Gesprengte Ketten
Sabine Lissy kämpft mit einer Petition gegen Anbindehaltung und für kleine landwirtschaftliche Betriebe

18.09.2021 | Stand 22.09.2021, 3:35 Uhr
Kühe auf der Weide, das ist es, was Sabine Lissy aus Oberhausen am liebsten sehen würde. −Foto: S. Hofmann, DK-Archiv

Mit ihrem Ansinnen hat sie scheinbar einen Nerv getroffen: Sabine Lissy aus Oberhausen hat auf der Internetseite Change.org eine Petition zur Durchsetzung des bestehenden Verbots der Anbindehaltung bei Rindern gestartet - und nach wenigen Wochen hat sie schon fast 50000 Unterstützer gesammelt. Nach Auskunft der Internetseite ist diese Petition deshalb derzeit eine der am stärksten geteilten auf der Plattform. Lissy geht es vor allem darum, kleine und mittelgroße landwirtschaftliche Betriebe zu unterstützen, damit diese auf Laufstall- oder Freilandhaltung umstellen können.

Sabine Lissy ist eine eher zurückhaltende Frau. Anprangern will sie nicht - ruhig sein aber auch nicht. "Es bricht mir seit Jahren jeden Tag das Herz, wenn ich angebundene Kühe in den Ställen sehe", sagt die Oberhausenern. Durch ihren Nebenjob als Zeitungsausträgerin kommt sie viel herum und hat deshalb hier und dort gesehen, dass Tiere noch angebunden werden. Illegal ist das nicht. Generell ist eine Anbindehaltung nur bei Biobetrieben verboten. In der konventionellen Landwirtschaft dürfen Rinder in Deutschland etwa angebunden gehalten werden, wenn sie im Gegenzug an mindestens 180 Tagen im Jahr Weidegang haben oder ihnen während der sogenannten Hellphase außerhalb der Melkzeiten ein uneingeschränkt nutzbarer Laufhof zu Verfügung steht.

"Bei uns soll das noch sieben weitere Jahre erlaubt bleiben. Das kann ich nicht mit ansehen", sagt Sabine Lissy. Sie hat sich deshalb vor einiger Zeit kundig gemacht, ob man dazu nicht ein Volksbegehren auf den Weg bringen könnte. Angesichts der Gesetzeslage sei ihr das aber als nicht sehr sinnvoll erschienen. Durch Tipps vom Deutschen Tierschutzbund und ein Mitglied der ÖDP fand sie schließlich die Internetplattform Change.org, die Petitionen unterstützt und Werbung für die verschiedensten Wünsche nach Veränderung macht. Sabine Lissy fasste sich schließlich ein Herz und schrieb ihr Ansinnen nieder. "Es war nicht leicht für mich, das zu formulieren", berichtet sie.

Aber sie hat es geschafft - und sehr viele Menschen teilen ihren Wunsch. In der Petition, die sich an Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) richtet, fordert Lissy an erster Stelle, die Anbindehaltung in Bayern komplett abzuschaffen. "Ich verstehe nicht, wie man dieses Tierleid auch nur einen Tag länger mit ansehen kann", sagt sie dazu.

Außerdem möchte die Oberhausenerin, dass sich der Staat mehr in dieser Sache engagiert. Deshalb hat sie in die Petition die Forderung nach finanziellen Unterstützungen für kleine und mittelgroße Landwirtschaften aufgenommen, wenn diese auf Weide- oder Laufstallhaltung umstellen wollen. "Wir brauchen doch die kleinen Betriebe. Die müssen gerettet werden", sagt Lissy. Nach dem Dafürhalten der Oberhausenerin zieht sich die Regierung in dieser Angelegenheit nämlich aus der Verantwortung. Dass es nicht in allen Betrieben die Möglichkeit gibt, die Kühe vom Stall jeden Tag auf eine Weide zu führen, dessen ist sich Lissy bewusst, hat sie doch schon das eine oder andere Gespräch zu diesem Thema mit fachkundigen Bekannten geführt.

Durch ihren Gang an die Öffentlichkeit hofft Lissy nun auf weitere Unterstützung. Sie hätte sich zum Zeitpunkt, als sie die Petition formuliert hat, nicht träumen lassen, dass so viele Menschen ihr Anliegen teilen. "Ich lese gerne die Kommentare, die die Unterzeichner manchmal dazuschreiben. Das bestärkt mich sehr", sagt sie. Die Oberhausenerin wünscht sich, dass sie die Unterschriftenliste bald persönlich an Ministerin Kaniber übergeben kann. "Es wäre schön, wenn das klappt. Freuen würde es mich, wenn mich dann ein paar Bauern mit Traktoren nach München begleiten", sagt sie.

DK