Riedenburg
Riedenburg steht vor Richtungswechsel

Zehetbauer löst Lösch ab: Kommunalpolitiker aus allen Fraktionen analysieren den Ausgang der Bürgermeisterwahl

30.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:38 Uhr
Mit dem neuen Bürgermeister Thomas Zehetbauer und deutlich veränderten Mehrheitsverhältnissen im Stadtrat soll Riedenburg eine andere kommunalpolitische Richtung einschlagen. −Foto: Ehrlich

Riedenburg - Überraschend hat Riedenburgs Bürgermeister Siegfried Lösch (CSU) am Sonntagabend die Stichwahl gegen seinen Herausforderer Thomas Zehetbauer von der CWG knapp verloren.

 

Unsere Zeitung holt Reaktionen von örtlichen Kommunalpolitikern aus allen Parteien und politischen Gruppierungen ein.

"Es war denkbar knapp, aber das Leben geht weiter", stellt Friedrich Riemhofer, der scheidende CSU-Fraktionssprecher, fest. Er habe sich im Wahlkampf für den Bürgermeister Siegfried Lösch eingesetzt. Vielleicht habe dieser in der vergangenen Wahlperiode "manchmal zu viel Gas gegeben", aber "es wurde nichts gemacht, was wir nicht wieder so entscheiden würden", betont Riemhofer. "Lösch hat keinen politischen Fehler gemacht. " Grundsätzlich seien die Zeiten wohl vorbei, in denen sich ein Bürgermeister 30 Jahre im Amt halte. "Unsere Gesellschaft ist schneller geworden. " Für den Nachfolger Thomas Zehetbauer heiße es nun, Leistung zu erbringen und die Versprechen einzuhalten. "Ich habe die Hoffnung, dass nun wieder die Sachpolitik im Vordergrund steht. " Riemhofer kandidierte am 15. März aus beruflichen Gründen nicht mehr für den Stadtrat.

"Man muss das Wahlergebnis nehmen, wie es ist - aber es ist ein denkwürdiges Ereignis", erklärt die CSU-Stadträtin Sandra Schmid. Nun gelte es, nach vorne zu schauen. Sandra Schmid würde es begrüßen, wenn Lösch sein Stadtratsmandat annehmen würde. "Aber diese Entscheidung trifft er alleine", betont sie. Der Bürgermeister hatte am Sonntagabend nicht ausgeschlossen, sein Mandat für das Gremium eventuell niederzulegen. Der CSU-Vorsitzende habe sich mindestens während der vergangenen zwölf Jahre sehr aktiv zum Wohle der Stadt eingebracht. "Er hat während seiner Amtszeit nichts konkret falschgemacht", wundert sich die Vorsitzende des örtlichen Touristikvereins. Auch die während des Wahlkampfs von seinen Gegnern massiv kritisierten Investitionen seien allesamt mehrheitlich vom Stadtrat so verabschiedet worden.

"Ich hätte nicht geglaubt, dass es so knapp wird", meint der Vize-Bürgermeister Konrad Halbig von der CWG. Aber trotz des knappen Ausgangs der Stichwahl sieht er einen klaren Wählerwillen. Wegen der Coronakrise werde Zehetbauer nun telefonisch Gespräche mit allen Fraktionen führen. Dabei werde es zunächst um die Personalien der beiden stellvertretenden Bürgermeister sowie die Besetzung der Ausschüsse gehen. "Jetzt haben wir klare Verhältnisse", freut sich Halbig. Nun gelte es, nach Beendigung der Coronakrise eine Mammutaufgabe zu bewältigen.

Mit den Worten "da waren Emotionen drin", erinnert sich der langjährige CWG-Stadtrat Karl Freihart an den spannenden Wahlabend. "Ich bin sehr froh, wie es gelaufen ist. " Im Wahlkampf seien zwei sehr unterschiedliche Kandidaten aufeinandergetroffen. "Thomas Zehetbauer macht eine andere Politik und er hat einen anderen Politikstil", weiß Freihart. Letzterer werde sich im Stadtrat durchsetzen, prophezeit er, wobei es wohl noch einige Zeit dauern werde, ehe die Zusammenarbeit im Gremium wieder harmonisch läuft.

