Adelschlag
Rettung für das marode Fachwerk

Der barocke Kirchturm in Adelschlag wird voraussichtlich noch bis November aufwendig saniert

18.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:27 Uhr
Der Adelschlager Kirchturm ist derzeit eingerüstet (oben). Zimmerermeister Konrad Templer (unten rechts) zeigt einen von Feuchtigkeit völlig zerstörten Teil des eichenen Fachwerks, das noch vom Bau des Kirchturms aus dem Jahre 1707 stammt. Die barocke Kirche (Archivfoto unten) wurde in den 1970er-Jahren wegen Baufälligkeit abgerissen und von Karljosef Schattner durch einen Neubau ersetzt. −Foto: Alberter

Adelschlag (EK) Er gilt als eher unauffälliger Wegpunkt an der Straße zwischen Eichstätt und Neuburg, geschichtlich hat der Kirchturm der Adelschlager Andreaskirche einiges zu bieten.

Derzeit fällt der historische Turm durch eine aufwendige Eingerüstung auf, die auf umfassende Sanierungsarbeiten hinweist.
Der aus dem Jahr 1707 stammende Barockturm wurde einst zusammen mit den im Saalbau errichteten Kirchenschiff nach den Plänen des damaligen Baumeisters und Architekten Johann Baptist Camesino (1642-1724) errichtet. Der Turm kam die Zeit über mit kleineren Instandhaltungsmaßnahmen aus, während die im Jahre 1909 renovierte barocke Kirche mehr als 60 Jahre später wegen mangelhafter Bausubstanz abgerissen werden musste. Mit dem Neubau der Kirche setzte der damalige Diözesanbaudirektor Karljosef Schattner (1924 - 2012) völlig neue Maßstäbe: Der als "schlichte Halle" konzipierte Sakralraum erregte in nationaler und internationaler Fachpresse große Aufmerksamkeit, während die Landbevölkerung dessen progressive Bauweise kontrovers diskutierte. Die Experten lobten die fortschrittliche Architektur sowie eine "gelungene Trennung von moderner und historischer Bausubstanz", welche der im Jahr 1974 von Bischof Alois Brems konsekrierte Kirchenraum neben dem mittelalterlichen Turm verkörpere. Mehr als 40 Jahre später gilt dieser als absolut zeitgemäß und geradezu geschaffen für große Feierlichkeiten wie der Erstkommunion und der weihnachtlichen Kinderchristmette der Pfarreien Möckenlohe und Pietenfeld. In etwas kleinerem Rahmen finden dort neben Gottesdiensten die Firmandachten sowie der alljährliche Ölberggang des Pastoralraumes Adelschlag statt.
Auch der Kirchturm mit seinen Untergeschossen aus der Romanik gilt als Besonderheit. Beginnend mit einem quadratischen Grundriss, verjüngt sich der aus Bruchsteinmauerwerk errichtete Turm ab einer Höhe von rund zehn Metern in einen oktagonalen Grundriss. Die innere Wandschale der achteckigen Konstruktion ist in Fachwerkbauweise errichtet, die Dachkonstruktion besteht aus einer Turmzwiebel mit laternenbekrönter Kuppel.
Historischen Aufzeichnungen zufolge fanden die letzten großen Instandsetzungsarbeiten im Jahr 1947 statt. Notizen des aus Adelschlag stammenden Zimmerermeisters Alois Benz belegen die Umstände der damaligen Zeit: Zwei Jahre nach Ende des Krieges musste das zur Erneuerung der Kuppel notwendige Material auf Tauschwegen beschafft werden, da Geld keinerlei Wert besaß. Er berichtet von einer Zeit voller Not, in der selbst Lebensmittel nur "auf Marken gegangen sind". Trotz aller Widrigkeiten fanden sich eine Hand voll fleißiger Handwerker, die den Kirchturm nach wochenlanger Arbeit in neuem Glanz erstrahlen ließen.
Im Jahr 2001 waren wiederum kleinere Sanierungsarbeiten notwendig, in deren Zuge man beim Außenanstrich auf einen historisch mattgelben Ton zurückkehrte. Die nun anfallenden Arbeiten bezeichnet Kirchenpfleger Rupert Gsandner als beispiellos: "Uns war klar, dass einiges auf uns zukommt, wobei der tatsächliche Zustand der Dachkonstruktion aufgrund verdeckter Bereiche erst jetzt im Laufe der Sanierungsarbeiten ans Tageslicht kommt. " Die statisch-konstruktive Voruntersuchung, die im April 2017 von einem auf Baudenkmäler spezialisierten Ingenieurbüro durchgeführt wurde, spricht eine eindeutige Sprache: Die Fachwerkkonstruktion im Turm ist von Feuchtigkeitseinwirkung stark geschädigt, Eisenklammern zur Sicherung von Holzverbindungen sind korrodiert. Es wurde der Befall durch Holzschädlinge festgestellt, weiterhin haben sich Risse im oberen Turmbereich gebildet. Und auch im erdnahen Bereich hat aufsteigende Feuchtigkeit seine Spuren auf der Fassade hinterlassen.
Bei einer Führung durch den mit einem massiven Stahlgerüst begehbar gemachten und mit Holzfaserplatten gesicherten Turm zeigt Zimmerermeister Konrad Templer das Ausmaß der Schäden. An einer freigelegten Mauerstelle holt der erfahrene Fachmann der Zimmerei Buchner ein bereits ausgebautes Teilstück des Fachwerks hervor, dessen Stärke nur noch ein Drittel des ursprünglichen Durchmessers aufweist. Laut Templer wäre es nur noch eine Frage der Zeit bis zum Bruch des Fachwerkrähms gewesen, was ein Herabstürzen einzelner Mauersegmente zur Folge gehabt hätte.
Das Sanierungskonzept beinhaltet neben standardmäßigen Reparatur- und Ausbesserungsarbeiten den Austausch aller geschädigten Hölzer und den Einbau von Stahlformteilen. Der in insgesamt 15 Gewerke aufgeteilte Bauzeitenplan ist streng getaktet. Demnach dauern die Arbeiten am Turm bis zur letzten Novemberwoche an, bis dahin schweigen auch die drei Glocken, die aus Sicherheitsgründen für die Dauer der Arbeiten abgeschaltet wurden. Die komplexen Arbeiten laufen unter ständiger Begleitung eines Statikers, der den Handwerkern mit Rat und Tat zur Seite steht.

Einen Großteil der veranschlagten Sanierungskosten in Höhe von rund 300 000 Euro trägt die Diözese Eichstätt. Hinzu kommen Fördergelder vom Denkmalschutz, vom Landkreis Eichstätt und der Gemeinde Adelschlag. Die Kirchenverwaltung Adelschlag trägt ebenfalls ihren Teil zur Finanzierung des Vorhabens bei. Gerne werden auch Spenden entgegengenommen.
Pfarrer Bernhard Kroll bezeichnet die Turmsanierung als eine große Herausforderung, die trotz allem eine historische Chance bietet: die Erhaltung eines geschichtsträchtigen Denkmals über das 21. Jahrhundert hinaus.

Dominik Alberter