Neumarkt
Romantisches Finale

Neumarkter Passionsspiele enden mit Heiratsantrag

23.04.2019 | Stand 02.12.2020, 14:08 Uhr
Alle Hände voll zu tun hatten zwei Friseurinnen, um die Gesichter der männlichen Mitwirkenden freizuschneiden. Ein halbes Jahr hatte das Rasierverbot gedauert. −Foto: Meyer

Neumarkt (DK) Romantisches Finale der Neumarkter Passionsspiele: Kaum war der Applaus nach der letzten Aufführung am Karfreitag verklungen, holte der römische Soldat Dominik Bauer seine Freundin Jasmin Kapfelsberger, die als Kezia mitwirkte, noch einmal auf die Bühne. Er kniete vor ihr in voller Rüstung nieder , machte ihr einen Heiratsantrag und steckte ihr den Verlobungsring an. Der Rahmen war passend gewählt: Vor zehn Jahren hatte sich das Paar bei den Passionsspielen kennengelernt. Jesus alias Thomas Fries, der dahinter stand, gab seinen Segen dazu.

Nach der letzten Vorstellung fielen die Bärte der Darsteller. Sylvia Plank, die Chefin der Maske, und Friseurmeisterin Doris Friedel hatten zwei Stunden lang alle Hände voll zu tun. Viele Spieler konnten es kaum erwarten, bis das kratzende Gestrüpp abfiel, das ein halbes Jahr lang sprießen musste. Schließlich sollte das Äußere der Männer so aussehen wie zur Zeit Jesu. Aber nicht jeder wollte ein glattes Gesicht. "Ein paar Millimeter stehen lassen", lautete mancher Sonderwunsch, den die Friseurinnen natürlich erfüllten.

 

Sie waren bei ihrer Arbeit umringt von vielen Neugierigen, die das Geschehen mit ihren Handy-Kameras sozusagen für die Ewigkeit festhielten. Werner März und Rolf Schraufstetter, die beide die Schächer spielten, dürften wohl die längste Matte im Gesicht gehabt haben. Jesus-Darsteller Thomas Fries ließ den anderen noch den Vortritt, ehe er sich unters Messer begab. "Ich erkenne meinen Sohn nicht wieder", scherzte Maria-Darstellerin Sabine Radschinsky, als sie Thomas Fries mit glattem Antlitz erblickte und umarmte. Die nächste Umarmung galt ihrem Ehemann Erwin, der als Händler mitwirkte und nun auf die glatten Wangen einen Kuss bekam.

Auch der Organisationsleiter Franz Ebenhöch begab sich unters Messer. Der 71-Jährige war seit zwei Jahren ununterbrochen mit der Passion beschäftigt, ja beinahe verheiratet. "Ohne ihn wäre alles nicht gegangen", lautete das einhellige Lob. "Die Passionsspiele sind traumhaft zu Ende gegangen, ohne Unfall und andere Ausfälle. Fast 20 000 Zuschauer waren begeistert und wurden berührt", lautete Ebenhöchs Fazit. "Die Gemeinschaft hat uns getragen", nannte er als Rezept für den Erfolg. "Bei der Erkältungswelle im Februar haben alle die Zähne zusammengebissen", lobte er den Durchhaltewillen.

"Die Passionsspiele waren das größte kulturelle Ereignis in Neumarkt des vergangenen Jahrzehnts", betonte Co-Organisationsleiter Franz Düring und der geistliche Beirat Norbert Winner meinte, dass sicher der Beistand von oben dazu mit beigetragen habe.

Der Regisseur Michael Ritz klatschte nach der letzten Aufführung ununterbrochen Beifall, umarmte und herzte die Mitwirkenden, als sie vor dem Publikum vorbeizogen. "Alle waren mit Enthusiasmus dabei und top bei der Sache", sagte der strahlende Theater-Profi Ritz über seine Laiendarsteller. Souffleuse Susi Messingschlager, die immer konzentriert das Textbuch vor sich liegen hatte, musste kaum weiterhelfen. "Bei der letzten Aufführung brauchte ich kein einziges Mal einsagen", berichtete die Gymnasiallehrerin.

Thomas Fries war sich bewusst, dass er zum letzten Mal den Gottessohn verkörpern durfte. "Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören. Am Karfreitag letztmals den Leidensweg spielen zu dürfen, das ist doch etwas ganz Besonderes", meinte er voller Dankbarkeit. Das Zwischenmenschliche bei den Passionsspielen schätzte er wie alle Mitwirkenden. Innerhalb der Probenzeit und der Aufführungen sei man zu einer großen und stabilen Familie zusammengewachsen, die nun ungern auseinandergehe, auch wenn die Zeit zur Erholung von vielen Strapazen nötig sei.

Willibald Distler, der den Nikodemus spielte, hätte am liebsten noch weitergemacht. "Schade, dass es nun vorbei ist", meinte der 77-Jährige. Viele Stunden saß man noch in gemütlicher Runde zusammen. "Wir haben ein lachendes und ein weinendes Auge ", meinten die Mitwirkenden übereinstimmend.

Die Passionsspiele 2019 sind damit Geschichte. Sie leben aber weiter in Erzählungen, Erinnerungen, Fotos und Filmdokumenten und im Goldenen Buch der Stadt Neumarkt. In dieses dürfen sich alle Teilnehmer bei der Schlussfeier in der kleinen Jurahalle am kommenden Samstag eintragen.