Kipfenberg
Rund um die römische Reichsgrenze

Kipfenberger begehen Unesco-Welterbetag zusammen mit "Am Limes grenzenlos"

06.06.2017 | Stand 02.12.2020, 18:00 Uhr

Foto: Michael Kratzer

Kipfenberg (EK) Mit der Aktion "Am Limes grenzenlos" beging Kipfenberg den Unesco-Welterbetag. Dabei waren nicht nur das Kipfenberger Römer- und Bajuwaren Museum und viele Bürger mit Ständen und Vorführungen vertreten, sondern auch die Universitäten Eichstätt, Augsburg und Trier.

Zu Beginn kurz nach Mittag schien es zunächst, als wäre Jupiter dem Ganzen nicht gewogen. Dunkle Wolken bedeckten den Himmel, dann: ein Grollen in der Ferne. Gewitter? Nein, Trommeln! Die Römer kamen.

Bürgermeister Christian Wagner hob in seiner Begrüßungsrede die gewandelte Bedeutung des ehemaligen Grenzwalls hervor: "Heute verbindet der Limes den Markt Kipfenberg und eine Reihe seiner Nachbargemeinden." Er sei ein gemeinsames Erbe, das es zu schützen und bewahren gelte. "Es ist nur eine Frage der Zeit, wann Grenzen fallen: zwischen politischen Systemen, zwischen Menschen - und irgendwann auch in den Köpfen."

Ulli Seidel und Heimatpfleger Karl Heinz Rieder erhielten für ihren langjährigen Einsatz jeweils eine Flasche römischen Gewürzwein. Limeskönigin Lena Kackstätter freute sich besonders, wieder ein Wochenende in der Heimat verbringen zu können, war sie doch in den vergangenen Wochen in ganz Bayern unterwegs: "Oft muss ich erklären, was der Limes überhaupt ist."

Nicht nur bei den kleinen Besuchern sorgten verschiedene Nachbauten römischer Werkzeuge und Maschinen für Erstaunen: Die Freunde der Alten Geschichte der Universität Augsburg hatten eine funktionierende Wasserpumpe dabei. Ganze 40 Liter Wasser in der Minute schaffte ein motivierter junger Mann. Das war übrigens ein neuer Rekord auf dem kleinen Gerät. Nebenan lernten die Kinder, wie man mit einem Flaschenzug Gewichte heben kann, die mit bloßen Händen nicht zu bewältigen sind. Viel Spaß hatten die Kinder auch mit Miniaturen von römischen Ballisten der Familie Korn aus Schönbrunn.

Besonders beeindruckend war, wie genau die Römer schon vor über 2000 Jahren die Technik der Landschaftsvermessung beherrschten. Die Legio III Italica Pia Fidelis, eine historische Römergruppe aus dem Raum Eichstätt/Ingolstadt, zeigte das mit der Groma, einem römischen Vermessungsgerät. Mit dieser Kombination aus Lot und Visierkreuz waren die Römer in der Lage, auf weite Entfernung Strecken abzustecken und sogar Entfernungen mit minimaler Abweichung zu errechnen: 26 Meter ergaben die Berechnungen für die Breite der Altmühl. Mit modernen Geräten sei man auf 26,41 Meter gekommen.

Getreu dem Motto "Römer und Wasser" hatten Professor Christoph Schäfer von der Universität Trier und seine Studenten einen Nachbau einer Prahm, eines römischen Handelsschiffes, mitgebracht. Höchstwahrscheinlich sind solche Schiffe früher auf der Altmühl entlanggefahren. Etwas kleinere Schiffe konnten die Kinder am Stand der Wasserwacht basteln und später im Birktalbach zur Altmühl um die Wette fahren lassen.

Um das leibliche Wohl kümmerten sich die Studenten der Latinistik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Sie boten Häppchen nach römischer Art: Bulgursalat, Brote mit einem Schafskäseaufstrich wahlweise mit Kräutern oder großzügig Knoblauch, Lukanische Fleischpflanzerl, Melone mit Schinken und als Süßspeise Globi, Kugeln aus Weizengries, Quark und Honig. Wer es lieber etwas moderner schätzte, bekam beim Stand der Wasserwacht Kaffee und Kuchen.

Römische Baderiten zum Mitmachen präsentierte Claudia Stougard vom Römer- und Bajuwarenmuseum: Hautpeeling mit Sand und Öl, Haarentfernung - Körperbehaarung galt als unschick, auch oder gerade bei Männern -, Holzbadeschlappen, Schaber, um sich den Schweiß abzukratzen, und für die Damen "Schminktipps". Für diese bot es sich an, nach dem Bad die Frisur zu richten und beim Friseurladen "Haarmonie" nebenan Hochsteckfrisuren von Patrizierinnen auszuprobieren.

Bei all der Körperlichkeit darf auch der Geist nicht zu kurz kommen. So zeigten Schüler der Ingolstädter Ickstatt-Realschule trotz ihrer begonnenen Pfingstferien, wie eine typische römische Unterrichtsstunde ausgesehen haben mag. Magister Ulli Seidel als griechischer Sklave und Lehrmeister prüfte seine Schüler mit einem Diktat: Ausgerüstet mit Wachstafeln und Griffeln mussten sie den Satz "Vita in Alcmona dulcis est" schreiben; grammatikalisch, wie Seidel vorwegnahm, nicht ganz korrekt ("Das Leben an der Altmühl ist süß"). Bei der Exkursion auf den Spuren des Limes zum Wachturm am Pfahlbuck waren die Teilnehmer froh, dass die Sonne sich noch zierte. Karl Heinz Rieder gab spannende Einblicke in die Geschichte der Erforschung des Limes, beginnend bei ersten Untersuchungen Ende des 19. Jahrhunderts bis zu modernen Erkenntnissen.

Ab dem späteren Nachmittag hatte Jupiter dann ein Einsehen und vertrieb die dunklen Wolken, so dass der Höhepunkt des Tages unter blauem Himmel stattfinden konnte: eine Menschenkette am Verlauf des Limes entlang. Rote Ballons mit Postkarten sollten diese historische Linie bis zum Horizont sichtbar machen (wir berichteten bereits kurz). Wer den Ballon hat, der am weitesten reist, bekommt einen Preis.