Risikoklassen - Der Kundenwille zählt

25.07.2011 | Stand 03.12.2020, 2:35 Uhr

Auch wenn ein Anleger schon einmal riskantere Investments getätigt hatte: Wünscht er eher konservativere Fonds und die Bank verkauft ihm riskante Papiere, kann dies für die Bank teuer werden.

Das Landgericht Düsseldorf hat einer Anlegerin fast eine Viertelmillion Euro Schadenersatz zugesprochen, weil die Apotheker- und Ärztebank (Apo-Bank) ihr zwei Fonds verkauft hatte, die einer höheren Risikoklasse zugeordnet waren, als sie die Kundin gewünscht hatte.

Darauf weist die Kanzlei TILP Rechtsanwälte in Kirchentellinsfurt hin, die den Schadenersatz in Höhe von 220.445,46 Euro plus Zinsen vor dem Landgericht Düsseldorf erstritten hat (Aktenzeichen: 8 O 290/10). Die Apo-Bank hatte der Klägerin im Jahr 2007 zwei Wertpapierfonds empfohlen – diese gehörten zur "Risikoklasse D - Chancenorientiert", obwohl die Anlegerin nachweislich nur Produkte bis maximal "Risikoklasse C - Wachstumsorientiert" gewählt hatte.

"Soweit ersichtlich handelt es sich bei diesem Urteil der Bankrechtskammer des Landgerichts Düsseldorf um das erste Urteil seit dem Wertpapierhandelsgesetz aus dem Jahr 1995, in dem die Haftung einer Beraterbank allein deshalb bejaht wird, weil das empfohlene Produkt eine höhere Risikoklasse aufweist als vom Kunden gewählt und über diese Risikoabweichung nicht aufgeklärt wurde", erklärt Rechtsanwalt Axel Wegner von TILP.

Die Richter legten die Messlatte für Banken und Berater sehr hoch: Sie stellten einzig und allein die vom Kunden vorgegebene Anlageklasse in den Mittelpunkt ihrer Entscheidung. Diese Vorgabe wiegt nach Einschätzung des Gerichts schwerer als andere Fakten: Die beachtliche Anlageerfahrung, das vorhandene Vermögen, das zu der riskanteren Anlage passte, und auch die Tatsache, dass die Bank die Anlagen nicht als "sicher" bezeichnet, sondern diese realistisch beschrieben hatte. Nicht einmal die Tatsache, dass die Klägerin bereits früher riskantere Anlagen der Klasse D und E getätigt hatte, war entlastend für die Bank.

Maßgebend war aus Sicht des Landgerichts allein, welche Risikobereitschaft die Kundin im Hinblick auf die konkrete Investitionsentscheidung erklärt hatte.

"Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf ist deshalb als Grundsatzurteil im Wertpapieranlagerecht zu bewerten, weil erstmals ein Gericht sauber den Unterschied zwischen der sogenannten Risikotragfähigkeit einerseits und der Überschreitung der konkret gewählten Risikoklasse andererseits haftungsrechtlich herausgearbeitet hat", sagt Rechtsanwalt Andreas W. Tilp. "Mit diesem Urteil stärkt das Landgericht Düsseldorf die Freiheit des Anlegers, seine Risikobereitschaft jederzeit bezüglich einzelner Anlageentscheidungen neu festzulegen. An diese Vorgabe hat sich die beratende Bank zu halten, ohne dass es darauf ankäme, ob die Empfehlung eines riskanteren Wertpapiers dem Anlageprofil des Kunden im Übrigen durchaus entsprechen würde", betont Rechtsanwalt Wegner.

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