Sanfter Druck bis zur Lehrstelle

25.06.2009 | Stand 03.12.2020, 4:52 Uhr

Ansprechpartnerin und Anschieberin: Heike Grewe von der Gesellschaft zur Förderung beruflicher und sozialer Integration betreut an der Pestalozzischule ausgewählte Schüler der achten Klassen. Sie soll dafür sorgen, dass die Jugendlichen eine Lehrstelle bekommen. - Foto: Rehberger

Ingolstadt (DK) Seit dem Zwischenzeugnis haben Achtklässler der Hauptschule an der Pestalozzistraße eine Sozialpädagogin an der Seite. Sie hilft ihnen auf dem Weg zur Lehrstelle auf die Sprünge. Das Programm heißt Berufseinstiegsbegleitung und bringt viele Maßnahmen zusammen, die es bisher einzeln gab.

Stabilisieren, stützen, Ansprechpartner sein: So sieht die Aufgabe von Heike Grewe seit Februar an der Pestalozzischule aus. Die Sozialpädagogin ist keine Lehrerin, sie kommt von einer Tochter der Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz). 20 Achtklässler betreut Grewe an der Hauptschule, das ist die halbe Jahrgangsstufe. Sie kommen alle in Genuss eines Programms, das sie auf dem Weg zur Lehrstelle unterstützt.

"Das ist ein ganz neues Thema, das wir hier beackern", sagt Peter Kundinger von der Arbeitsagentur, die den Einsatz von Grewe und ihrer Kollegen finanziert. An sechs Hauptschulen (Geisenfeld, Lenting, Neuburg, Pfaffenhofen und Auf der Schanz sowie Pestalozzistraße) in und um Ingolstadt läuft das Projekt. Die Betreuung beginnt im Jahr vor dem Abschluss, also in der achten Klasse. Wenn die Hauptschüler eine Ausbildungsstelle finden, betreut Grewe sie noch bis ein halbes Jahr in die Lehrzeit. Klappt es nicht, sogar bis zu zwei Jahren nach Schulende.

"Frau Grewe wird nicht jeden Schüler zu 1,0 führen", sagt Kundinger. Nachhilfe sei auch nicht der Sinn. "Man darf von der Berufseinstiegsbegleitung nicht gleich von Anfang an Wunder erwarten", meint auch Schulrektor Klaus Bischoff. Ein Problem seien dabei die "überzogene Berufsvorstellungen einiger Schüler". Die Buben wollten alle zu Audi, die Mädchen möglichst Sprechstundenhilfe werden. Da würden Selbsteinschätzung und Anspruchsdenken schon sehr weit auseinander klaffen. Wenn sich die Jugendlichen überhaupt mit dem Leben nach der Schule beschäftigt haben, klagt Bischoff. Die Fragen "Was willst du? Was musst du dazu machen" hat sich kaum jemand gestellt.

Die soll Heike Grewe nun ergänzend zum normalen Unterricht mit den Achtklässlern intensiv klären. Dabei sind es grob überschlagen 200 Schultage, ehe die Jugendlichen nach dem Abschluss – wenn sie ihn schaffen – in die freie Wirtschaft hinaustreten müssen. Das Erwachen ist oft unsanft.

Grewe will es erst gar nicht so weit kommen lassen. Zwei Mal in der Woche ist sie an der Schule und holt sich die Achtklässler zu Einzelgesprächen herein. Dann gibt es Tipps und sanften Druck. Sandro zum Beispiel möchte zum Militär. "Geh’ mit der Mutter zum Beratungsgespräch zur Bundeswehr", hat sie ihm aufgegeben. Jetzt wird nachgefragt, wann er das gemacht hat. "Wichtig ist für die Jugendlichen, dass sie wissen, da ist jemand, mit dem sie reden können." Nachdem die Vorurteile nun abgebaut sind, hätten die meisten erkannt: Es ist nicht ein Programm für schwer Vermittelbare, sondern eine Chance, die Kurve zu bekommen.