"Schaufenster der SPD"

22.11.2009 | Stand 03.12.2020, 4:28 Uhr

Für 20 Jahre Mitgliedschaft in der SPD bekommt Josef Lerzer (2. v. r.) aus Hilpoltstein Urkunde und Anstecknadel. - Foto:

Hilpoltstein/Roth (luf) Die SPD stecke auch angesichts niederschmetternder Wahlergebnisse den Kopf nicht in den Sand, im Gegenteil. Das hat die Kreisvorsitzende Christine Rodarius beim Tag der offenen Partei betont. Sichtbarstes Zeichen eines neuen Aufbruchs ist der Ort, wo sich das Geschehen abspielte: Die SPD hat ein neues Bürgerbüro bezogen.

Ein "Südseeparadies" ist die neue Heimstatt der Sozialdemokraten zwar nicht, wie das benachbarte Sonnenstudio an der Hilpoltsteiner Straße verheißt, in dessen frühere Räume die Sozialdemokraten gezogen sind – doch hoffen Büroleiterin Christine Appelt und ihr Team auf verstärkte Laufkundschaft.

Der Umzug sei als "Anfang vom Aufwärts" für die SPD zu werten, sagte die Schwabacher Landtagsabgeordnete Helga Schmitt-Bussinger. Ihr Kollege Thomas Beyer hob vor allem das große Fenster hervor, das zur Straße zeigt. Die neuen Räume sollten als Schaufenster der SPD dienen. Nach dem Gang in die Opposition auf Bundesebene sei es jetzt "genau der richtige Zeitpunkt, Flagge zu zeigen".

Am Eröffnungsabend allerdings konnte das Schaufenster seinen Dienst noch nicht verrichten, zu stark war der Andrang der vielen Sozialdemokraten aus dem Landkreis – das Fenster war durchgehend beschlagen. Die Enge zeige, "dass wir in der SPD zusammenrücken können", kommentierte Schmitt-Bussinger augenzwinkernd.

Eine große Portion Ernsthaftigkeit brachte allerdings Otto Semmler aus Wendelstein ein, SPD-Urgestein und ehemals Vizepräsident der Bundesanstalt für Arbeit. Seit 50 Jahren hat er sein Parteibuch, für diese Treue wurde er geehrt: Geradlinigkeit, Glaubwürdigkeit, Integrität und Einsatz – diese Dinge verkörpere Semmler, lobte Abgeordneter Beyer, "Dinge weswegen Menschen wie ich stolz sind, in der SPD zu sein".

Auf diesen Lorbeeren wollte sich Semmler aber nicht ausruhen, in einer kurzen Grundsatzrede sprach er den Genossen wie den Politikern aller Parteien im Lande ins Gewissen. "Man ruft die Bildungspolitik aus, ohne etwas zu tun", kritisierte er. Von dieser Showpolitik müsse sich die SPD distanzieren und sich mit Schülern und Studenten solidarisieren.

Solidarität sei auch in der Arbeitswelt stärker denn je gefragt, so Semmler. Für ihn als Gewerkschafter sei sie besonders wichtig. Ihm tue es bis heute leid, "dass wir damals die Arbeitsverwaltung zurückgedrängt haben", rief er. Die Aufgabe der bewährten Praxis, nur in tarifgebundene Arbeitsverhältnisse zu vermitteln, sei ein schwerer Fehler gewesen. Er sei gegen die fortdauernde Deregulierung und für einen starken Staat, denn nur mit diesem könne die Umverteilung von Reich auf Arm zufriedenstellend funktionieren.

"Noch nie hat dieses Land nach sozialdemokratischen Ideen so geschrien wie heute", pflichtete ihm Christine Rodarius bei, die Semmler eine CD mit Reden Willy Brandts schenkte. Eine Anstecknadel bekamen diejenigen, die vor 20 Jahren, in der Zeit des Zusammenbruchs der DDR, der SPD beigetreten sind. Damals habe sich die SPD im Osten sehr schnell gegründet, so Rodarius. Und sich – damals wie heute – "nie versteckt".