Ingolstadt
"Sag' ruhig, dass ich vorlaut war!"

Die Rektoren Josef Braun und Wilhelm Kaufmann, einst Klassenkameraden, gingen jetzt in Pension

29.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:29 Uhr

"Wir haben uns unsere Heiterkeit bewahrt", sagen Josef Braun (l.) und Wilhelm Kaufmann. Am Freitag - ihrem letzten Schultag - nahmen die ehemaligen Klassenkameraden für das Gespräch mit dem DK in der Grundschule an der Pestalozzistraße fröhlich auf einer Schulbank Platz. Ihr Resümee: "Wir haben beide das Glück, ganz ohne Frust und Groll in den Ruhestand zu gehen." - Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Sie haben beide 1971 am Reuchlin-Gymnasium Abitur gemacht und wurden Lehrer. Wilhelm Kaufmann leitete neun Jahre lang die Friedá †richshofener Volksschule, genauso lang war Josef Braun Rektor der Grundschule an der Pestalozzistraße. Jetzt gingen die beiden in den Ruhestand.

Der Beppi war als Schüler eher so der stille, zurückhaltende Typ, sagt der Willi. "Aber grenzenlos hilfsbereit - das ist er bis heute!" Und wie war der Willi früher so? "Er hat viel besser reden können, er war der deutlich Forschere", erzählt der Beppi. Kleine Ergänzung vom Willi: "Sag' ruhig, dass ich vorlaut war! Ich habe meinen Mund nie halten können." Da lächeln sie sich wissend an, der Willi - Wilhelm Kaufmann - und der Beppi: Josef Braun. Sie waren Klassenkameraden am Reuchlin-Gymnasium und haben dort 1971 Abitur gemacht. "Aber wir sind nicht nebeneinander gesessen, denn ich saß neben einem Mädchen", erzählt Kaufmann. Er hat 2007 die Leitung der Friedrichshofener Volksschule übernommen, Braun fing im selben Jahr als Rektor in der Grundschule an der Pestalozzistraße an. Jetzt gingen beide in Pension. Am Freitag hatten sie ihren letzten Schultag. Die Kollegen, die Kinder und viele Eltern - auch das haben der Willi und der Beppi gemeinsam - bereiteten ihnen einen herzlichen Abschied.

Die vielen netten Worte erleichtern ihnen den Übergang ins Pensionistendasein. "Mich freut auch immer ganz besonders die Dankbarkeit der Kinder!", sagt Braun. "Ihr Lächeln, wenn man ihnen helfen und sie aufbauen konnte - das war immer das Schönste!" Denn das Kind - so lautet sein oberster pädagogischer Grundsatz - "muss im Mittelpunkt stehen!". Wenn man ein Kind verstehe, "erleichtert das einem auch die Arbeit", sagt Braun. "Der Beppi ist einfach immer der liebe Lehrer", merkt da sein alter Klassenkamerad an. Josef Braun lächelt bei diesen Worten nur still; er ist nach wie vor eher der zurückhaltende Typ.

Und Wilhelm Kaufmann tut sich bis heute mitunter schwer damit, länger innezuhalten - aber er will auch gar nicht anders sein. "Ich bin froh, dass ich die Verwaltungsarbeit jetzt hinter mir habe, doch ich werde auch weiterhin zu vielen Leuten freundschaftliche Beziehungen pflegen - das habe ich immer schon, über das Dienstliche hinaus, das ist einfach meins!" Mit seiner offenen Art erfüllt er auch eine wichtige Voraussetzung für die Leitung einer Schule: "Als Rektor muss man grenzenlos kommunikationsfähig sein. Man muss in der Lage sein, den ganzen Vormittag mit Eltern, Schülern und Kollegen zu reden. Wenn man dazu nicht fähig ist, kann man diesen Beruf nicht ergreifen. Denn ich kann mich ja nicht in meinem Büro verstecken."

Der Lehrerberuf ist aus vielen Gründen anspruchsvoll. Er erfordert etwa hohe Sensibilität für soziale Unterschiede, um benachteiligte Schüler so gut wie möglich unterstützen zu können - Kinder, "die vom Elternhaus nicht die Förderung bekommen können wie Kinder aus der Mittelschicht", berichtet Braun. Eine Herausforderung ist der hohe Anteil von Schülern aus Migrantenfamilien (darunter einige Flüchtlingskinder), an der Pestalozzistraße sind es gut 70 Prozent. Der Rektor sieht hier eine Motivationsquelle: "Es ist schön, wenn man da helfen kann und ihnen das Gefühl gibt, dass sie jetzt in einem Rechtsstaat sind." Kaufmann merkt grundsätzlich zum Schulleben an: "Ohne die Hilfe der Verwaltungsangestellten, die man in angemessener Stundenzahl brauchen würde" - mit der Betonung auf "würde" -, "geht es nicht, alle Aufgaben zu erfüllen".

Trotz so mancher Belastung ist Lehrer ihr Traumberuf, da sind sie sich einig. Dabei wollten beide als Schüler tatsächlich erst Priester werden. Kaufmann kam bald davon ab. "Wegen der Mädels. Und wegen eines kritischeren Bewusstseins gegenüber der Kirche." Braun spürte als Ministrant, "dass ich eine Verbindung dazu habe, zu erklären und zu helfen". Also wurde er Lehrer.

Das Resümee der beiden 65-Jährigen fällt nach mehr als 40 Jahren im Schuldienst unisono aus: "Das Schulsystem ist sehr kompliziert. Wir haben versucht, einen Teil zu organisieren, so gut wir konnten", sagt Kaufmann. "Wir haben beide das Glück, ganz ohne Frust und Groll in den Ruhestand zu gehen. Wir denken beide bis heute nur positiv über Kinder und Jugendliche." Eines ist ganz so wie früher, sagen der Willi und der Beppi: "Wir haben uns unsere Heiterkeit bewahrt!" Das können alle bestätigen, die je mit den beiden gelacht haben.