Neustadt
Schaufensterpuppen murren nicht

Neustädter Martin Zirngibl hat ein meist buntes Hobby: Bodypainting

16.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr
Künstler Martin Zirngibl bei der Arbeit: Sechs Stunden und mehr dauert es, bis die Körpermalerei perfekt ist. −Foto: Scholtz

Neustadt (gsz) Martin Zirngibl ist vom 20. World Bodypainting Festival in Klagenfurt nach Hause zurückgekehrt. Sechs Tage lang war der Künstler aus Neustadt Teil der internationalen Szene der Körpermaler, bewundert von rund 3000 Besuchern. Seit zehn Jahren reist Zirngibl übrigens zu diesem Treffen.

Knapp 300 Teilnehmer aus aller Welt zog es an den Wörthersee: Knallbunte Fantasiewesen, märchenhafte Feen, angsteinflößende Zombies, mystische Mischwesen und Science-Fiction-Heldinnen beherrschten fast eine Woche lang die Straßen der Hauptstadt von Kärnten. Zusammen mit dem Publikum bewegten sie sich geschmeidig zu der Musik der mehr als 60 Bands, die die Shows auf den Bühnen begleiteten.

Die Sitzungen, in denen die Models von den Bodypaintern verwandelt werden, erfordern Geduld: Gut sechs Stunden dauert die Prozedur bis zum Kunstwerk vom Scheitel bis zur Sohle. „Das gilt für einfachere Malereien, bei sehr detailgenauen, die viel Technik und Können erfordern kann’s auch länger dauern“, sagt Zirngibl.

Von seinem Hobby Modellbau mit Schwerpunkt Science Fiction fand der gelernte IT-Experte zur Airbrush-Technik und schließlich zur Körpermalkunst. Denn auch dabei werden die hautfreundlichen und dermatologisch getesteten Farben mit der Spritzpistole dünn oder in mehreren Schichten auf die nackte Haut aufgetragen. Ausgestattet sind die Geräte von der Größe eines Kugelschreibers mit feinen Düsen, die auch filigrane Striche erlauben. Eine weitere Technik ist die mit Pinsel und Schminkschwamm, die Martin genauso perfekt beherrscht. Deshalb stoßen auch viele ausgebildete Visagisten zu den Bodypaintern.

Diese Künstler sind weltweit gut vernetzt, auch mit den Models und Fotografen, treffen sich doch die meisten immer wieder bei internationalen Wettbewerben, Workshops und anderen Veranstaltungen. „Eine tolle Szene, in der ich neben wunderbaren Künstlern auch viele gute Freunde gefunden habe“, schwärmt Zirngibl. Er selbst arbeitet ständig an seiner künstlerischen Entwicklung. Von Anfang an besuchte er den VHS-Kurs von Lena Quail. Die gebürtige Engländerin und Illustratorin von vorwiegend wissenschaftlichen Büchern, lebt und arbeitet seit vielen Jahren in Hienheim. „Bei ihr habe ich sehr viel gelernt“, sagt der Neustädter. Vor allem die Feinheiten des Porträts. Diese „Königsklasse der figürlichen Malerei“ gehört zu Zirngibls Lieblingen beim Zeichnen und Malen, obwohl er manchmal noch immer über die Nasen stolpert: „Da brauche ich oft mehrere Versuche.“ Ein anderer Dozent half dem ehrgeizigen Hobby-Künstler, sein perspektivisches Zeichnen zu verbessern: „Da lernte ich, wie man den optimalen Blickwinkel findet.“

Bei einem Besuch seiner Verwandten in den USA stieß er auf einen Maler, der einen Kurs in Fantasy-Kunst und Ölmalerei anbot, und meldete sich spontan an: „Eine Woche lang haben wir jeden Tag von 10 bis 23 Uhr an der Staffelei gesessen. Was ich da gelernt habe, war einfach gigantisch.“

Ausgerüstet mit diesen Erfahrungen hat Martin Zirngibl längst zu seinem künstlerischen Selbstbewusstsein gefunden: „Mittlerweile traue ich mir beim Zeichnen und Malen alles zu, schließlich mache ich das nun schon seit 20 Jahren.“ Da gibt es Zeiten, in denen er sich fast ausschließlich auf Bodypainting konzentriert und welche, die allein der Malerei und dem Zeichnen gehören. Auf der Leinwand gestaltet er seine meist futuristischen Motive am liebsten in Öl und Acryl, beim Zeichnen verwendet er Bleistifte mit unterschiedlichen Härtegraden.

Weil Zirngibl all seine Arbeiten von den Anfängen bis heute archiviert, kann er ganz genau seine Entwicklung verfolgen: „Da hat sich bei mir schon Einiges getan.“ Im Oktober reist er zur Bodypainting Trophy 2017, einem Wettbewerb, der im Rahmen des Beauty-Forums auf dem Messegelände in München ausgetragen wird. Das Motto heuer: „Welt der Wunder“.

Hauptberuflich will Zirngibl wie die meisten Kollegen in Deutschland seine Kunst allerdings nicht betreiben. Der Aufwand sei einfach zu hoch: „Da musst Du ständig auf den verschiedenen Veranstaltungen auch im Ausland präsent sein.“ Zudem sei es nicht einfach, geeignete Models zu finden. „Meine Freundin hat zu wenig Zeit und andere finde ich meistens nur übers Internet.“ Viele seien zudem nicht sehr zuverlässig. „Da kommt es schon vor, dass die einfach nicht erscheinen. Ein Disaster, vor allem, wenn man an einem Wettbewerb teilnimmt.“ Daheim probiert Zirngibl an Schaufensterpuppen, Torsos und Büsten. Die sind immer zur Stelle und lassen sich gerne und ohne Murren mehrfach wieder bemalen.

Mehr Infos unter www.mzirngibl.de