Riedenburg
"Schatz und Leuchte der Heimat"

Einst hat Atze Schmidt den Namen Riedenburgs ins Chinesische übersetzt – Heute schreibt er über die Zeit im Reich der Mitte

13.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:47 Uhr

Er hat Riedenburg ins Chinesische übersetzt: Jetzt ist der Weidener Journalist Atze Schmidt zurück in Deutschland. An seine Zeit im Reich der Mitte erinnert er sich gerne zurück - Foto: privat

Riedenburg/Rütenbrock (DK) Er hat 17 Jahre in China gelebt und über seine dortigen Erlebnisse ein Buch geschrieben. Den Weidener Atze Schmidt und das Reich der Mitte verbindet eine besondere Beziehung. Aber auch zu Riedenburg hat der Journalist ein nicht alltägliches Verhältnis – hat er die Dreiburgenstadt doch einst zu „Schatz und Leuchte der Heimat“ erklärt.

Jetzt hat sich Schmidt nach 19 Jahren erstmals wieder gemeldet.

Es war ein ungewöhnlicher Brief, der 1994 in die Redaktion unserer Zeitung geflattert ist. Schmidt war damals bereits mehrere Jahre in China als Lektor im Fremdsprachenverlag Peking tätig und hatte sich in seiner Freizeit mit der Übersetzung deutscher Städtenamen in chinesische Schriftzeichen und deren Bedeutung beschäftigt. Das Ergebnis für Riedenburg beeindruckte den Weidener so sehr, dass er die DK-Redaktion und in der Folge auch die Bürger darüber informiert. „Schatz und Leuchte der Heimat“ bedeuten die Schriftzeichen li-deng-bao, die für den Namen der Großgemeinde stehen. Dies sei, schreibt Atze Schmidt jetzt, „eines der schönsten Ergebnisse meiner chinesisch-deutschen Namensanalysen“. Sein ungewöhnliches Hobby setzte er sogar noch einige Jahre fort. Ein hübscheres Resultat als das von Riedenburg habe er jedoch nicht mehr gefunden, betont er.

Heute lebt Schmidt in dem emsländischen Dorf Rütenbrock und hat sich auch als Buchautor betätigt. „China tickt anders – Jahre einer intensiven Begegnung“ heißt sein Werk, das allerlei Brisantes und Kurioses über Schmidts 17 Jahre in Asien erzählt. Seine Reisen führten ihn bis an die Grenzen zu Vietnam und Pakistan, auf Wanderungen auf Abschnitten der Großen Mauer, die längst von Gesträuch und Getier als Biotop erobert sind, in ein Sexmuseum und in die umfangreichen Archive des Pekinger Verlags, in denen Material lagert, das Schmidt für einen Rückblick auf die Jahre des bizarren Kults um die Person Mao Zedongs nutzte.

Und er stieg Mao aufs Dach, einem riesigen aus Granit gehauenen Monument, dem allerdings die Schädeldecke fehlte. Wie Schmidt erzählt, hatten er und sein britischer Freund Rob das Denkmal westlich von Peking auf freiem Feld entdeckt. „Weit und breit war niemand in Sicht, also wagten wir das, was die meisten Chinesen wohl als eine Ungeheuerlichkeit empfunden hätten. Über Kragen und Ohr stiegen wir hinauf“, sagt er. Oben sei Mao „platt wie ein Brett“ gewesen. „Einiges an Vogelkot und angewehtem Erdreich hatte sich angesammelt. Irgendwann, so sagten wir uns, würden diesem Mao wohl Haare in Form von Gräsern sprießen.“

Wieder in Peking, habe er seinen chinesischen Kollegen arglos von der seltsamen Entdeckung erzählt und die Fotos gezeigt, worauf noch am gleichen Tag offizieller Besuch im Verlag erschienen sei. „Man erwartete, dass ich die Bilder abliefere, denn solche Fotos seien für das Ansehen Chinas nicht gut.“ Erst später kam der Reisende erneut in die Gegend. „Schon von Weitem sah ich, dass man Mao inzwischen verhüllt hatte. Mao einfach respektlos aufs Dach zu steigen sollte unterbunden werden. Die Anweisung dazu soll direkt aus der Hauptstadt gekommen sein.“