Ingolstadt
Sanft prickelnder Sound

Das Brussels Jazz Orchestra gastierte im Ingolstädter Audi-Forum

13.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:03 Uhr

Der belgische Trompeter Bert Joris arrangierte die Musik des italienischen Pianisten Enrico Pieranunzi für das Jazz Orchestra. - Foto: Erl

Ingolstadt (DK) Allein schon das Wort "Brüssel" löst bei vielen Menschen in Europa nur mehr wenig Freude aus. Allerdings verknüpfen die allermeisten von ihnen damit vieles andere - nur nicht erstklassigen Jazz von engagierten Orchesterinstrumentalisten unter Leitung von international geschätzten Musikern. "Gute Nachrichten aus Brüssel sind in diesen Zeiten rar geworden", weiß auch Stephan Öri, Leiter des Audi-Forums, in seiner Einstimmung zum Konzert im Museum mobile. Die Bühne gehört an diesem Abend den 16 Musikern des Brussels Jazz Orchestra.

Diese Formation und ihr aktuelles Repertoire sind für Öri das beste Beispiel für gelungene europäische Integration - zumindest in Sachen Musik. Denn der belgische Trompeter Bert Joris hat die Musik des italienischen Pianisten Enrico Pieranunzi für dieses Orchester arrangiert, die nun mit dem Klang eines österreichischen Bösendorf-Flügels in Bayern gespielt wird. Sowohl der italienische Komponist als auch der Arrangeur sind an diesem Abend live mit dabei. Pieranunzi ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen Jazzkomponisten, und er hat viel dazu beigetragen, dem Jazz in seiner europäischen Ausprägung eigene Konturen zu geben. Nun sitzt er am Flügel und legt seine ganz besondere Note mit in den Klang der Big Band aus Belgien. Den sanften Tönen der Auftaktmelodie "Fellini's Waltz" ist anzumerken, dass ihre Wurzeln in der europäischen Klassik liegen. Die Strömungen der vergangenen Jahrzehnte finden sich dennoch in den Klangbildern wieder. Joris hat Pieranunzis Kompositionen zu einem sanft-prickelnden Big-Band-Sound arrangiert - natürlich mit einem gehörigen Pianoanteil und ausreichend Platz für seine Trompete.

Die ersten Stimmungsbilder spiegeln die Novembermelancholie des Regentages vor der Haustüre wider. Die Messingfraktion im Orchester bestimmt mit Saxofon, Posaunen und natürlich Trompeten den Sound, Bass und Drums sind im Wesentlichen für das Rhythmusfundament zuständig. Klanggestalter, Richtungsgeber und Tonsetzer im besten Sinne aber sind Pieranunzi am Flügel und die enorm nuancenreiche Solotrompete von Bert Joris.

Nach dem jahreszeitlich angemessenen Auftakt ins Programm schweift die Band akustisch in die lustvoll-frivolen Umbruchzeiten der 1970er- Jahre ab, in denen Filmemacher wie Fellini, Visconti und Sergio Leone den Komponisten Pieranunzi inspiriert haben. Joris hat ein ursprünglich für ein Trio komponiertes Stück von ihm für das Orchester neu arrangiert. In der Big-Band-Fassung ist Joris eine Erweiterung gelungen, die eine akustische Kuppel um seine vielfältig schillernden Soloparts aufbaut und ihm den Schweiß auf die Stirn treibt.

Bassist Jos Machel, Joppe Bestevaer am Saxofon und Posaunist Lode Mertens dürfen mit eigenen Soli glänzen, und auch im Orchester sitzen hervorragende Musiker, die im zweistündigen Konzert und natürlich im machtvollen Finale noch einmal die ganze Klangbreite und den homogenen Sound der Band ausspielen.