Schaufensteraktion

Von Richard Auer

25.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:30 Uhr

Die ganze Sache ist ein Musterbeispiel für Symbolpolitik: Wie erreiche ich mit geringstem Aufwand die größtmögliche Aufmerksamkeit für meine Botschaft.

Markus Söder, neuer bayerischer Ministerpräsident, ordnet an, dass in allen Behörden der bayerischen Staatsverwaltung Kreuze aufgehängt werden. Direkt im Eingangsbereich, damit jeder Besucher gleich beim Reinkommen sieht: Dies ist ein christliches Haus im christlichen Abendland.

Der Aufwand ist minimal und finanziell bestimmt günstig. Denn bei kurzem Nachdenken kommen für Söders Kruzifix-Erlass nur ziemlich wenige Amtsgebäude infrage. Rathäuser und Landratsämter sind - als Gebäude der kommunalen Selbstverwaltung - nicht betroffen, in bayerischen Schulen und Gerichten sind Kreuze schon seit jeher präsent, und zwar rechtlich sauber geregelt. Bleiben also noch die Eingangshallen von Vermessungs-, Wasserwirtschafts-, Forst- oder Finanzämtern. Und natürlich die bayerische Staatskanzlei in München. Die Staatskanzlei. Genau, dort hängte Söder am Dienstag demonstrativ das erste Kruzifix auf. Es stellt sich die ketzerische Frage: Hing in den letzten Jahren etwa keines in der Staatskanzlei. Oder wurde das vorher extra abgehängt für eine Schaufensteraktion. Was tut man nicht alles für ein Pressefoto, wenn man Markus Söder heißt und schon im Herbst Landtagswahlen bestehen muss.

Natürlich gibt es jetzt von allen Seiten Diskussionsbeiträge, was von diesem Söder-Projekt zu halten ist. Bayern diskutiert - aus heiterem Himmel - übers Kreuz. Das Thema ist wohlgemerkt nicht der christliche Glaube. Der spielt bei dieser Angelegenheit ausdrücklich keine Rolle, wie Söder in verblüffender Offenheit einräumt. Ihm komme es vielmehr auf "ein Bekenntnis zur kulturellen Prägung Bayerns" an. Man könnte auch sagen: Hier geht es ganz einfach um Folklore. Und noch mehr um Wählerstimmen. Das aber ist nichts Anderes als der Missbrauch eines zentralen religiösen Zeichens.