Rettungsanker für Familien in Not

03.08.2011 | Stand 03.12.2020, 2:33 Uhr

Kraft tanken haben die frischgebackenen Dorfhelferinnen beim Trommelkurs gelernt, was sie eindrucksvoll auf der Abschlussfeier mit dem Lied „Mutter, ich hör deinen Herzschlag“ demonstrierten - Foto: Hammerl

Schweinspoint (ahl) 17 frischgebackene Dorfhelferinnen erhielten während einer ebenso festlichen wie dank der Beiträge der Absolventinnen ausgesprochen schwungvollen Feierstunde in der Stiftung St. Johannes Schweinspoint ihre Abschlusszeugnisse.

Nach dem festlichen Gottesdienst mit Landescaritasdirektor Prälat Karl-Heinz Zerrle und Regionaldekan Werner Dippel in der Stiftungskirche bedürfe es eigentlich keiner Festrede mehr, meinte Landesbäuerin Annemarie Biechl, der genau diese Rede oblag. „Ohne Sie stünde mancher Betrieb vor unlösbarer Aufgabe, ohne Sie wäre die Not noch größer“, sagte Biechl, die aber auch auf die finanziell immer angespanntere Lage der Landwirte hinwies, weshalb es vielen zunehmend schwerfalle, die Zuzahlungen zu leisten. „Anpacken, statt nur zuzuschauen und zu beklagen“ sei eine christliche Aufgabe, der sich die „Nothelferinnen der ländlichen Familien“ widmeten, betonte sie. So bunt wie das Leben selbst lese sich die Stellenbeschreibung einer Dorfhelferin, die von der Säuglingspflege bis zur Stallarbeit fit sein müsse. Selten lägen Beruf und Berufung so nah beieinander wie bei der Dorfhelferin, die breites Fachwissen, menschliche Kompetenz und hohes Engagement mitbringen müsse, denn oft gingen die Einsätze über einen 40-Stunden-Job hinaus. Viel habe sich seit Beginn der Ausbildung vor 57 Jahren geändert, die Gesellschaft wurde multikulturell, der ländliche Raum veränderte sich, geblieben aber sei das Motto: „Im Mittelpunkt der Mensch“. „Sie sollen der Rettungsanker für Familien in Not werden“, gab Gisela Miethaner vom Landwirtschaftsministerium den Absolventinnen mit auf den Weg. „Sie werden selber nicht immer Sonnenschein im Beruf erleben, werden aber Sonnenschein zu den Familien bringen, die auf die Schattenseite des Lebens geraten sind.“ Wenn die Mutter ausgefallen ist, baue die Dorfhelferin neue Strukturen in der Familie auf. Schließlich bat Miethaner die jungen Dorfhelferinnen, für den Beruf zu werben, zumal immer mehr Lehrstellen vakant blieben, was mittlerweile auch die Schulen merkten.
 

Den „anspruchsvollen und langen Weg zur Dorfhelferin“, würdigte Landwirtschaftsdirektor Josef Konrad. Insgesamt dauert die mit viel Praxis angereicherte Ausbildung fünf Jahre. „Wir wissen, was eine Dorfhelferin ist“, meinte Konrad, der hier allerdings in der breiten Bevölkerung ein Wissensdefizit sieht. Er setzte die Dorfhelferin mit einer Betriebswirtin gleich.

„Wir breiten die Flügel aus und fliegen“, lautete das Motto der Absolventinnen für die Abschlussfeier. Schulleiter Manfred Herde hätte sich eher „Mit Herz, Hand und Verstand“ gewünscht, tröstete sich aber damit, dass die jungen Damen gemerkt hätten, dass sie nicht bis Mallorca fliegen müssen, um gebraucht zu werden, denn es gäbe in Bayern genug zu tun.

Die Semestersprecherinnen Martina Schmerold und Anna Blümmel zeigten sich besonders stolz auf die Teilnehmerinnen, die am meisten an Selbstbewusstsein zugelegt hätten, freuten sich über „unser Semester-Baby“ und kündigten gleich noch einmal Nachwuchs an. Alles aber wollten sie nun auch wieder nicht verraten und beschränkten sich darauf, noch zwei Pärchen zu erwähnen, die sich bereits in der Landwirtschaftsschule gefunden hatten.

Die besten Absolventinnen waren Martina Schmerold mit einem Notenschnitt von 1,47 sowie Renate Lindner und Elisabeth Paulik (beide 1,48). Für alle drei beantragte Schulleiter Manfred Herde den Meisterpreis. Die beste Facharbeit hatte Susanne Mühlbauer zum Thema Inklusion behinderter Kinder abgeliefert.