Wolfertshofen
"Sanftmütig und fast gar nicht störrisch"

Ralph Baumann hat das Eselwandern für sich und andere entdeckt

22.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:02 Uhr

Zusammen mit seiner Frau und sechs Eseln hat sich Ralph Baumann am Ortsrand des Breitenbrunner Ortsteils Wolfertshofen sein kleines Paradies geschaffen. - Foto: Sturm

Wolfertshofen (swp) "Wandern befreit Körper und Geist", sagt Ralph Baumann. Der Wolfertshofener hat eine besondere Methode entdeckt, um den Alltagsstress vergessen zu machen. Er wandert mit einem Esel und bietet auch geführte Eselwanderungen an.

Zusammen mit Ehefrau Christiane Heigl und sechs Eseln lebt er seit einem Jahr in dem Breitenbrunner Ortsteil. Am Dorfrand, in unverbaubarer Lage neben dem neuen Dorf- und Feuerwehrhaus, haben sich die beiden im August 2016 mit dem Bau eines Holzhauses einen Traum erfüllt. Direkt daneben leben in einem Offenstall aus Holz Luigi, Mario, Benjamin, Fred, Sina und Vroni. Wenn der selbstständige Architekt und die Sozialpädagogin und Musikerin von ihrem gemütlichen Sitzplatz neben dem Kaminofen durch die großen Glasfronten ihres Wintergartens hinaus schauen, dann schweifen ihre Blicke über eine rund 3500 Quadratmeter große, eingezäunte Koppel.

Mit diesen Grautieren, von denen schon eines an der Krippe des Jesuskindes gestanden haben soll, leben Baumann und Heigl schon seit acht Jahren zusammen. Heigl, ein passionierter Wanderer, dessen Leidenschaft dafür bei vielen Ausflügen mit dem Großvater in den Alpen geweckt worden war, kam irgendwann nicht auf den Hund als Begleiter, sondern auf den Esel. "Esel mit ihrem sanften Wesen lassen den Alltagsstress schnell vergessen", erklärt er. "Berge und Esel haben für mich eines gemeinsam: Ich kann den Alltag sehr schnell hinter mir lassen und mich entspannen", sagt er. Ehefrau Christiane teilt diese Leidenschaft. Für beide sind der Umgang und das Wandern mit Eseln "immer wieder beglückende und befriedigende Betätigungen".

Baumann verleiht seine kleine Herde auch als vierbeinige Begleiter. Gar nicht störrisch absolvieren sie Halbtages-, Tages- oder Mehrtagestouren. Eine davon führte heuer sogar von Wolfertshofen bis zum Plansee in den bayerischen Alpen. "Fast 100 Prozent aller Teilnehmer gehen nach einer Eselwanderung mit einem Lächeln nach Hause", so Baumann. 40 bis 50 Touren seien es pro Jahr.

Auch wenn die Wanderer eine gründliche Einweisung bekommen, bevor sie mit dem Esel losmarschieren, ist ihr Besitzer immer dabei.

"Des Esels Lieblingsbeschäftigung ist das Fressen", erzählt Baumann. Eine Regel lautet, die Esel nicht aus der Hand zu füttern, damit der nötige Respekt zwischen Mensch und Tier erhalten bleibt. "Esel sind schlaue Tiere, von Haus aus sehr neugierig und auf Menschen bezogen" so Baumann. In den ersten zehn Minuten einer Tour würden sie ihre Führer testen, in dem sie zum Beispiel hier und dort einen Stopp zum Grasen einlegen wollen. "Wenn du da nachgibst, hast du schon verloren", sagt ihr Besitzer. Grundsätzlich gelte es festzustellen, dass Esel wie Menschen Individuen sind. Jeder Teilnehmer an den Eselwanderungen werde daher den ein oder anderen besonderen Charakterzug an seinem Esel entdecken. "Ein respektvoller Umgang mit unseren Eseln ist uns sehr wichtig. Wir achten auf artgerechte Haltung und darauf, dass die Tiere nicht überfordert werden. Deshalb starten unsere Wanderungen in Wolfertshofen und enden dort wieder. Damit ersparen wir den Eseln den Stress und das Verletzungsrisiko beim Transport mit dem Anhänger. Dadurch sind unsere Grautiere sehr ausgeglichen, was sich beim Wandern auf uns Menschen überträgt."

Zum Schluss erinnert sich der "Eseltreiber", wie sich Baumann ab und an scherzhaft selbst bezeichnet, an seinen Umzug von Beratzhausen nach Wolfertshofen: "Meine Frau und ich sind mit unseren Eseln zu Fuß hierher gewandert. 40 Personen haben uns mit Musik, Blumenkränzen und Sekt empfangen, das war ein Wahnsinn." In Wolfertshofen zu leben, in einer intakten Dorfgemeinschaft, sei ein Glücksfall.