Ruppertszell
Ruppertszeller arbeiten an der Friedhofsmauer

Ehemaliger Lehrer schreibt von einer unterirdischen Stadt der Toten

05.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:21 Uhr

Die Ruppertszeller Friedhofsmauer wird nun saniert. Freiwillige Helfer entfernen derzeit den maroden Mauerputz. - Foto: Elisabeth Hager

Ruppertszell (XO) Die Sanierung der Friedhofsmauer um die Ruppertszeller Pfarrkirche Sankt Michael hat begonnen. Die Vorarbeiten finden unter der Regie von Kirchenpfleger Peter Daurer statt. Die Kirchenverwaltung hofft, dass möglichst viele Nutzungsberechtigte einer Grabstätte bei der Entfernung des alten Mauerputzes mitwirken.

Derzeit wird täglich an der Mauer gearbeitet. Die Folgearbeiten werden dann von einem Fachbetrieb ausgeführt. Der Kostenvoranschlag für die Arbeitsleistungen inklusive Eigenleistungen und den Materialien liegt bei 29 000 Euro. Die Friedhofsummauerung steht auf der Liste der Baudenkmäler. Die Denkmalschutzbehörde hat festgestellt, dass in Ruppertszell vor ihrer Sanierung keine archäologischen Grabungen nötig sind.

Der ehemalige Lehrer der Ruppertszeller Volksschule, Wolfgang Ring, der von 1937 bis 1957 im Holzland unterrichtete, notierte im Jahr 1940 über den Ruppertszeller Friedhof: "Um das Ruppertszeller Gotteshaus herum liegt der Gottesacker, der Friedhof oder Freidhof. Hier finden ihre letzte Ruhestätte alle Einwohner von Ruppertszell und Wundersdorf, von Kühnhausen, Birglbach, Thalhof und Pranst. In früheren Zeiten standen auf den Gräbern schöne eiserne Grabkreuze, die oft lieblich bemalt waren. Heute sehen wir an den Gräbern nüchterne Stein- oder Betonblöcke, wie sie heutzutage auch in den Städten modern geworden sind. So streckt Frau Mode selbst in die heilige Stille eines Bauernfriedhofes ihren buhlerischen Arm. Der Ruppertszeller Friedhof ist nicht groß und die paar Dutzend Grabsteine sind bald zusammengezählt. Doch nur zwei Meter tiefer liegt eine unterirdische Stadt, die unheimliche Stadt der Abgeschiedenen. Ja, wahrhaftig eine Stadt! Eine Totenstadt mit ungefähr 3000 Einwohnern! Allein in den letzten drei Jahrhunderten seit dem Jahre 1650 haben hier 1500 Tote ihren Einzug erhalten. Dies weisen ganz genau die Totenbücher unserer Gemeinde aus. Sollten einmal an einem Allerseelentag, wie es alte Sagen erzählen, diese Toten für einige Stunden wieder ihre leibliche Gestalt annehmen und aus den Gräbern steigen dürfen, so würde für sie der kleine Platz auf diesem Friedhof viel zu klein sein. Und würden auch die Toten des Metzenrieder Friedhofes aus ihren Gräbern steigen und alle in Viererreihen sich aufstellen, so wäre es ein ganz unheimlicher, gespenstischer Zug. Der Zug hätte eine Länge von Ruppertszell nach Metzenried, von einem Friedhof zum anderen. Welch ein verschwindend kleines Häuflein dagegen wären die 320 Lebenden unserer Gemeinde! In diesem schaurigen Zug sehen wir auch fünf Pfarrherren, die inmitten ihrer Pfarrkinder hier in Ruppertszell verstarben und auf dem Ruppertszeller Friedhof ihre Auferstehung von den Toten erwarten. Weil ihrer aller durch keine Inschrift auf dem Friedhof gedacht ist, so seien hier ihre Namen erwähnt: Pfarrer Thomas Fiechtner, Pfarrer in Ruppertszell von 1699 bis 1709; Pfarrer Johann Baptist Scheichenpflug, 1747 bis 1749; Pfarrer Franz Xaver Murr, 1834 bis 1844; Pfarrer Josef Gottfried, 1844 bis 1851 und Pfarrer Johann Nepomuk Spatz, 1907 bis 1937."