ihre Nachfolge an.

1985 hatte das Postamt Ingolstadt den Schernfelder Bürgermeister Pius Zinner gebeten, bei der Suche nach neuen Räumen für die Poststelle behilflich zu sein. Die bisherigen Räume im Haus der Poststellenleiterin Sabina Stößl waren viel zu klein - es waren 23 Quadratmeter bei einem Bedarf von 54 Quadratmetern. Da keine geeigneten Räume gefunden werden konnten, wurde der Bürgermeister gebeten, eine Poststelle einzurichten. Zinner begann dann 1986 mit dem Bau eines Gebäudes, das er im Juni 1987 an die Post übergeben konnte.

Die Sparkasse Eichstätt bekommt 2007 im selben Haus Räume. Zuvor war sie ab 1972 im Gebäude der Firma Strobl untergebracht. Am 31. Dezember 2019 schließt die Sparkasse ihre Filiale in Schernfeld. Die fast 50-jährige Präsenz am Ort war damit beendet.

Die Fakten der Poststelle Schernfeld mit ihren drei Mitarbeiterinnen in dieser Zeit: Der Zustellungsbereich umfasst 52,2 Quadratkilometer mit etwa 2200 Einwohnern. Zu den Angestellten gehören Barbara Ferstl (1973-1998) und Afra Welser. Als Vertretung war noch Wally Klinger dabei. Die Post musste sortiert und ausgetragen werden. Der Schalter war 22 Stunden in der Woche geöffnet. 2004 schloss die Poststelle Schernfeld. Die Dienstleistungen wurden bis zum 1. August 2021 in die Bäckerei Liepold verlegt.

In der Pollenfelder Ortschronik ist nachzulesen, wie Nachrichten in den Zeiten vor der Postagentur weitergeleitet wurden. So wurden die Mitteilungen in Form von Briefen weitergegeben, entweder durch eigene Boten oder mit Hilfe von reisenden Kaufleuten, Pilgern, wandernden Mönchen oder Handwerkern. Zur Einrichtung einer allgemeinen und regelmäßigen Postverbindung in Deutschland kam es dann unter Kaiser Maximilian I. (1495 bis 1519).

EK