Ingolstadt
Schausteller aus Leidenschaft

Mit einem Holzkarussell begann vor fast 150 Jahren die Karriere der Familie Kreis aus Ingolstadt

24.05.2013 | Stand 03.12.2020, 0:06 Uhr

Mit Leidenschaft dabei: Der Ingolstädter Schausteller Fritz Kreis junior in seinem „Süßen Laden“. Der Wagen ist momentan beim Pfingstvolksfest aufgebaut. Auf dem Herbstvolksfest im vergangenen Jahr wurde er eingeweiht - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Schausteller zu sein, ist für Fritz Kreis junior ein Traumberuf. Durch seine Eltern, die ihn schon in jungen Jahren mit auf Volksfeste genommen haben und selbst Fahrgeschäfte betreiben, ist er zu diesem Beruf gekommen. Wie jedes Jahr sind sie auf dem Pfingstvolksfest, das am Sonntag endet.

„Für mich kam gar kein anderer Beruf in Frage“, sagt Fritz Kreis junior (40). Nach der Schule wollte der Ingolstädter keine Lehre anfangen, obwohl ihm das seine Eltern rieten. Für ihn war klar, dass er – wie viele Generationen der Familie vor ihm – Schausteller werden wollte. Bis jetzt hat er diese Entscheidung auch nie bereut: „Es ist mein Traumberuf, denn der Umgang mit den Menschen macht mir Spaß und es ist kein alltäglicher Job.“

Kreis betreibt einen Wagen, in dem er von gebrannten Mandeln, Erdnüssen oder Pinienkernen bis hin zu Schokofrüchten viele süße Sachen verkauft. Mit seinen vier Mitarbeitern steht er auch in Ingolstadt. Dabei ist er nicht der erste und auch nicht der einzige Kreis, der seinen Stand auf einem Volksfest aufbaut.

Mit einem selbstgebauten Holzkarussell hat 1867 für die Familie aus Ingolstadt alles angefangen. Der gelernte Schreiner Valentin Kreis kam irgendwann auf die Idee, selbst ein Fahrgeschäft zu bauen. Seither ist die Familie auf vielen Volksfesten in Bayern mit ihren Wagen unterwegs.

Heute werden diese allerdings nicht mehr selbst, sondern von einem Spezialisten gebaut. Kreis’ Geschäft „Der Süße Laden“, das im vergangenen Jahr auf dem Herbstvolksfest eingeweiht wurde, war besonders aufwendig. „Ich wollte etwas Außergewöhnliches bringen“, sagt er. „Dafür musste ich mich viele Stunden mit dem Hersteller und dem Maler zusammensetzen.“

Sein erstes eigenes Geschäft war aber eine Schiffschaukel, die er von seinen Eltern bekam. Das Baujahr dürfte um 1900 liegen. Auf dem Herbstvolksfest ist er mit ihr wieder in Ingolstadt vertreten. Die Schiffschaukel wird immer wieder in Sachen Sicherheit und Technik auf den neuesten Stand gebracht. Das geschieht vor allem im Winter, wenn die Volksfestsaison vorbei ist. An allen Geschäften sind in dieser Zeit Wartungsarbeiten und Reparaturen fällig. In der kalten Jahreszeit werden somit die meisten Investitionen getätigt. „Im Winter kann es schon mal knapp werden mit dem Geld“, meint Kreis. Aber dafür hat die Familie auf dem Christkindelmarkt in Ingolstadt noch einen Glühweinstand, um die kalten Monate zu überbrücken.

Trotzdem kann sich die Familie sämtlichen Komfort leisten. Im Winter lebt Kreis in einer Wohnung, die im Sommer leer steht, was aber kein Problem ist: „Da muss ich mich halt mit Plastikblumen begnügen“, sagt Kreis und lacht. Die Volksfestsaison verbringt er allein in einem Wohnwagen, der wie ein normales Zuhause eingerichtet ist. Es gibt sogar eine Klimaanlage, eine Kochnische und ein richtiges Bad. Mit zehn Metern Länge ist der Wohnwagen groß genug, um gemütlich darin leben zu können.

Viel Freizeit hat man nicht, zumindest im Sommer. Aber das macht Kreis nichts aus. „Am schönsten ist für mich, fröhliche Kinder mit strahlenden Augen über den Volksfestplatz laufen zu sehen“, sagt der Schausteller. „Außerdem muss man auf einem Volksfest keine Mark ausgeben, wenn man nicht will. Auch so kann jeder Spaß haben.“ Die Eltern Fritz senior und Christel Kreis betreiben ein Fahrgeschäft namens „Dschungelrallye“. Hier können die kleinen Besucher der Volksfeste auf einem Feuerwehrauto, Motorrädern oder einem Polizeiauto durch den Urwald düsen. Melanie Kreis, die Schwester von Fritz Kreis junior, verkauft in einem separaten Wagen Crêpes.

Ihr Sohn Moritz (9), der in die dritte Klasse geht, hilft auch schon manchmal ein bisschen mit. Wenn die anderen Mittagspause machen, dann darf er für eine halbe Stunde die Fahrchips bei der „Dschungelrallye“ einsammeln. Unter der Woche muss Moritz aber in die Schule gehen.

Das ist als Kind von Schaustellern gar nicht so einfach. Bedingt durch die Arbeit der Eltern geht er in einem Jahr auf etwa zehn verschiedene Schulen. „Zum Glück ist das kein Problem für ihn und er kommt in der Schule gut mit“, sagt Melanie Kreis. Regelmäßig schaut eine sogenannte Bereichslehrerin vorbei, um zu prüfen, ob der Bub trotz der häufigen Schulwechsel mit dem Lehrplan mitkommt.

Falls doch einmal Defizite auftreten sollten, gibt sie den Kindern Nachhilfe. „Bisher kam für uns ein Internat nicht in Frage, da er unserer Meinung nach noch zu jung ist.“ Bald ist Moritz mit der Grundschule fertig. Die Eltern hoffen, dass er auf die Realschule gehen kann.

Anders als sein Neffe hat Fritz Kreis in einer Pflegefamilie gelebt. Nur am Wochenende und in den Ferien konnte er seine Eltern besuchen. Schon damals hat es ihm Spaß gemacht, ihnen zu helfen. Und auch heute betreibt er seinen Wagen mit viel Freude.