"Wir sind sehr froh, dass die Riedenburger richtig entschieden haben", erklärt Martin Schwarzmeier von der Bürgerliste. Er hatte am 15. März ebenfalls für das Amt des Bürgermeisters kandidiert, war aber hinter Lösch und Zehetbauer auf dem dritten Platz gelandet. Lösch wäre auch im Falle eines Sieges im Stadtrat "völlig isoliert gewesen", denn er hätte keine Mehrheit mehr gehabt, prognostiziert Schwarzmeier. Mit Zehetbauer sei der richtige Kandidat zum Bürgermeister gewählt worden, außerdem verfüge er über eine solide Mehrheit, um Riedenburg weiter zu gestalten. Schwarzmeier fordert, dass als erstes ein Kassensturz gemacht werden müsse. "Denn die zuletzt genannten Haushaltszahlen stimmen hinten und vorne nicht. " Deshalb sei eine Zusammenarbeit zwischen der Bürgerliste und der CWG sinnvoll. "Denn mit der CSU will ohnehin keiner mehr zusammenarbeiten. "

Das sei am Sonntagabend eine "wahnsinnig spannende Entscheidung" gewesen. "Ich bin überaus glücklich", sagt Kurt Schiefer, der Vorsitzende der Bürgerliste. Seine politische Gruppierung habe unbedingt einen Wechsel im Rathaus erreichen wollen und das sei nun gelungen. Nach sechs Jahren Lösch sei es dafür höchste Zeit gewesen. Schiefer hofft, dass nun auch im Riedenburger Rathaus neuer Schwung einkehrt. "Thomas Zehetbauer ist der richtige Bürgermeister und ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihm. " Schiefer wünscht dem neuen Rathauschef eine glückliche Hand, damit alle zum Wohle der Gemeinde zusammenarbeiten könnten.

"Der Wähler hat entschieden und jetzt gilt es, nach vorne zu schauen", erklärt der scheidende BGR-Stadtrat Axel Uttlinger. Er hatte am 15. März aus freien Stücken nicht mehr kandidiert. Der Wahlausgang sei knapper als von ihm erwartet. Uttlinger gratuliert Zehetbauer zum neuen Amt. Den Wechsel im Riedenburger Rathaus führt er auf eine "gewisse Unzufriedenheit" zurück, die erkennbar gewesen sei.

Von den Freien Wählern äußern sich deren Vorsitzender Wolfgang Wirth und sein Stellvertreter Sebastian Graf in einer schriftlichen Stellungnahme. Grundsätzlich hätten die Freien Wähler nie eine ausdrückliche Wahlempfehlung für eine bestimmte Persönlichkeit ausgesprochen, heißt es in dem E-Mail. "Wir haben allerdings die Meinung vertreten, dass sich der geforderte frische Wind am besten mit einer Kompletterneuerung erreichen ließe. " Wirth und Graf hatten insgeheim mit einem knappen Ergebnis gerechnet. Dass allerdings lediglich 16 Stimmen den Wahlausgang entscheiden, hätten sie nicht gedacht. "Zweifelsohne hat Bürgermeister Siegfried Lösch mit dem ihm größtmöglichen Engagement und Einsatz die Aufgaben des Amtes erfüllt. Wir würden es insofern bedauern, wenn er sein demokratisch erworbenes Stadtratsmandat nicht annimmt", heißt es weiter. Die Freien Wähler freuen sich aber nun auf die Zusammenarbeit mit dem neu gewählten Bürgermeister Zehetbauer sowie mit allen Stadträten. Es sei jetzt sicherlich an der Zeit, den Wahlkampf hinter sich zu lassen und nach vorne zu blicken. "Wir sind bereit und motiviert, gemeinsam mit den Fraktionen die Geschicke der Großgemeinde Riedenburg voranzubringen", schreiben Wirth und Graf, die beide ab Mai dem neuen Gremium angehören werden.

Der Wechsel im Rathaus sei ein demokratischer Vorgang, wenngleich die Stichwahl sehr knapp ausgegangen sei, ergänzt Thea Helmich, die derzeit alleinige Stadträtin aus den Reihen der Freien Wähler. Bürgermeister Lösch habe während der vergangenen sechs Jahre viele Dinge angestoßen und Riedenburg vorwärts gebracht. "Das geht eben nicht umsonst", sagt die scheidende Stadträtin angesichts der Wahlkampfdebatte um die Verschuldung der Stadt. Nun müsse Thomas Zehetbauer auf Basis der vorgefundenen Gegebenheiten weitermachen.

Auch die Riedenburger SPD ist zufrieden, dass ein neuer Bürgermeister ins Rathaus einzieht. "Wir haben uns eine Veränderung gewünscht", erklärt Felicitas Wollschläger, die stellvertretende Vorsitzende des SPD-Ortsverbandes. Auch sie habe während des Wahlkampfes viel Unzufriedenheit unter den Riedenburgern gespürt. "Dieser Wechsel tut uns allen gut", betont sie. Bezüglich der künftigen Zusammenarbeit der SPD mit Bürgermeister Zehetbauer habe sie keinerlei Bedenken. "Er ist ein aufrichtiger und kommunikativer Mensch", sagt Felicitas Wollschläger.

rat