Riedenburg
Riedenburger Vinzentiusverein wird aufgelöst

Vor mehr als 100 Jahren gegründet, ist der Vereinszweck heute weggefallen

19.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:03 Uhr
Der Beschluss erfolgte im Pfarrheim ohne Gegenstimme. −Foto: Harald Rast

Riedenburg (rat) Genau 111 Jahre und vier Monate nach seiner Gründung ist der Riedenburger Vinzentiusverein aufgelöst worden. Der Beschluss erfolgte am Freitagabend im Pfarrheim ohne Gegenstimme. Letzter Vorsitzender des Vereins ist somit Stadtpfarrer Edmund Bock.

Der Geistliche votierte ebenso wie sein Stellvertreter, der frühere Stadtrat Johann Wirth aus Prunn, im Beisein von Bürgermeister Siegfried Lösch (CSU) dafür, den Vinzentiusverein aus dem Vereinsregister streichen zu lassen. Dieser Vorgang soll nun notariell vorgenommen werden.

Der Verein hat zum 31. Dezember vergangenen Jahres genau 3556,39 Euro in der Kasse. Das Geld geht nun gemäß der Satzung an die Katholische Kirchenstiftung. Der jährliche Mitgliedsbeitrag beläuft sich auf 6,50 Euro. Für das laufende Jahr wurden bislang noch keine Beiträge eingezogen. Zudem flossen dem Vinzentiusverein regelmäßig Spenden zu. Hier ist vor allem Maximilian Halbritter zu nennen, der den Verkaufserlös aus seinen historischen Büchern dem Verein zukommen ließ.

Der Vinzentiusverein hat derzeit noch 205 Mitglieder, von denen die Mehrheit aber eher fortgeschrittenen Alters ist. Vor zwölf Jahren seien es noch 341 Mitglieder gewesen, berichtete Wirth. Die Mitgliederzahl schrumpfte vor allem durch Todesfälle, aber auch aktive Austritte habe es immer wieder gegeben, sagte Wirth. Vorsitzender ist immer der jeweilige Stadtpfarrer. Der Verein engagiert sich laut seiner Satzung für gemeinnützige und mildtätige Zwecke, schwerpunktmäßig aber für die Ausübung der ambulanten Krankenpflege und die Unterstützung der Kindergartenstiftung. Anhand der beiden letztgenannten Bereiche wird aber deutlich, dass dem Vinzentiusverein in der jüngsten Vergangenheit immer mehr die Existenzberechtigung abhandengekommen war. Die häusliche Krankenpflege wird nicht mehr wie früher von Ordensschwestern, sondern von der Caritas übernommen, die hier bereits seit 1995 die Geschäftsführung ausübt. Und die Verantwortung für die beiden Riedenburger Kindergärten ist nach der Auflösung der entsprechenden Stiftung im vergangenen Jahr auf die Kommune übergegangen. Johann Wirth erinnerte daran, dass früher viele Eltern Mitglieder des Vinzentiusvereins geworden seien, sobald ihr Nachwuchs in den Kindergarten gekommen sei. Doch heute sei das nicht mehr üblich, da die Bindung der Bürger an die katholische Kirche nachgelassen habe.

"Der Vereinszweck ist in keiner Weise mehr gegeben", bedauerte Pfarrer Bock. Die Pfarrei habe auch kein Geld, um den laufenden Betrieb des Vereins weiter zu finanzieren. Es sei immer bitter, wenn ein alteingesessener Riedenburger Verein zu Grabe getragen werden müsse, bestätigte Bürgermeister Lösch. "Doch der Vinzentiusverein ist nur noch ein Verwaltungskonstrukt, das Arbeit macht." Sowohl die Krankenpflege als auch die Kindergärten seien als Vereinszwecke weggefallen. Lösch stimmte ebenfalls für die Auflösung, dankte den Mitgliedern des Vereins aber für die langjährige Unterstützung. Der Vinzentiusverein habe mitgeholfen, das beim Betrieb der Kindergärten entstehende Defizit für die Stadt zu schmälern.

Es hatte in jüngster Zeit im Vinzentiusverein zudem Probleme gegeben, die Vorstandsposten allesamt zu besetzen. Wirth war in Personalunion Vize-Vorsitzender und Schriftführer, das Amt des Schatzmeisters war zuletzt verwaist. Als Beisitzerinnen fungierten Hedwig Schweiger und die frühere Stadträtin Annemarie Amann.

Da der Verein mit mehr als 200 Köpfen relativ mitgliederstark sei und weiter Geld einnehme, brachte Annemarie Amann einen Verein der Freunde des Kindergartens St. Johannes ins Gespräch. Aus rechtlichen Gründen müsste dazu aber der Vinzentiusverein abgewickelt und ein neuer Verein gegründet werden. Man könne den bestehenden Verein nicht einfach umwidmen, erläuterte Lösch. Johann Wirth pflichtete dieser Einschätzung bei. Für eine Neugründung müsse man Werbung machen und eine Veranstaltung einberufen, meinte Lösch.

Wirth erzählte von besseren Zeiten, die der Vinzentiusverein erlebt habe. Albert Achhammer war von 1970 bis 2012 für die Geschäftsführung verantwortlich. Seine Frau Marianne Achhammer kassierte von 1980 bis 2012 die Beiträge ein. Unterstützt wurde sie dabei von 1985 bis 2011 von Erna Frey. Damals habe der jährliche Beitrag zehn Mark betragen und sei von den beiden genannten Damen durch persönliche Vorsprache bei den Mitgliedern erhoben worden. "Da wurde oft etwas mehr Geld für den Verein gegeben", erinnerte sich Wirth.

Benannt wurde der Verein nach dem heiligen Vinzenz, der von 1581 bis 1660 gelebt hat und in Frankreich ein großer Förderer der Krankenpflege war. Er gilt als Begründer neuzeitlichen Caritas. Den Orden der Vinzentinerinnen gibt es bis heute. Diese größte Frauengemeinschaft der katholischen Kirche gilt auch als Vorbild für den von Mutter Teresa gegründeten Orden.

Der Beschluss über die Auflösung des im Januar 1908 gegründeten Riedenburger Vinzentiusvereins wird im nächsten Pfarrbrief offiziell bekanntgegeben. "Ich hoffe, wir können alle mit dieser Entscheidung leben", sagte Stadtpfarrer Bock am Ende der Sitzung.

Harald Rast