Pfaffenhofen - Im Grundschulalter hatte sie ein Poster über dem Bett hängen. Darauf zu sehen war ein kleines Mädchen auf dem Fahrrad, das zu einem Polizisten auf einem Motorrad hochschaut und fragt: "Du, wie wird man Polizei?" Heute ist die 40-jährige Sandra Landes als Polizeioberrätin Vize-Inspektionsleiterin der Polizeiinspektion Flughafen-München und mitverantwortlich für rund 200 Polizeibeamte, die dort ihren Dienst verrichten.
Ihre Karriere hat die Schweitenkirchenerin immer im Blick. Nach dem Abitur begann Landes ihre Ausbildung für den gehobenen Dienst zunächst bei der Bereitschaftspolizei in Eichstätt und schloss diese mit dem Studium an der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Fürstenfeldbruck ab, mit "nicht ganz schlechtem Ergebnis", wie sie schmunzelnd sagt.
Weil nach der Ausbildung eine sogenannte heimatnahe Verwendung vorgesehen ist, durfte die frischgebackene Kommissarin als stellvertretende Dienstgruppenleiterin in Pfaffenhofen erstmalig die Wirklichkeit im Polizeidienst kennenlernen. Nach zwei Jahren führte sie der Weg zum Polizeipräsidium München in den Bereich Staatsschutz und einige weitere Dienststellen, ein durchaus üblicher Weg, den angehende Führungskräfte zu absolvieren haben. Dort qualifizierte sie sich zum Studium für den höheren Polizeivollzugsdienst.
Nicht nur Karriere, auch die Familienplanung lag Sandra Landes am Herzen. Nach Geburt ihrer Tochter legte sie eine einjährige Babypause ein, ehe sie 2014 zum Studium für den höheren Dienst erneut an die Hochschule in Fürstenfeldbruck wechselte. In diesem Studium nahm sie nach einem halben Jahr erneut eine Babypause, weil ihr Sohn das Licht der Welt erblickte.
Der Verlauf des insgesamt zweijährigen Masterstudiums sieht ein Jahr an der bundesweit einzigen Hochschule der Polizei im nordrheinwestfälischen Münster vor. Viele Frauen im Polizeidienst stellt dies vor erhebliche emotionale Probleme, nur eine Wochenendbeziehung mit Partner und kleinen Kindern führen zu können, weshalb manche durchaus auf eine Fortsetzung ihrer Karriere verzichten. Dafür hatte Sandra Landes jedoch eine Lösung: Mit ihrem Partner und den beiden Kindern bezog sie für ein Jahr eine Wohnung in Münster. 2017 wurde sie nach erfolgreichem Abschluss als Kriminalrätin mit der stellvertretenden Leitung des Fachbereichs 1 im Bayerischen Landeskriminalamt betraut, und zwar in Teilzeit. Zum 1. Oktober 2020 erhielt sie die Stelle der stellvertretenden Leiterin der Polizeiinspektion Flughafen-München, ebenfalls in Teilzeit, zunächst im Modell des Jobsharings. Noch eher eine Ausnahme dürfte sein, dass diese Dienststelle von zwei Frauen geführt wird. Leitende Polizeidirektorin Kerstin Schaller, ebenfalls zweifache Mutter, hat die Leitung bereits seit März 2018 inne.
Die Polizeiinspektion Flughafen-München ist neben den polizeiüblichen Aufgaben wie Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und Verhütung und Verfolgung von Straftaten auch mit vielen Spezialaufgaben gefordert. So beherbergt sie im Keller die GAST/EPIC, eine gemeinsame Auskunfts- und Vermisstenstelle, die bei Katastrophen und Großschadensereignissen als Informationsstelle für die Bürger zur Verfügung steht. Schutzmaßnahmen und Sicherheitsaufgaben, zum Beispiel bei der jährlich in München stattfindenden Sicherheitskonferenz mit vielen ausländischen Staatsgästen, erfordern einen hohen personellen Aufwand.
Sandra Landes merkt an, dass seitens des Freistaates Bayern bereits viele Anstrengungen unternommen werden, um Teilzeit zu ermöglichen. Natürlich ist persönliche Flexibilität bei Führungsposition in Teilzeit wichtig. Das heiß diskutierte Problem mit der ungleichen Bezahlung von Frauen und Männern in der freien Wirtschaft gibt es im Beamtenstatus sowieso nicht. Sie hofft aber, dass sich der etwa 30-prozentige Anteil von Frauen bei der Polizei noch weiter steigern wird.
Sandra Landes freut sich, dass sie in ihrem Büro mit direktem Blick auf die Startbahn an einem der sichersten Flughäfen Europas mit Verbindungen in 75 Länder Dienst leisten darf und auch weiterhin Job und Familie unter einen Hut bringen kann. Ihre Fußballkarriere hat sie mittlerweile aufgegeben. Mit mehr als 200 Toren hat sie sich als Mittelstürmerin der Damenmannschaft des Sportvereins Geroldshausen über Jahre hinweg in die Herzen der Fans geschossen.
PK
Karl Ebensberger
