Riedenburg
Riedenburg ist stolz auf seinen Titel

Immer mehr Kommunen verzichten wegen des komplizierten Verfahrens auf das Prädikat Luftkurort

19.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:20 Uhr
Die Luft über Riedenburg ist so rein, dass sich die Stadt für die nächsten neun Jahre mit dem Prädikat Luftkurort schmücken darf. Das haben Messungen ergeben, die der Deutsche Wetterdienst im vergangenen Jahr vorgenommen hat. −Foto: Johann Schmied

Riedenburg (rat) Die Zahl der Luftkurorte in Deutschland sinkt. "Spiegel Online" berichtete vor einigen Wochen von einem "Luftkurortsterben", bedingt durch ein teures, aufwendiges und kompliziertes Bestätigungsverfahren. Doch in Riedenburg will man das Prädikat auf keinen Fall missen.

"Wir sind stolz, ein Luftkurort zu sein", betont Bürgermeister Siegfried Lösch. Mit diesem Titel könne man hervorragend werben. "Und das tun wir auch", sagt der CSU-Politiker. Für ihn ist der Begriff "Luftkurort Riedenburg" ein Alleinstellungsmerkmal der Stadt, mit dem sich im Wettbewerb um Gäste punkten lasse. Lösch räumt aber ein, dass es bei den alle zehn Jahre erfolgenden Prüfungen immer schwieriger wird, diesen Titel zu verteidigen. Kurioserweise hänge das mit dem Hausbrand zusammen, der zunehmend statt Öl und Gas in Mode komme. Dabei werde Feinstaub freigesetzt, erläutert der Bürgermeister. Dieser wiederum schlage auf die Messungen zur Luftreinheit durch.

Auch Ramona Thumann ist froh, dass sich Riedenburg mit dem "Prädikat Luftkurort schmücken darf". Wie die Leiterin Tourismus und Stadtmarketing bei der Stadtverwaltung auf Anfrage mitteilt, habe der Deutsche Wetterdienst erst im vergangenen Jahr im Auftrag der Stadt ein amtliches Gutachten erstellt, in dem das Bioklima überprüft wurde. Im August 2016 sei dann die Bestätigung eingegangen, wonach Riedenburg sich weiter Luftkurort nennen darf. Ein derartiges Kontrollgutachten des Bioklimas sei alle zehn Jahre erforderlich. Die Kosten dafür hätten sich zuletzt auf 13200 Euro belaufen.

"Riedenburg ist bioklimatisch begünstigt."

Tourismusreferentin Ramona Thumann

 

Ein Luftkurort muss nach den Worten von Ramona Thumann gewisse Bedingungen erfüllen. Vor allem müsse erwiesen sein, dass sich "die klimatischen Verhältnisse außerordentlich positiv auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen auswirken".

Das Prädikat Luftkurort verdanke Riedenburg vor allem seiner geografischen Lage und der Topografie. Das Klima werde von der Fränkischen Alb bestimmt und durch die Höhe von 350 bis 500 Meter über dem Meeresniveau geprägt. Die abwechslungsreiche Landschaft des Altmühltals sorge auf engem Raum mit dem Wechsel von Hochflächen, Wiesenhängen und Waldgebieten sowie den verschiedenen Höhenlagen für Klimavielfalt durch Strahlungs- und Windschutz. "Deshalb ist Riedenburg bioklimatisch begünstigt und landschaftlich bevorzugt", erklärt Thumann. Für die Belüftung und die lokalen Klimaeigenschaften sind allerdings neben der Größe des Kurortes und dessen Lage zum Beispiel auch die Dichte und Ausdehnung seiner Bebauung, Frischluftschneisen sowie die Verteilung von Freiflächen und Waldgebieten von Bedeutung.

Gäste finden in Riedenburg "lufthygienische Bedingungen und schonende Klimafaktoren vor". Diese würden sich günstig auf den menschlichen Organismus auswirken und eine Entlastung von eventuell ungünstigen heimischen Bedingungen ermöglichen. "Wer in einen Luftkurort fährt, kann sicher sein, dass er dort besonders erholsame Verhältnisse und Bedingungen vorfindet", meint Thumann.

Als Rad- und Wanderdestination wird Riedenburg insbesondere von Natururlaubern geschätzt. Gerade in Zeiten der Schnelllebigkeit und der Reizüberflutung strebe der Mensch in der Dauerrotation des Alltags wieder danach, Halt zu finden und neue Kraft aus der Natur zu schöpfen. Er suche nach Entschleunigung und wolle seinem Körper etwas Gutes tun: also raus der städtischen Luft mit den hohen Abgaswerten. Das Prädikat Luftkurort locke vor allem Touristen an, die in der Natur das innere Gleichgewicht finden und ihrem Körper etwas Erholung gönnen wollten.

Durch die Auszeichnung Luftkurort setze sich Riedenburg außerdem von anderen Fremdenverkehrszielen in der Region ab. Die nächsten Luftkurorte sind das rund 70 Kilometer entfernte Pappenheim und Falkenstein im Bayerischen Wald, wohin man 80 Kilometer zurücklegen muss.

Laut "Spiegel Online" haben andere Luftkurorte aber weniger erfreuliche Erfahrungen als Riedenburg gemacht. In Hessen seien in den vergangenen Jahren 16 von 32 Prädikaten aberkannt worden. Derzeit gibt es in ganz Deutschland noch 318 Kommunen, die sich als Luftkurort bezeichnen dürfen. In Bayern häufen sie sich entlang des Alpenrands, im Bayerischen Wald und nördlich von Nürnberg. Allerdings gehen laut "Spiegel Online" bei den zuständigen Behörden kaum noch Gesuche von Gemeinden ein, die auf den Titel Luftkurort erpicht sind.